Die Funktion des Skandals

am Beispiel von Peter Handkes Publikumsbeschimpfung

 

Im Mittelpunkt der Untersuchung steht das Sprechstück Publikumsbeschimpfung von Peter Handke[1] und der damit verbundene Skandal, der in den folgenden beschriebenen Schritten untersucht werden soll. In der Einleitung wird eine Perspektivierung vorgenommen werden, die das Stück damals und heute kontextualisiert. Die anschließende Untersuchung des Textes hat das Ziel die Diskurse sichtbar zu machen, denen das Sprechstück verhaftet ist und die es andererseits entfacht, denn „Diskurse schaffen und bestimmen Texte, aber die Texte sind es, die die Diskurse führen.“[2] Im nächsten Schritt soll das Verhältnis von Text und  Aufführung in der Inszenierung von Claus Peymann[3] in den Blick genommen werden. Durch die vorausgegangen Analysen ist die Voraussetzung geschaffen, den Skandal in den Fokus zu nehmen und zu bearbeiten. Zentrale Frage ist, was den Skandal ausmacht und welche Funktion er hat. Die These von Regina Roßbach, dass von Skandalen „[…] die Reparatur und Bestätigung eines Systems erhofft.“[4] wird, wird unter Einbezug der Erkenntnisse in Bezug auf Text und Aufführung erweitert: Der Skandal hat zwei Seiten; einerseits soll er konstitutiv sein und ein System bestätigen, andererseits ist er innovativ  und soll Veränderungen herbeiführen.

Im Jahr 1966 wurde das Sprechstück Publikumsbeschimpfung[5] von Peter Handke im Suhrkamp Verlag veröffentlicht und in einer Inszenierung von Claus Peymann im kleinen Frankfurter Theater am Turm uraufgeführt. Die sechziger Jahre waren durch große gesellschaftliche, politische und kulturelle Veränderungen bestimmt, die eine internationale und nationale Bewegung auslösten, die in Deutschland unter den Begriffen „Studentenbewegung“ und/oder „68er-Bewegung“ subsumiert werden:

         „1968 ist eben beides: Chiffre für eine Protestbewegung, die mit einem Linksruck in der Welt des Geistes verbunden ist, die Legitimationsgrundlagen vieler Institutionen des öffentlichen Lebens herausfordert, verschiedenste sich als revolutionär verstehen-  de Gruppen hervorbringt und auch die Großparteien (vor allem die SPD) beeinflusst, aber auch Synonym für eine internationale Jugendkultur, deren Anfänge sich schon vor den politischen Protestwellen zeigten, die sich in wachsender Opposition zur etablierten Welt formierte, mit ihren kulturellen Ausdrucksformen einen viel größeren Adressatenkreis erreichte und zeitweise in Berührung kam mit dem im engeren Sinne politischen Protest.“[6]

Große internationale Konflikte wie beispielsweise die kubanische Revolution, der Vietnam-Krieg, die Kulturrevolution in China oder der Prager Frühling hatten Auswirkungen auch auf Deutschland, die sich in Protest- oder Solidaritätskundgebungen äußerten. National waren Ereignisse wie die Spiegel Affäre von 1962[7] und die Notstandsgesetzgebung der großen Koalition von 1968[8] politischer Zündstoff für die linksgerichtete Bewegung, der sich in Demonstrationen und anderen politischen Ausdrucksformen wie Sitzblockaden entlud. Spezifisch deutsch war die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit, die Ende der 50er in der Folge der Nürnberger Prozesse einsetzte und breiten Raum in der Studentenbewegung einnahm:

         „Anders noch als in den fünfziger Jahren, als sich die Generation der vormaligen Flakhelfer mit den Selbstrechtfertigungen und Lebenslügen einer postnationalsozialistischen Volksgemeinschaft meist pragmatisch arrangierte, versperrten die unaufgeräumten Lasten der Vergangenheit mehr und mehr die Verständigungswege zwischen     der NS-Funktionsgeneration und ihren Kindern. Das auf dem Höhepunkt der Revolte dann allenthalben postulierte „kritische Bewusstsein“ entstand mithin nicht über Nacht und aus purer Lust am Protest; es entwickelte sich vielmehr im Laufe eines sich zuspitzenden intergenerationellen Konflikts über den – wie es nun immer öfter hieß – „Faschismus“ und seine Folgen.“[9]

Aber nicht nur politische Veränderungen prägten die sechziger Jahre, auch die Mode, Musik, Literatur und nicht zuletzt das Theater[10] veränderten sich. Man hörte Beat und die Beatles, las die Blechtrommel von Günter Grass oder Brief an einen jungen Katholiken von Heinrich Böll. Mitte des Jahrzehnts entsprach die Literatur nicht mehr dem Innovationsanspruch und dem Protestwillen der Zeit:

         „Die literarische Gesellschaftskritik ging in diesen Jahren gleichsam in einem größeren Konzept politischer Umgestaltung auf; nicht zufällig waren es die Jahre des   Endes der Gruppe 47, die Jahre eines weiteren Abschieds.“[11]

Im April 1966 nahm der junge und bis dahin unbekannte Peter Handke auf Einladung der bekannten Gruppe 47[12], zu der so namhafte Autoren wie Günter Grass oder eben Heinrich Böll gehörten, an einer Auslandstagung in Princeton teil und griff die Gruppe frontal an, indem er ihre Werke als „dumme und läppische Prosa“[13] bezeichnete und den Autoren „Beschreibungsimpotenz“[14] attestierte. Er löste mit seinem provokativen und skandalösen  Auftritt heftige Kontroversen aus. Tatsächlich war es dem jungen Handke ernst mit seiner Attacke  Literatur und Sprache betreffend:

          „Die Sprache wird nur benützt. Sie wird benützt, um zu beschreiben, aber ohne daß in der Sprache selber sich etwas rührt. Die Sprache bleibt tot, ohne Bewegung, dient nur als Namensschild für die Dinge.“[15]

Peter Handke war 1966 einer der Autoren, die in der Zeit der Studentenbewegung den Übergang von der Nachkriegszeit in die junge Bundesrepublik mitgestalteten:

         „Vor allem im Werk Handkes, der neben Rolf Dieter Brinkmann so etwas wie die zentrale Protestfigur dieser Jahre darstellt, wurden neue Orientierungen, Orientierungen am französischen „Nouveau roman“, vor allem aber an sprachphilosophischen und linguistischen Theorien deutlich. Handke verstand es dabei sehr geschickt, diese Theorien so fruchtbar zu machen, daß sie die als rituell empfundenen „Sprachspiele“ der Gesellschaft inhaltlich, aber auch strukturell demaskierten.“[16]

 

2 Der Text

Im Folgenden soll der Text in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt werden. Nach einer Skizzierung des Inhalts, wird der Frage nachgegangen, inwieweit die Publikumsbeschimpfung noch als dramatisch gelten kann oder ob sie mit dem Drama bricht. Daran anschließend wird die eigentliche Beschimpfung mit Verfahrensweisen des New Historicism in den Blick genommen. Ziel dieses Kapitels ist es, die Diskurse herauszuarbeiten, die das Stück auf verschiedenen Ebenen durchziehen.

