Gewalt gehört nun mal
zum Weltgeschehen dazu,
will man mehr als die Butter aufs Brot,
sagte Sophie.
Wenn ich denen sage
lasst die Waffen in Ruh,
nennt man mich
Mörderin. Denen ist Feind
oder Nichtfeind egal, die sind
nur mit Zahlen verbunden,
sagte Sophie, meine Nachbarin.
Meine Mutter hat ab 42 die Bunker gemieden.
Nicht länger wollte sie da
als Trümmertote und Mörderin enden:
ihr Kind zu lange ans Angstherz gepresst und erstickt.
Die Mutter hat mich im Dunkeln
auf den Rosenhügel im Garten geschoben,
ein geblümtes Tuch um den kahlen Schädel
gebunden und sich neben mich
auf den Boden gelegt.
Manchmal sang sie ganz leise ein Lied.
Sie war da.
Ein paar Bomben jagten als monströse
Sternschnuppen über uns hinweg.
Wusste ich das? Ich weiß es nicht.
Lebenslang blieb ihr Herzschlag
mein Paniksignal.
Wenn Lichtblicke sie anfliegen.
rechnet Sophies Gedächtnis
mit anschwellender Detonation,
die jede Zelle sprengt.
Sieben Jahre lang habe ich meine Mutter
Zwischen Bett und Bad
hin und her getragen,
sieben Jahre lang
das geblümte Tuch unters Kinn gebunden
bis zum letzten Tag.
Bevor sie ihr Gedächtnis verlor,
sprach sie von dem kleinen Hügel.
Schön war es,
sagte meine Mutter,
aber doch viel zu kurz,
unsere Körper,
so nah. Aber du bleibst da.
Jede Sternschnuppe ein Todesbote,
sagt Sophie.
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