Die Publikumsbeschimpfung ist ein Bühnenstück. Dies wird schon an dem Paratext „Vier Sprecher“[17] auf einer ansonsten leeren Seite deutlich, womit die Anzahl der Darsteller definiert ist. Daran anschließend folgt ein Nebentext mit „Regeln für die Schauspieler“[18], zu denen Empfehlungen wie „Die Litaneien in den katholischen Kirchen anhören[.]“[19] oder „Die Beatles-Filme ansehen[.]“[20] gehören. Die folgenden drei Seiten sind ebenfalls Nebentext mit Anweisungen  Vorbereitung und Beginn des Stückes betreffend. Es soll die Atmosphäre eines konventionellen Theaterstückes geschaffen werden: „Wenn die Besucher den für sie bestimmten Raum betreten, erwartet sie die bekannte Stimmung vor dem Beginn des Stücks.“[21] Hiernach folgt der erste Teil des Haupttextes, in dem die vier Sprecher erläutern, was das Stück nicht ist –  nämlich kein Schauspiel, keine Darstellung einer Handlung, nichts dergleichen, sondern „Dieses Stück ist eine Vorrede. Es ist nicht die Vorrede zu einem anderen Stück, sondern die Vorrede zu dem, was Sie getan haben, was Sie tun und was Sie tun werden.“[22] Der Text fächert das Theater thematisch auf, seziert seine Formen und Bedingungen und nimmt eine Analyse des Zuschauerverhaltens vor. Im zweiten und letzten Teil des Haupttextes wird das Publikum beschimpft. Die Beschimpfung wird angekündigt und erläutert: „Wir werden niemanden meinen. Wir werden nur ein Klangbild bilden. Sie brauchen sich nicht betroffen zu fühlen.“[23]

Versucht man sich dem Text mit einer klassischen Dramenanalyse zu nähern, wird schnell deutlich, dass dies nur sehr begrenzt möglich ist. So gibt es weder Akte noch Szenen, es gibt keine Handlung und keine Dialoge. Auf der anderen Seite wird im Stück gesagt: „Hier gibt es nur e i n e Zeit. Das bedeutet die Einheit der Zeit. Alle drei erwähnten Umstände zusammen bedeuten die Einheit von Zeit, Ort und Handlung. Dieses Stück ist also klassisch.“[24] Zwar arbeitet Peter Handke eine Zeitfolge ab: es wird thematisiert, welche Vorkehrungen die Zuschauer getroffen haben, bevor sie ins Theater kamen, was sie tun, in dem Moment, wo sie im Theater sitzen und was sie tun werden, wenn sie das Theater verlassen haben. Nach Peter Szondi[25] ist die Einheit der Zeit dann gegeben, wenn „Der Zeitablauf des Dramas […] eine absolute Gegenwartsfolge [.]“[26] ist.  Da das Stück aber keine Handlung hat, gibt es auch keine zeitlich gespielte Abfolge, sondern: „Hier spielt die Zeit keine Rolle. Wir spielen keine Handlung, also spielen wir keine Zeit.“[27] Ebenso gibt es keine Einheit des Ortes, da es keinen gespielten Ort gibt, auch wenn die Örtlichkeit des Theaters beständig thematisiert wird. [28] Weitere Kriterien, die nach Peter Szondi in einem Drama erfüllt sein müssen, treffen auf die Publikumsbeschimpfung nicht zu: der Dialog als bestimmende Form des Dramas, keine direkte Ansprache der Zuschauer, Zuschauer und Drama sind getrennt, es gibt eine Figurenkonstellation.[29] Die vier Sprecher haben keine Individualität, keine Rolle, keinen Konflikt (und auch keine Lösung desselben), sprechen nicht miteinander, wenden sich direkt an die Zuschauer, kehren die Rollen Zuschauer – Darsteller um. So ist die Publikumsbeschimpfung kein Drama, weder im aristotelischen noch im brecht’schen Sinne. Denn auch das epische Theater des Bertold Brecht ist noch gespielte Handlung, bei der durch Verfremdungseffekte die Illusion einer in sich geschlossenen Welt gebrochen wird. Der Dialog ist bei Brecht nicht mehr alleiniger Träger des Stückes, aber noch elementarer Bestandteil. „Peter Handke ist weiter gegangen: Seine Sprechstücke sind radikal anti-aristotelisch.“[30]

Dieser extreme Bruch mit dem dramatischen Theater wird durch die Ästhetik der Sprache unterstrichen. Fein ziselierte Sätze, die sich wie Haarrisse in das Bewusstsein graben, lassen den Zuschauer möglicherweise wie ertappt im Theatersessel sitzen:

         „Sie haben andere Theaterbesucher getroffen. Sie haben sich als Mitwisser gefühlt. Sie haben Höflichkeitsregeln beachtet. Sie haben aus dem Mantel geholfen. Sie haben sich aus dem Mantel helfen lassen. Sie sind herumgestanden. Sie sind herumgegangen. Sie haben die Klingelsignale gehört. Sie sind unruhig geworden. Sie haben sich in Spiegeln gesehen. Sie haben Ihre Toiletten überprüft. Sie haben Seitenblicke geworfen. Sie haben Seitenblicke gemerkt.“[31]

Der Zuschauer wird die ganze Zeit direkt angesprochen – auch in den  Aussagen über das Theater. Der Text wird von Anaphern und Parallelismen durchzogen, es entstehen Sprachspiele und ein Rhythmus wird erzeugt, der sich  selbst beim leisen Lesen einstellt: „Sie denken nichts. Sie denken an nichts. Sie denken nicht mit.“[32] Sprache und Sprechen sind für Peter Handke epistemologisches Thema, dem er sich immer wieder zuwendet. Sprechstück ist die Publikumsbeschimpfung, weil es die Differenz zwischen Signifikant und Signifikat aufzeigt und mit dieser spielt: „Damit ist nicht nur der Grund dieses Stückes [Ritt über den Bodensee, Anm. J. L.] markiert, der Bruchstrich zwischen Signifikant und Signifikat, sondern der Grund auch aller hier genannten Stücke Handkes.“[33]. Dies wird beispielsweise deutlich an der bereits erwähnten Funktionsumkehrung des Publikums, das als „Idealbesetzung“[34] angesprochen wird und dem von den vier Sprechern attestiert wird, dass sie die „geborenen Schauspieler“[35] sind. Auf der anderen Seite betonen die vier Sprecher, dass sie eben nicht die Schauspieler sind: „Wir spielen nicht. Wir spielen nichts.“[36] Bühne und Zuschauerraum werden auf zwei Ebenen – wörtlich und spielerisch – getauscht: „Peter Handke realisiert etwas, was von Pirandello[37] vorgezeichnet wurde: den Austausch zwischen Bühne und Zuschauerraum.“[38] Die Beschimpfung des Publikums ist somit konsequenter letzter Teil des Sprechstückes, denn die Sprecher be- und verurteilen das Publikum – und nicht das Publikum die Darsteller. Auch auf der theatralischen und begrifflichen Ebene spielt Handke mit Wörtern und Bedeutungen. So werden die Zuschauer als „o ihr Krebskranken, o ihr Tbc-Spucker, o ihr multiplen Sklerotiker, o ihr Syphilitiker […] o ihr potentiellen Toten“ verunglimpft. Das „o ihr“ kennzeichnet eine Anrufungslitanei bzw. Heiligenlitanei[39], die den einzelnen Wörtern durch die monotone Aufzählung ihre Schärfe nimmt und aufgrund ihrer Grundstruktur von Anrufung und Erwiderung eine Antwort herausfordert. Peter Handke zeigt so die Trennbarkeit von Signifikanten und Signifikaten und die Befragbarkeit von Bedeutungszuweisungen. Gleichzeitig ist das im Jahre 1966 ungeheuer blasphemisch. Christliche Religiosität und die damit verbundenen Moralvorstellungen spielten eine ungleich größere Rolle als heute. So lag der Anteil der katholischen und evangelischen Kirchenmitglieder im Jahre 1965 bei 95,4 % an der Gesamtbevölkerung (zum Vergleich: 2019 waren es nur noch 52,1 %).[40] Die Zuschauer als Syphilitiker zu bezeichnen war extrem beleidigend und provokant, da eine Geschlechtskrankheit auf Promiskuität hinwies – in den sechziger Jahren trotz Studentenbewegung, sexueller Befreiung und Pille in großen Teilen der Bevölkerung soziales Stigma. Außerdem war die Krankheit, bis man sie mit Antibiotika behandeln konnte, gefährlich, da sie langfristig Schäden am Herz-Kreislauf-System sowie am zentralen Nervensystem verursacht und ohne Behandlung letztendlich tödlich verläuft. Erst mit den Möglichkeiten einer erfolgreichen Behandlung, die breitenwirksam in den fünfziger Jahren[41] einsetzte, „schienen Geschlechtskrankheiten beherrschbar und entschwanden aus dem Kollektivgedächtnis der Bevölkerungen, andererseits schritt die Sexualisierung der Gesellschaft fort.“[42] 1966 war die Krankheit und die Möglichkeit der Ansteckung also in einem viel stärkeren Maße im Bewusstsein der Bevölkerung als heute.

Differenz und Spiel zwischen Signifikant und Signifikat wird auch bei den politisch konnotierten Schimpfwörtern deutlich. Das Publikum wird mit Beschimpfungen überzogen, die sich diametral gegenüberstehen wie beispielsweise „ihr Revisionisten“ und „ihr Revanchisten“[43] oder „ihr roten Horden und  demgegenüber „ihr Nazischweine“[44]. Mehrere Beleidigungen mit Bezug auf den Nationalsozialismus werden dem Publikum zugemutet wie „ihr Genickschußspezialisten“[45] oder „ihr KZ-Banditen“.[46] Dagegen wirkt „ihr Miesmacher“[47] vergleichsweise harmlos. Schaut man in das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS), so wird die uns geläufige umgangssprachliche Bedeutung mit ‚Nörgler‘ und als ein mögliches Synonym ‚Spielverderber‘ angegeben.[48] Im ‚Archiv der Gegenwart‘ des DWDS fällt auf, dass ‚Miesmacher‘ in acht von neun Zitationen von Nationalsozialisten benutzt wurde, um Gegner ihrer Politik zu diffamieren.[49] Tatsächlich gab es im Frühjahr 1934 einen ‚Feldzug gegen Miesmacher und Kritikaster, gegen Gerüchtemacher und Nichtskönner, gegen Saboteure und Hetzer‘, den Joseph Goebbels mit einer Rede am 11. Mai 1934 im Berliner Sportpalast eröffnete.[50] Auch wenn die Sprecher im Text sagen: „[…]wir werden nun Schimpfwörter gebrauchen, die Sie gebrauchen[.]“[51], ist heute nicht mehr präsent, dass ‚Miesmacher‘ zum nationalsozialistischen Vokabular gehörte. Ein Teil der Zuschauer damals hatte die Zeit des Nationalsozialismus noch erlebt und musste sich unweigerlich betroffen fühlen:

         „Daß diese Schimpfwörter, die von der Bühne herab auf das deutsche Publikum niederprasseln, eine so starke Wirkung ausüben, liegt daran, daß jeder einzelne von ihnen beladen ist mit düsteren oder fanatischen Erinnerungen an die zurückliegende deutsche Geschichte, daher eine Fülle von Assoziationen hervorruft und einen Teil des Publikums in seiner unbewältigten Vergangenheit unmittelbar treffen muss.“[52]

 Am Beispiel der Schimpfwörter Syphilitiker und Miesmacher liest sich deutlich ab, wie sich die Zeit der frühen Bundesrepublik in den Text eingeschrieben hat. Die Zeitachse, die Peter Handke für das Publikum aufgemacht hat – was es getan hat, jetzt tut und tun wird – schneidet das Sprechstück 1966 genau an dem Punkt, wo sich die Gesellschaft verändert: mit der aufkommenden Studentenbewegung wird der Blick zurück auf die nationalsozialistische Vergangenheit gerichtet, während die Bewegung gleichzeitig Veränderungen von Kultur, Literatur und Theater herbeiführt. Aber auch Politik und Religion unterliegen dem Wandlungsprozess, der die Nachkriegszeit in Deutschland beendet.

 

 3 Die Aufführung 

Claus Peymanns Inszenierung der ‚Publikumsbeschimpfung‘ ist bis heute maßgeblich und richtungsweisend. Um das Verhältnis von Inszenierung und Text betrachten zu können, werden in Anlehnung an das Analysekonzept von Bernd Mahl folgende Aspekte in den Blick genommen: Intentionaler Rahmen, ikonographischer Rahmen, Regieanweisungen, Besonderheiten der Inszenierung, Aufnahme durch Publikum und Kritik sowie wirkungsgeschichtliche Aspekte.[53]

Die Uraufführung der Publikumsbeschimpfung und auch die folgenden Aufführungen im TAT waren ein aufsehenerregender Erfolg und haben das Theater am Turm in Frankfurt zu einem der bekanntesten und wegweisenden Theater der Zeit gemacht. Das TAT, bis dahin eine eher beschauliche Landesbühne mit Bildungsauftrag, engagierte 1965 den jungen Dr. Felix Müller als Intendanten.[54] Karlheinz Braun, Leiter der Theaterabteilung des Suhrkamp Verlages empfahl Felix Müller „zwei Theatermacher aus der damals noch aktiven Studententheater-Szene in Frankfurt und Hamburg. Und als Müller tatsächlich Claus Peymann und Wolfgang Wiens engagierte, wurde aus der Landesbühne über Nacht das TAT.“[55] Claus Peymann, dessen Karriere mit der Publikumsbeschimpfung begann und der später die Leitung des Burgtheaters in Wien und dann des Berliner Ensembles innehatte, übernahm die Regie für das Stück und Wolfgang Wiens die dramaturgische Assistenz. Die Motivation von Claus Peymann, eng verbunden mit der Studentenbewegung[56], war eine politische:

          „Heute mag das lächerlich erscheinen, ein unzeitgemäßer Traum, ein Anachronismus in diesen finsteren Zeiten. Aber waren wir nicht die zornigen Kinder des großen B.B.? Es war unser Traum von einem politisch-träumenden und zugleich poetisch-linken Theater.“[57]

Die Aufführung dieses Stückes war ein echtes Wagnis. Viele Theater, denen Karlheinz Braun das Stück angeboten hatte, wollten es nicht spielen. Auch der Intendant des TAT, Felix Müller, lehnte das Stück ab, ließ sich aber von Claus Peymann und Wolfgang Wiens überreden, die Publikumsbeschimpfung im Rahmen der ‚Experimenta 1‘ zu inszenieren, einer Festivalreihe der ‚Akademie der darstellenden Künste‘ für innovatives und avantgardistisches Theater. Auch Schauspieler waren schwer zu bekommen: „Dann aber sagten alle in Aussicht genommenen Schauspieler ab. Wir rechneten vor allem mit jungen Schauspielern von den Städtischen Bühnen, aber keiner traute sich.“[58] Trotz aller Hindernisse und Bedenken fand die Uraufführung am 8. Juni 1966 dennoch statt und wurde aufgrund des Erfolges mit in den festen Spielplan aufgenommen.

Die Grundidee der Publikumsbeschimpfung war: „Ein Stück gegen das Theater, das trotzdem theatermäßig ist, warum sollte das nicht Theater sein?“[59] Und so wurde das Stück auf einer Guckkastenbühne mit Vorhang aufgeführt, wie es der europäischen Tradition entsprach und auch heute noch entspricht.[60] Dennoch unterschied sich das Bühnenbild von dem anderer Aufführungen: es gab nämlich keins. Dem Publikum wurde, nachdem der Vorhang aufging, eine nahezu leere Bühne präsentiert, nur im Hintergrund stand zur Zeit nicht benötigtes Mobiliar aus vermutlich anderen Aufführungen.[61] Die Bühne stellte also nichts dar, sie „will keine mimetische oder symbolische Abbildung einer Welt außerhalb des Theaters sein, sondern ist selbst ihr eigener Schauplatz und Gegenstand.“[62] Dies entsprach den Regieanweisungen[63] des Autors, ebenso wie die damals übliche Straßenkleidung der vier Sprecher. Drei der Herren trugen Hemd mit Krawatte, der vierte einen Pullover.[64] Zu Beginn der Aufführung schlendern die Sprecher herum, es scheint der ein oder andere zu reden, aber es ist nichts zu hören. Dann werden Sprech- und Stimmübungen laut vernehmbar, aus denen sich nach und nach verständliche Wörter, Schimpfwörter, herausschälen. Zum Abschluss der Eingangsszene sprechen die Darsteller jeweils unterschiedliche Schimpfwörter immer rhythmischer und schneller. Dann beginnt das eigentliche Stück. Die vier Sprecher stellen sich in Reihe auf, wenden sich an das Publikum und beginnen zu sprechen.[65] Die Aufführung, mit einem gewissen Witz inszeniert, wird durch zwei Faktoren bestimmt. Die Sprecher bilden durchgehend eine Formation, ihre Bewegungen sind aufeinander abgestimmt, gleichsam choreographiert und sie nutzen den Bühnenraum geschickt aus, so in der Szene als die Vier sich in den Souffleusenkasten begeben. Zunächst hocken zwei der Sprecher vorne und halten eine Klappe hoch, die hinteren beiden sind nicht zu sehen. Dann setzen sich zwei an den Rändern gegenüber, während zwei im Kasten mit Blickrichtung ins Publikum hocken.[66] Der gesprochene Text wurde an der Stelle angepasst: statt „Diese Bretter dienen dazu, daß wir darauf stehen.“[67] sagt einer der Sprecher: „Diese Bretter dienen dazu, daß wir darauf sitzen.“[68] Der zweite, noch wesentlichere Faktor ist der Sprechrhythmus, der sich in der Schlussszene[69], der Beschimpfung, steigert bis Ähnlichkeiten mit einem Rockkonzert unüberhörbar sind. Karlheinz Braun erinnert sich:

         „Aber Wiens hatte ein Tonband mit Songs der Beatles und der Rolling Stones collagiert, das die Proben begleitete. Dabei tauchte unvermeidlich die Frage auf, wer spielt denn welchen Beatle? Sie fühlten sich schon ganz und gar als eine Boygroup, die den Vorgaben ihres Grazer Songwriters folgte. Sie gestalteten den Text – wie Handke es       vorschlug – „nach den Klangelementen und dem Rhythmus des Beat“ – ohne das spä- ter auf der Bühne auch nur ein Ton der Musik erklang.“[70]

Das Publikum schaut sich das Stück teils schweigend, teils belustigt an.  Während der Beschimpfung gibt es Zwischenapplaus, an einer Stelle wird im Rhythmus mitgeklatscht. Eine Dame verfolgt das Geschehen mit offenem Mund,[71] eine andere sehr amüsiert.[72] Am Ende gibt es viel Applaus, aber auch ebenso viele Pfiffe und Buhrufe:

         „Unvergesslich ist mir jener fröhlich lachende und sonnenbrillenbewehrte Handke, der sich unter dem Jubel und den Buhs und den Pfiffen des nicht enden wollenden Schlussbeifalls auf die Bühnenrampe setzte, das Publikum wie ein Dirigent zu immer mehr anstachelte und dabei Kusshände versendete. Handke – der erste Popstar unter den Dichtern.“[73]

Das Sprechstück war seinerzeit eine Zäsur und wurde in den nächsten Spielzeiten auf in- und ausländischen Bühnen aufgeführt. Noch 2018 ist es in Stuttgart und Berlin inszeniert worden.[74] Aber es war auch umstritten, es gab Tumulte in den ersten Aufführungen und der Autor Peter Handke geriet gewissermaßen zwischen die Fronten: von der bürgerlichen Seite wurde er der Protestbewegung zugeordnet, von der wiederum wurde er als „zu bekämpfender Ästhet der Innerlichkeit“[75] gesehen. In demselben Maße wie der Text brach auch die Aufführung mit bisherigen konventionellen Regeln und in der Rückschau betrachtet kann die Aufführung des Sprechstückes als frühe ‚Perfomance‘[76] gesehen werden – eben aufgrund der Choreographie und des Beat-Rhythmus. Elemente, die Erika Fischer-Lichte[77] als wesentlich für diese Kunstform betrachtet, treffen auf die Darbietung zu. Durchgehend betonen die Sprecher, dass die Vorführung nichts bedeutet, nichts darstellt, keine Mimesis von Handlungen ist und dies wird auf einer bildleeren Bühne präsentiert. Trotzdem bietet das Stück durch Text und Inszenierung Deutungsangebote:

          „Das heißt, Performances tendieren dazu, ihren Grad an codierter Semiotizität zu reduzieren. Diese Reduktion stellt andererseits jedoch die Bedingung der Möglichkeit dafür dar, ihren Grad an Semiotizität zu erhöhen.“[78]

Zudem definiert sich eine ‚Performance‘ durch Teilnahme und Reaktionen der Zuschauer, der als aktiv begriffen wird. Sie sind Teil der Kunstaktion, die zeitgleich produziert und rezipiert wird. Die Zuschauer reagieren auf die Publikumsbeschimpfung, sie feiern sie oder lehnen sie ab: „Die Provokation, die von einer Performance ausgehen mag, ist entsprechend auch im wörtlichen Sinne zu verstehen als eine Art des Hervorrufens von Haltungen, Widersprüchen oder Erfahrungen.“ [79]

 

4 Der Skandal

Die Publikumsbeschimpfung ist also eine Provokation und tatsächlich spricht man auch fünfzig Jahre nach der Uraufführung noch von einem Skandal, so erinnert Deutschlandfunk Kultur am 8. Juni 2016 an die „Skandal-Aufführung“[80] und die Bild-Zeitung schrieb zum Jubiläum gar: „Skandalerfolg  – «Publikumsbeschimpfung» im TAT 1966“.[81] Zentrale Frage dieses Kapitel ist, was den Skandal ausmacht und welche Funktion er hat.

Ein Skandal wird durch zwei wesentliche Faktoren bestimmt: er braucht eine Normverletzung und er braucht Öffentlichkeit: „Ohne divergierende Auffassungen, die öffentlich gegeneinander verhandelt werden, gibt es keinen Skandal, […].[82] In den Kapiteln ‚Text‘ und ‚Aufführung‘ wurde aufgezeigt, dass dies für die Publikumsbeschimpfung zutrifft. Die Normverletzung des Textes, der das Theater zum Inhalt hat, bezieht sich auf die bisherigen Theaterformen. Fraglich ist, ob in der Aufführung jede Anspielung vom Publikum verstanden wurde, wie beispielsweise: „Das Theater wird nicht entfesselt. Das Theater wird gefesselt.“[83] Nach Regina Roßbach sind Skandale „Ausdruck einer gesellschaftlichen Normierungspraxis“[84], in der bestehende Normen entweder bestätigt oder verändert werden. Eindeutig wird das aristotelische und das epische Theater durch den Text in Frage gestellt und die Frage nach der Absicht beantwortet Peter Handke selbst: „Sie [die Sprechstücke Anm. J. L.] wollen nicht revolutionieren, sondern aufmerksam machen“.[85] Eine neue Form des Theaters bietet das Sprechstück insofern an, als es selbst Stück für die Bühne ist, was allerdings durchaus als Paradoxon bewertet[86] oder als Bestätigung für das klassische Theater gesehen wurde.[87] Für Volker Ladenthin ist der Skandal der modernen Literatur immanent, denn „moderne Literatur entsteht erst und nur, wenn ein Text, gegen geltende Regeln verstößt.“[88] Sie bricht also per Definition mit normativen Regelpoetiken, moralischen oder ästhetischen Grundsätzen – im Gegensatz zur Antike, in der Affirmation Aufgabe der Literatur war – und zwar „nicht begrifflich durch neue Erkenntnisse, sondern anschaulich, d.h. ästhetisch […].“[89] In diesem Sinne ist die Publikumsbeschimpfung als moderne Literatur zu verstehen, der der Skandal eingeschrieben ist. Und dies wiederum entspricht der Forderung von Handke, der schreibt: „Ich erwarte von der Literatur ein Zerbrechen aller endgültig scheinenden Weltbilder.“[90]

Der Skandal, den Deutschlandfunk Kultur und Bild der Publikumsbeschimpfung zuschreiben, ist im Zusammenhang mit der Aufführung zu sehen und die Aufführung ist der eigentliche Skandal auslösende Moment. Denn eine Aufführung ist öffentlich, hat Publikum und Vorankündigungen sowie Besprechungen in der Presse. Tatsächlich ist der Text erst drei Monate nach der Uraufführung im Suhrkamp Verlag erschienen.[91] Die Öffentlichkeit ist Bedingung für den Skandal, denn die Provokation, die Normüberschreitung, muss erkannt und angenommen werden, um Skandal zu werden:

         „Wahrscheinlich stärker als jedes andere theatrale bedeutungstragende  Zeichen   richtet sich die Provokation offensichtlich dezidiert an das Publikum – sei es als Kollektiv, sei es als ein Konglomerat einzelner Mitglieder – und sie versagt, wenn kein einziger Zuschauer bereit ist, ein Zeichen als provokative Herausforderung zu interpretieren.“[92]

Das Publikum der Publikumsbeschimpfung, reagiert – wie bereits dargestellt – mit Applaus, Buhrufen und Pfiffen. Einige Zuschauer fühlten sich sogar animiert mitzuspielen – u.a. der Dichter Wolf Wondratschek[93] – die ihrerseits begleitet von Applaus, Zwischenrufen und Pfiffen – der Bühne verwiesen werden mussten.[94] Auch die Aufführung bricht mit Konventionen: es gibt beispielsweise kein Bühnenbild und die Darsteller sind nicht kostümiert. Die Sprecher bedienen sich des Beat-Rhythmus, der aus dem gesprochenen und mit dem gesprochenen Text zusammenwächst, rhythmisch und rhythmischer wird, Worte und Satzfetzen seriell wiederholt und quasi einhämmert. Der Klang der Sprache dekonstruiert den Inhalt, Sprache wird in Sequenzen zerlegt und zu Mustern geschnitten, bis sie klingt wie ein Song. So wird der Rhythmus der Sprache zu einer unkonventionellen Form der Provokation und trägt gleichzeitig zum Erfolg der Publikumsbeschimpfung bei.[95] Beat war in den sechziger Jahren mit dem Lebensgefühl von Freiheit aufgeladen und stand für Erneuerung, Jugendkultur und Protest: „So wirkten die Schauspieler schon auf den Proben auf ihre Weise so authentisch wie die Beatles es waren. Sie verbreiteten ein Gefühl des Aufbruchs, auch eines irgendwie unbotmäßigen Freiheitsdrangs.“[96] Auf der einen Seite fühlten sich also junge Zuschauer angesprochen, die mehr als bereit waren die Provokation anzunehmen. Anderen hingegen sagte diese Form der Darstellung nichts oder sie lehnten sie ab. Applaus und Buhrufe spiegeln dies wider. Piet Defraeye spricht in diesem Zusammenhang von ‚Rezeptionsvorgaben‘, der Disposition der Zuschauer in Bezug auf persönliche Hintergründe wie Bildung, Klassenzugehörigkeit, Alter, Geschlecht, Kulturerfahrung, usw.[97] Die Publikumsbeschimpfung, die die Provokation im Namen trägt, trifft auf einen Zeitgeist, der genau diese kultivierte: „Das Phänomen des Schocks wurde fast buchstäblich ein Bestandteil des kulturellen Kanons und des Erwartungsspektrums all jener, die in das zeitgenössische Leben involviert waren.“[98] Peter Handke begreift seine schriftstellerische Arbeit allerdings als ästhetisch und nicht politisch, ihn interessiert Sprache, Sprechen, Klang und Rhythmus. Für ihn ist engagierte Literatur nicht möglich, da sie sich immer der Form unterordnet:

         „Das Engagement zielt zweckbetont auf die Veränderung der gesellschaftlichen Wirklichkeit, während ein Zweck für die Kunst ein Unding wäre. Sie ist nicht ernst und nicht direkt, das heißt, auf etwas gerichtet, höchstens ein ernsthaftes Spiel.“[99]

Wie bereits im Kapitel über die Aufführung skizziert, ist dies genau die Haltung, die ihn für Teile der politischen Linken zum Repräsentanten unpolitischer Innerlichkeit macht. Die Forderung nach „dem Zerbrechen aller endgültig scheinenden Weltbildern“ ist eine ästhetische, textimmanente und der Skandal, der der Publikumsbeschimpfung eingeschrieben ist, wird durch den öffentlichen Skandal der Aufführung überlagert. Es gab Tumulte, Randale sowie Prügeleien in den Aufführungen und die Presse berichtete von der Verhaftung des Ensembles inklusive Peter Handke im Rotlichtviertel von Frankfurt nach der Premiere.[100] Volker Ladenthin schreibt: „Skandale entstehen oft aus Kategoriefehlern beim Publikum. Sie verwechseln […] eine ästhetische Darstellung mit einer Meinung. Sie beurteilen, was ästhetisch gemeint ist, moralisch“[101]. Teile der Studentenbewegung vereinnahmte das Stück als eine Form des Protests und schloss sich dem an, andere lehnten Handkes Formalismus ab und konservative Bürger fühlten sich durch die Anspielungen auf Religion und Nationalsozialismus sowie die radikal innovative Art von Theater provoziert. Obwohl die öffentliche Skandalisierung den textimmanenten Skandal verstellt und sich die Skandale unterscheiden, wird doch im Kern das Gleiche verhandelt: Restauration vs. Revolution, Tradition vs. Innovation zu unterschiedlichen Diskursen auf unterschiedliche Weise. „In der Tat ähneln Skandale Verhandlungen vor Gericht. Sie sind Reaktionen auf scheinbare Bedrohungen einer Ordnung; von ihrem Ausgang wird die Reparatur und Bestätigung eines Systems erhofft.“ [102] Die Reparatur und Bestätigung des Systems nach der Publikumsbeschimpfung war nicht möglich, sie hat das Theater verändert – so wie die Studentenbewegung die Gesellschaft.

 

5 Fazit

Die Publikumsbeschimpfung ist von Peter Handke in einer Zeit großer Umbrüche geschrieben worden, als die Gesellschaft sich zunehmend politisierte und die Zeit des Nationalsozialismus in den Fokus der Jugend rückte, die das Schweigen der Generation vor ihnen brechen wollte. Der  Skandal ist nach Volker Ladenthin Aufgabe der modernen Literatur. Dies bedeutet die Pflicht mit Traditionen und Weltbildern zu brechen und genau das tat Peter Handke, indem er mit dem klassischen und epischem Theater brach. Handke ging aber noch einen Schritt darüber hinaus: die Wahl der Schimpfwörter – am Beispiel von ‚Syphilitiker‘ und ‚Miesmacher‘ analysiert  –  zeigt nicht nur wie sehr sich der Zeitgeist in den Text eingeschrieben hat, sondern  provoziert bewusst und ist, wenn auch ein Spiel mit Signifikant und Signifikat, als Politikum des unpolitischen Peter Handke zu werten: „ […] so sehr er sich provokativ zum Bewohner des Elfenbeinturms erklärte, sind objektiv seine Texte durchaus Teil der politischen und gesellschaftlichen Bewegung der sechziger Jahre“.[103] So nimmt es nicht Wunder, dass die einen ihn als ‚Ästhet der Innerlichkeit‘ attackierten, andere ihn für die Studentenrevolte vereinnahmten oder ihn als Teil der Bewegung anfeindeten. Die Aufführung, die als frühe Performance charakterisiert werden kann, besticht durch Witz und Spielfreude, brach ebenfalls mit Konventionen und hatte durch den gesprochenen Beat-Rhythmus durchaus ‚aufrührerisches‘ Potential. Peter Handke schrieb selbst:

„Ich wollte die Wirkung des Beat an mir – und die war eine umstürzlerische – anderen mitteilen […].[104]

Der Skandal, der die Aufführungen begleitete, stellte den literarischen zwar in den Schatten, aber zusammen bewirkten sie einen Innovationsschub, der Literatur und Theater veränderte. Dem  Skandal blieb auch der spätere Peter Handke treu, der sich im Jugoslawienkrieg auf die Seite Serbiens stellte. Sein Reisebericht „Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien“[105], erstmals 1995 erschienen, sorgte für heftige Kontroversen, die sich 2019 nach der Verleihung des Literaturnobelpreise noch verschärften und bis heute andauern. Aber in diesem Fall bewirkte der Skandal keine Innovation, sondern bestätigte das Weltbild derjenigen, die Handke für seine Parteinahme heftig kritisierten. Der Skandal hat also zwei Seiten: eine innovative sowie eine konstitutive bzw. affirmative.

 

 

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Diese Würdigung zu Handkes 80. Geburtstag durch Jutta Ludwig ist bereits eine Vorschau. In 2023 versuchen wir auf KUNO die Evolutionsgeschichte des Essays zu vervollständigen. Wir begreifen die Gattung des Essays auf KUNO als eine Versuchsanordnung, undogmatisch, subjektiv, experimentell, ergebnisoffen.

 

Weiterführend → Zuletzt driftete die Begründung für den Nobelpreis-Preis immer häufiger in diffuse MehrdeutigkeitBereits als der Nobelpreis für Bob Dylan verkündet wurde, teilten sich die Geister in Enthusiasten und Enttäuschte: ein gefundenes Fressen für alle diejenigen, die online ihre literarischen Meinungen kundtun, verteidigen und weiterentwickeln. Am 10. Oktober 2019 gab die Schwedische Akademie in Stockholm die Verleihung des Nobelpreises für Literatur 2019 an Peter Handke bekannt, „für ein einflussreiches Werk, das mit sprachlichem Einfallsreichtum Randbereiche und die Spezifität menschlicher Erfahrungen ausgelotet hat“.

Trivia: Anlässlich der Literaturnobelpreisvergabe für Patrick Modiano 2014, der in den Übersetzungen Handkes im deutschen Sprachraum bekannt geworden war, hatte sich Handke in einem Interview noch für die generelle „Abschaffung“ des Literaturnobelpreises ausgesprochen: Dieser bringe „lediglich einen Moment der Aufmerksamkeit“, der Literatur helfe er mit seiner „falschen Kanonisierung“ jedoch nicht.

 

 

Literaturverzeichnis

  • Adam, Birgit: Die Strafe der Venus : eine Kulturgeschichte der Geschlechtskrankheiten. München : Orbis Verlag 2001.
  • Arnold, Heinz Ludwig: Die Gruppe 47. Hamburg : Rowohlt 2004 (= Rowohlts Monographien 50667).
  • Baßler, Moritz: Die kulturpoetische Funktion und das Archiv. Eine literaturwissenschaftliche Text-Kontext-Theorie. Tübingen : Francke 2005.
  • Das TAT. Das legendäre Frankfurter Theaterlabor. von Bayerl, Sabine; Braun, Karlheinz u. Schniedermair, Ulrike. Berlin: Henschel 2016.
  • Frei, Norbert: 1968. Jugendrevolte und globaler Protest. München : dtv 2008.
  • Geppert, Dominik: Die Ära Adenauer. 3. Aufl., Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2012.
  • Handke, Peter: Brief über Theater. In: Theater heute, 1967, H. 2.
  • Handke, Peter: Ich bin Bewohner des Elfenbeinturms. Aufl., Frankfurt a. M. : Suhrkamp 2016 (=suhrkamp taschenbuch 56).
  • Handke, Peter: Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke. 19. Aufl., Berlin : Suhrkamp 2019.
  • Handke, Peter: Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien. Berlin : Suhrkamp 2018.
  • Joseph, Artur: Theater unter vier Augen: Gespräche mit Prominenten. Köln, Berlin : Kiepenheuer & Witsch 1969.
  • Kleinert, Hubert: Mythos 1968. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 14-15/2008 · 31. März 2008.
  • Lehmann, Hans-Thies: Postdramatisches Theater. Frankfurt a. M. : Verlag der Autoren 1999.
  • Literatur als Skandal. Fälle – Funktionen – Folgen. Hg. von Neuhaus, Stefan u. Holzner, Johann. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht 2007.
  • Lohan, Mechtild Charlotte Luise: Historischer Abriss der Syphilis im Kontext mit ihrer soziokulturellen Bedeutung für die Gesellschaft im deutschsprachigem Raum. Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Doktor(in) der gesamten Heilkunde (Dr.med.univ.). Graz 2016.
  • Mahl, Bernd: Goethes „Faust“ auf der Bühne (1806-1998). Fragment – Ideologie-Spieltext. Stuttgart, Weimar : Metzler 1998.
  • Methoden der literatur- und kulturwissenschaftlichen Textanalyse. Ansätze – Grundlagen – Modellanalysen. Hg. von Nünning, Vera u. Nünning, Ansgar. Stuttgart, Weimar : J. B. Metzler 2010.
  • Nägele, Rainer: Aspekte eines experimentellen Theaters. In: Colloquia Germanica, 14, No. 3 (1981), pp. 220-228.
  • Ortheil, Hanns-Josef: Perioden des Abschieds: Zum Profil der neuen und jüngsten deutschen Literatur. In: German Quarterly, 63, No. 3/4, Theme: Literature of the 1980s (Summer – Autumn, 1990), pp. 367-376.
  • Pektor, Katharina: „Diese Bretter bedeuten keine Welt“. Über Orte, Schauplätze und Räume in Peter Handkes Theaterstücken und ihre Umsetzung auf der Bühne – nach Gesprächen mit Katrin Brack, Karl-Ernst Herrmann und Hans Widrich. Handkeonline (19.11.2012). https://handkeonline.onb.ac.at/node/252/papers, letzter Abruf 28.09.2021.
  • Redeauszug des Völkischen Beobachters als Dokument VEJ 1/117 in: Gruner, Wolf: (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung): Band 1: Deutsches Reich 1933–1937. München 2008.
  • Roßbach, Regina: Der Literaturskandal. Akteure, Verläufe und Gegenstände eines Kommunikationsphänomens. Berlin : Frank & Timme, Verlag für wissenschaftliche Literatur 2020.
  • Szondi, Peter: Theorie des modernen Dramas. Frankfurt a. M.: Suhrkamp1994 (= edition suhrkamp 27).
  • Tairow, Alexander: Das entfesselte Theater. Berlin, Köln : Kiepenheuer & Witsch 1964.
  • Theorien des Performativen. In: Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie. Hg. von Fischer-Lichte, Erika u. Wulf, Christoph, Bd. 10, 2001, Heft 1.
  • Vanderath, Johannes: Peter Handkes Publikumsbeschimpfung: Ende des aristotelischen Theaters? In: The German Quarterly, Vol. 43, No. 2 (Mar., 1970), pp. 317-326.
  • Zu Peter Handke : zwischen Experiment u. Tradition. von Honsza, Norbert. Stuttgart : Klett 1982.
  •  
  • https://www.bild.de/unterhaltung/aktuelles/skandalerfolg-publikumsbeschimpfung-im-tat1966-46167984.bild.html, letzter Abruf 25.09.2021.
  • https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61565/kirch, letzter Abruf 05.09.2021.
  • https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/kalenderblatt/0806-handkes-publikumsbeschimpfung-uraufgefuehrt-100.html, letzter Abruf 01.08.2021.
  • https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2018/kw21-kalenderblatt-notstandsgesetze-556672, letzter Abruf 07.09.2021.
  • https://www.deutschlandfunkkultur.de/50-jahre-publikumsbeschimpfung-von-peter-handke-peymann.1008.de.html, letzter Abruf 01.08.2021.
  • https://www.dwds.de/d/wb-dwdswb, abgerufen am 28.09.2021.
  • https://handkeonline.onb.ac.at/node/296, letzter Abruf, 25.09.2021.
  • https://www.pirandelloweb.com/ubergang-der-kunst-das-leben/, letzter Abruf 05.09.2021
  • https://www.tt.com/artikel/11579057/erfolg-mit-skandal-publikumsbeschimpfung-vor-50-jahren-uraufgefuehrt, letzter Abruf 01.08.2021.
  • https://www.youtube.com/watch?v=1iq-rpEMHNc, letzter Abruf 01.08.2021.
  • https://www.youtube.com/watch?v=rwm4I4KfPjM, letzter Abruf 22.09.2021.

[1] Peter Handke (* 06. Dezember 1942), österreichischer Schriftsteller. Bekannt wurde er durch die Publikumsbeschimpfung und Die Angst des Tormanns beim Elfmeter. 2019 bekam er den Literaturnobelpreis.

[2] Baßler, M.: Die kulturpoetische Funktion und das Archiv. Eine literaturwissenschaftliche Text-Kontext-Theorie, S. 22.

[3] Claus Peymann (*07.Juni 1937), deutscher Theaterregisseur. Intendant am Bochumer Schauspielhaus (1979–1986), Direktion des Burgtheaters in Wien (1986–1999),  Intendant des Berliner Ensembles (1999–2017).

[4] Roßbach, R.: Der Literaturskandal. Akteure, Verläufe und Gegenstände eines Kommunikationsphänomens, S. 13.

[5] Handke, P.: Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke. 19. Aufl., Berlin : Suhrkamp 2019.

[6] Kleinert, H.: Mythos 1968. In: ApuZ. Aus Politik und Zeitgeschichte 14-15/2008 · 31. März 2008, S. 9.

[7] Mitarbeiter des Spiegels waren aufgrund eines kritischen Artikels wegen Landesverrats angeklagt. Es setzte eine öffentliche Auseinandersetzung um die Pressefreiheit ein. Vgl. Geppert, D.: Die Ära Adenauer, S. 135ff.

[8] Die Notstandsgesetze wurden am 30. Mai 1968 im Bundestag verabschiedet und regelten die Handlungsfähigkeit des Staates in Krisensituationen und waren heftig umstritten. Vgl.:  https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2018/kw21-kalenderblatt-notstandsgesetze-556672, letzter Abruf 07.09.2021.

[9] Frei, N.: 1968. Jugendrevolte und globaler Protest, S. 84.

[10] Vgl.: Lehmann, H.-T.: Postdramatisches Theater, S. 85: „[…], entwickelte sich in aller Welt und besonders im Westen Deutschlands um 1965 ein neues Theater der Provokation und des Protests.“

[11] Ortheil, H.-J.: Perioden des Abschieds: Zum Profil der neuen und jüngsten deutschen Literatur. In: German Quarterly, S. 370.

[12] Als Gruppe 47 wurde ein jährliches Schriftstellertreffen bezeichnet, zu dem der Autor Hans Werner Richter von 1947 bis 1967 einlud. In diesem Kreis haben Karrieren großer Schriftsteller begonnen wie die von Günter Grass.

[13] Vgl.: Arnold, H. L.: Die Gruppe 47, S. 124. 

[14] Ebd., S. 124.

[15] Handke, P.: Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms, S. 30. In dem Kapitel äußert sich Handke zur Tagung in Princeton.

[16] Ortheil, H.-J.: Perioden des Abschieds: Zum Profil der neuen und jüngsten deutschen Literatur, In: German Quarterly, S. 371.

[17] Handke, P.: Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke, S. 8.

[18] Ebd., S. 9f.

[19] Ebd., S. 9.

[20] Ebd., S. 9.

[21] Ebd., S. 11.

[22] Ebd. S. 12. Das getan haben, tun sowie tun werden bezieht sich auf die Handlungen des Publikums vor, während und nach dem Besuch des Stückes.

[23] Ebd., S. 44.

[24] Ebd., S. 32.

[25] Peter Szondi (* 27. Mai 1929, † 18. Oktober 1971): Literaturwissenschaftler, der 1965 das Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin gegründet hat.

[26] Szondi, P.: Theorie des modernen Dramas, S. 17.

[27] Handke, P.: Die Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke, S. 25.

[28] Vgl. Handke, P.: Die Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke, S. 19: „Wir befinden uns an den gleichen Orten. Wir atmen die gleiche Luft.“ Oder ebd., S. 22: „Dieser Raum täuscht keinen Raum vor. Die offene Seite zu Ihnen ist nicht die vierte Wand eines Hauses.“

[29] Vgl.: Szondi, P.: Theorie des modernen Dramas, S. 15-18.

[30] Honsza, N.: Publikumsbeschimpfung. In: Zu Peter Handke : Zwischen Experiment u. Tradition, S. 12.

[31] Ebd., S. 35.

[32] Ebd., S. 16.

[33] Nägele, R.: Aspekte eines experimentellen Theaters. In: Colloquia Germanica,  S. 227. R. Nägele  geht u.a. auch auf die Publikumsbeschimpfung, Weissagung, Selbstbezichtigung und Kaspar ein.

[34] Handke, P.: Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke., S. 45.

[35] Ebd. S. 46.

[36] Ebd., S. 31.

[37] Luigi Pirandello (*28. Juni 1867, † 10. Dezember 1936): italienischer Schriftsteller und Dramatiker: „Die exklusive Gegenposition der Kunst gegenüber dem Leben befindet sich in Auflösung. Das habe ich, ausgehend von der Überbrückung der Rampe zwischen Bühne und Zuschauerraum, zu beschreiben versucht als Auflösung aller markanten Distanzen und Unterschiede zwischen der Welt des ästhetischen Scheins und der Realität.“ https://www.pirandelloweb.com/ubergang-der-kunst-das-leben/, letzter Abruf 05.09.2021

[38] Honsza, N.: Publikumsbeschimpfung. In: Zu Peter Handke : Zwischen Experiment u. Tradition, S. 13.

[39] Vgl.: „Litanei“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache: https://www.dwds.de/wb/Litanei, abgerufen am 18.09.2021.

[40] https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61565/kirch, letzter Abruf 05.09.2021.

[41] Vgl.: Adam, B.: Die Strafe der Venus: eine Kulturgeschichte der Geschlechtskrankheiten, S. 202: „In den Fünfzigerjahren ging die Zahl der Neuansteckungen mit Syphilis und Gonorrhoe in Europa […]stetig zurück, auch in den Sechzigerjahren setzte sich dieser Trend fort.“

[42] Lohan, M.C.L.: Historischer Abriss der Syphilis im Kontext mit ihrer soziokulturellen Bedeutung für die Gesellschaft im deutschsprachigem Raum. Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Doktor(in) der gesamten Heilkunde (Dr.med.univ.), S. 56.

[43] Handke, P.: Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke, S. 46.

[44] Ebd.

[45] Ebd., S. 45.

[46] Ebd., S. 46.

[47] Ebd., S. 45.

[48] „Miesmacher“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, URL: https://www.dwds.de/wb/Miesmacher, abgerufen am 17.09.2021.

[49] Korpustreffer für „Miesmacher“, aus dem Korpus Archiv der Gegenwart (1931–2000) des Digitalen Wörterbuchs der deutschen Sprache: https://www.dwds.de/r/?corpus=adg&q=Miesmacher, abgerufen am 17.09.2021.

[50] Vgl.: Redeauszug des Völkischen Beobachters als Dokument VEJ 1/117 in: Gruner, W.:  (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung): Band 1: Deutsches Reich 1933–1937. München 2008, S. 337–339.

[51] Handke, P.: Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke, S. 44.

[52] Vanderath, J.: Peter Handkes Publikumsbeschimpfung: Ende des aristotelischen Theaters? In: The German Quarterly, S. 323.

[53] Mahl, B.: Goethes „Faust“ auf der Bühne (1806-1998). Fragment – Ideologie – Spieltext. Stuttgart, Weimar : Metzler 1998.

[54] Vgl.: Lehmann, H.-T. u. Primavesi, P.: Das TAT. Vom hessischen Wandertheater zu einem Zentrum der internationalen Avantgarde. In: Das TAT. Das legendäre Frankfurter Theaterlabor. Hg. von Bayerl. S., Braun, K. u. Schniedermair, U., S. 5

[55] Ebd., S. 16.

[56] Braun, K.: Ein Autor, ein Regisseur und ein Theater werden entdeckt. Geschichte und Geschichten zu Peter Handkes ersten Stücken. In: Das TAT. Das legendäre Frankfurter Theaterlabor. Hg. von Bayerl. S., Braun, K. u. Schniedermair, U., S. 64: „[…]in der BRD zog die APO in einem „Sternmarsch“ nach Bonn, um gegen die Verabschiedung der Notstandsgesetze zu demonstrieren. Peymann und Teile des TAT-Ensembles waren natürlich dabei.“

[57] Peymann, C.: Die zornigen Kinder des großen B.B. In Frankfurt hat alles angefangen. In: Das TAT. Das legendäre Frankfurter Theaterlabor. Hg. von Bayerl. S., Braun, K. u. Schniedermair, U., S. 69.

[58] Braun, K.: Ein Autor, ein Regisseur und ein Theater werden entdeckt. Geschichte und Geschichten zu Peter Handkes ersten Stücken. In: Das TAT. Das legendäre Frankfurter Theaterlabor. Hg. von Bayerl. S., Braun, K. u. Schniedermair, U., S. 61.

[59] Joseph, A.: Theater unter vier Augen: Gespräche mit Prominenten, S. 28.

[60] Vgl.: Szondi, P.: Theorie des modernen Dramas, S. 16: „Die Bühnenform, die sich das Drama der Renaissance und der Klassik schuf, die vielgeschmähte ‚Guckkastenbühne‘, ist der Absolutheit des Dramas als einzige adäquat und zeugt von ihr in jedem ihrer Züge.“

[61] Die Publikumsbeschimpfung. https://www.youtube.com/watch?v=1iq-rpEMHNc, TC 5:37-5:56.

[62] Pektor, K.: „Diese Bretter bedeuten keine Welt“. Über Orte, Schauplätze und Räume in Peter Handkes Theaterstücken und ihre Umsetzung auf der Bühne – nach Gesprächen mit Katrin Brack, Karl-Ernst Herrmann und Hans Widrich, S. 100.

[63] Vgl.: P.: Die Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke, S. 11-13.

[64] Ebd., S. 12.

[65] Die Publikumsbeschimpfung. https://www.youtube.com/watch?v=1iq-rpEMHNc, TC 6:08-9:24.

[66]  Ebd., TC 14:31-16:12.

[67] Handke, P.: Die Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke, S. 18.

[68] Die Publikumsbeschimpfung. https://www.youtube.com/watch?v=1iq-rpEMHNc, TC 15:33-15:34.

[69] Ebd., TC 1:09:23-1:16:07.

[70] Braun, K.: Ein Autor, ein Regisseur und ein Theater werden entdeckt. Geschichte und Geschichten zu Peter Handkes ersten Stücken. In: Das TAT. Das legendäre Frankfurter Theaterlabor. Hg. von Bayerl, S., Braun, K. u. Schiedermair, U.,S. 63.

[71] Die Publikumsbeschimpfung. https://www.youtube.com/watch?v=1iq-rpEMHNc,  TC 1:12:49-1:12:53.

[72] Ebd.: TC 1:12:35-1:12:39.

[73] Braun, K.: Ein Autor, ein Regisseur und ein Theater werden entdeckt. Geschichte und Geschichten zu Peter Handkes ersten Stücken. In: Das TAT. Das legendäre Frankfurter Theaterlabor, Hg. von Bayerl, S., Braun, K. u. Schiedermair, U., S. 63.

[74] Vgl.: https://www.youtube.com/watch?v=rwm4I4KfPjM, letzter Abruf 22.09.2021: Eine Koproduktion mit dem Schauspiel Stuttgart. Premiere Schauspiel Stuttgart: 26. Mai 2018, Nord, Berlin-Premiere: 6. Oktober 2018, Kammerspiele.

[75] Braun, K.: Ein Autor, ein Regisseur und ein Theater werden entdeckt. Geschichte und Geschichten zu Peter Handkes ersten Stücken. In: Das TAT. Das legendäre Frankfurter Theaterlabor. Hg. von Bayerl, S., Braun, K. u. Schiedermair, U., S. 64.

[76]  Vgl.: Fischer-Lichte, E. u. Roselt, J.: Attraktion des Augenblicks – Aufführung, Performance, performativ und Performativität als theaterwissenschaftliche Begriffe. In: Theorien des Performativen. Paragrana. Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie. Hg. von Fischer-Lichte, E. u.Wulf, C., Band 10, Heft 1, S. 251.

[77]  Erika Fischer-Lichte (*25. Juni 1943): Theaterwissenschaftlerin, seit 1996 Professorin am Institut für Theaterwissenschaften an der Freien Universität Berlin.

[78] Fischer-Lichte, E. u. Roselt, J.: Attraktion des Augenblicks – Aufführung, Performance, performativ und Performativität als theaterwissenschaftliche Begriffe. In: Theorien des Performativen. Paragrana. Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie. Hg. von Fischer-Lichte, E. u.Wulf, C., Band 10, Heft 1, S. 246.

[79] Ebd., S. 244.

[80] Vgl.: https://www.deutschlandfunkkultur.de/50-jahre-publikumsbeschimpfung-von-peter-handke-peymann.1008.de.html?dram:article_id=356544, letzter Abruf 25.09.2021.

[81] Vgl.: https://www.bild.de/unterhaltung/aktuelles/skandalerfolg-publikumsbeschimpfung-im-tat1966-46167984.bild.html, letzter Abruf 25.09.2021.

[82] Literatur als Skandal. Fälle – Funktionen – Folgen. Hg. von Neuhaus, S. und Holzner, J.,  S.  12.

[83] Diese Sätze beziehen sich auf Alexander Tairow (* 06. Juli 1885, † 25. September 1950), der die Befreiung des Theaters von den Fesseln der Literatur forderte. Vgl.: Tairow, A.: Das entfesselte Theater. Köln, Berlin : Kiepenheuer & Witsch 1964.

[84] Roßbach, R.: Der Literaturskandal. Akteure, Verläufe und Gegenstände eines Kommunikationsphänomens, S. 68.

[85] Handke, P.: Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke, S. 96.

[86] Vanderath, J.: Peter Handkes Publikumsbeschimpfung: Ende des aristotelischen Theaters? In: The German Quarterly, S. 324.

[87] Defraye, P.: Provokation im Kontext soziokultureller Einflüsse. In: Literatur als Skandal. Fälle – Funktionen – Folgen. Hg. von Neuhaus, S. und Holzner, J., S. 406: „Zwar ist die Ästhetik des Stückes vom Bruch mit der Theatertradition und einem grundlegenden Sinn für Widerspruch geprägt, doch bestätigt es letztendlich gerade dadurch die herrschenden Konventionen […].“

[88] Ladenthin, V.: Literatur als Skandal. In: Literatur als Skandal. Fälle – Funktionen – Folgen. Hg. von Neuhaus, S. und Holzner, J., S. 21.

[89] Ebd., S.22.

[90] Handke, P.: Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms, S. 20.

[91] Vgl.: https://handkeonline.onb.ac.at/node/296, letzter Abruf, 25.09.2021.

[92] Defraye, P.: Provokation im Kontext soziokultureller Einflüsse. In: Literatur als Skandal. Fälle – Funktionen – Folgen. Hg. von Neuhaus, S. und Holzner, J., S. 402.

[93] Wolf Wondratschek (* 14. August 1943), deutscher Schriftsteller.

[94] Die Publikumsbeschimpfung. https://www.youtube.com/watch?v=1iq-rpEMHNc, TC 39:19-40:00.

[95] Vgl.: Ebd., TC 35:06-35:20: „Hier hier oben oben gibt gibt es es jetzt jetzt keine keine Ordnung Ordnung es es gibt gibt keine keine Dinge Dinge die die ihnen ihnen eine eine Ordnung Ordnung zeigen zeigen.“

[96] Braun, K.: Ein Autor, ein Regisseur und ein Theater werden entdeckt. Geschichte und Geschichten zu Peter Handkes ersten Stücken. In: Das TAT. Das legendäre Frankfurter Theaterlabor. Hg. von Bayerl. S., Braun, K. u. Schniedermair, U., S. 61.

[97] Vgl.: Defraye, P.: Provokation im Kontext soziokultureller Einflüsse. In: Literatur als Skandal. Fälle – Funktionen – Folgen. Hg. von Neuhaus, S. und Holzner, J., S. 403.

[98] Ebd., S. 404.

[99] Handke, P.: Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms, S. 44.

[100] Braun, K.: Ein Autor, ein Regisseur und ein Theater werden entdeckt. Geschichte und Geschichten zu Peter Handkes ersten Stücken. In: Das TAT. Das legendäre Frankfurter Theaterlabor, Hg. von Bayerl, S., Braun, K. u. Schiedermair, U., S. 63.

[101] Ladenthin, V.: Literatur als Skandal. In: Literatur als Skandal. Fälle – Funktionen – Folgen. Hg. von Neuhaus, S. und Holzner, J., S. 26.

[102] Roßbach, R.: Der Literaturskandal. Akteure, Verläufe und Gegenstände eines Kommunikationsphänomens, S. 13.

[103] Nägele, R.: Aspekte eines experimentellen Theaters. In: Colloquia Germanica,  S. 221.

[104] Handke, P.: Brief über Theater. In: Theater heute, 1967, H. 2, S.37.

[105]  Handke, P.: Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien. Berlin : Suhrkamp 2018.