Traian Pop Traian, der seit 1990 in Deutschland lebt, war in der literarischen Szene Rumäniens kein Unbekannter, gehörte Anfang der achtziger Jahre zu jener Generation junger Lyriker, die von der rumänischen Literaturkritik in Anlehnung an die Beat Generation in den USA als Generation 80 bezeichnet wurde.
Johann Lippet
Da sie sich aus Temeswar kannten, wies die Autorin Ioona Rauschan die KUNO-Redaktion schon frühzeitig auf diesen Tausendsassa hin. Es ist erfrischend, daß Traian Pop nicht in einem Literaturinstitut verbildet wurde, sondern über einen anderen Lebenslauf verfügt. Nach dem Abitur studierte er Elektrotechnik an der Polytechnischen Universität Timișoara (Temeswar). Schon während des Studiums in den 1970er Jahren, das er mit dem Ingenieursdiplom abschloss, war er als Toningenieur, Texter und Bühnenarbeiter bei Rock- und Jazz-Bands sowie am Deutschen Staatstheater Temeswar tätig und veröffentlichte – unter dem Pseudonym Traian Pop Traian, das er als Autor seitdem beibehalten hat – systemkritische Texte in studentischen und anderen Kultur- und Literaturzeitschriften. Er ist ein Mensch, der sich das Zaudern und Zweifeln, die renitente Weigerung zu radikaler Parteinahme und das Unbehagen vor Umbrüchen leisten konnte.
Der Verleger und Schriftsteller Traian Pop Traian fühlte sich irgendwann dazu verpflichtet, Gedichte wie das folgende zu schreiben:
„…du weiterhin die Blicke deiner Kollegen prüftest der Arbeiter /in deren Mitte du dich nicht sicher fühlen zu können glaubtest / gelähmt von der Angst einen Fehler zu machen / Verwirrung bei einem noch nicht abgeschlossenen Projekt / zu stiften // weshalb dich / ein Gefühl der Unruhe beschleicht / wenn deine Hand eine Zange einen Schraubenzieher packt / deine Hand die schöne Namen für Frauen Männer Kinder und Vögel zu formen weiß / deine Hand die heimlich von einer Revolution des Schreibens / träumt“
(Traian Pop Traian, 1989)
Anfänglich ist in Pops Lyrik noch eine affirmative Geste gegenüber dem Sozialismus lesbar, die sogar von utopisch-überschwänglichen Zügen nicht frei war. 1984 erschien der erste Gedichtband Timp interior (dt.: Innere Zeit) beim Facla Verlag in Temeswar, dem weitere Einzeltitel folgten. Es deutet sich in diesen Gedichten bereits an, was wir in Die 53. Woche wiederfinden, es bündelt sich in dieser Lyrik: Mensch und Masse, Ideologie- und Utopiekritik, Melancholie und Altern, Schreiben und Lesen, und anderes mehr. Das 1989 verfasste Theaterstück Minciunica în orasul piticotilor mincinosi (dt.: Minciunica in der Stadt der Lügenzwerge) in der Dramatisierung für das Puppentheater Temeswar wurde nach zehn Vorstellungen verboten. Traian Pop sieht die Risse in der sozialen Tektonik und beschreibt die Zerfallsprozesse einer Gesellschaft, die sich auf das Fälschen ihrer Wirklichkeit verlegt hat, er gilt ohne Vorbehalt als ›Rebell‹ der achtziger Jahre, als ›Zorniger‹, wenn nicht als Rädelsführer unter den rumänischen Poeten im Widerstand gegen die Diktatur. (Georg Scherg) Pop und seine Kollegen interessierten sich für unterschiedliche Wissensbereiche und insbesondere für Literatur, sie veranstalteten Theateraufführungen und lebten in einem ständigen kulturellen Enthusiasmus. Nach dem Sturz des Diktators Nicolae Ceaușescu war er von Ende 1989 bis Anfang 1990 Mitglied des ersten Redaktionsteams der neugegründeten Tageszeitung Cotidianul Timișoara.
Traian Pop, ein aufbegehrender Schriftsteller der Generation ’80, der Lyrik, Prosa, ›zornige‹ Dramen und Anti-Ceaușescu-Texte verfasst hat, meldet sich nun zurück nach einer Weile der Abwesenheit, die wir schmerzlich empfunden haben – wir alle, die Zeugen seines fulminanten Eintretens in die literarische Arena gewesen sind. Damals, in den Jahren des jungen Temeswarer Geistes.
Cornel Ungureanu
Nichts, was in der Poesie von Traian Pop keinen Platz fände: die eigene Biografie, da sind Orte, allen voran Kronstadt, und da ist die Dichtung, die zur poetologischen Reflexion herausfordert. Es geht um Herkunft, Heimat, die Identitätssuche des Autors. Er interessiert sich dafür, wie Körper und Sprache und Sprachkörper sich zueinander verhalten. Pop ist ein Autor, der erzählt und reflektiert, der biografische und topografische Räume eröffnet.
„Tut Dichtung eigentlich weh? Ist Schmerz nicht … fester Bestandteil eines Gedichts?“ fragt Traian Pop in seinem Stück Schöne Aussichten. Er versteht es, Landschaften zu evozieren und gleichzeitig das Ich in Relation zu ihnen zu setzen. Es geht um ein dialogisches Verhältnis, das Licht auf beide wirft, wobei die Wahrnehmung ebenso auf das Gesehene einwirkt wie das Gesehene auf das sehende Subjekt.
„Traian Pops Stück ist eine konsequent säkularisierte Tragödie, die Aufhebung des Tragischen im Komischen, im Absurden“, schreibt Ulrich Bergmann über Schöne Aussichten.
Das vorliegende Buch ist jedoch mehr als das historische Dokument einer nie verstummenden lyrischen Stimme von großer Kraft. Es ist in seinen lyrischen Dokumenten des Aufbegehrens gegen eine erstickende Ordnung die unverzichtbare Stimme literarisch-politischer Revolution. Ihr ist zuzuhören.
Georg Scherg (Über Die 53. Woche)
Nach Schöne Aussichten, einem Poem in drei Akten, ist auch Die 53. Woche auf Deutsch in der edition monrepos erschienen. Die Lyrik darin stammt aus den 1970er und 1980er Jahren aus Temeswar sowie im dritten Teil aus den 1990ern bis Anfang 2000. Seite für Seite entpuppt sich Pop als politischer und literarischer Nonkonformist. In dieser Zeit sind seine Gedichte von präzisen Beobachtungen, von einem minutiösen Sprachgestus und nicht selten von radikaler Zuspitzung geprägt. Der Autor hat sich bewußt eingemischt, hat stets die Finger in offene Wunden gelegt.
„Nach der Lektüre glaube ich zu verstehen, daß in Die 53. Woche Gedichte versammelt sind, die aus der Notwendigkeit heraus entstanden sind, der Hoffnungslosigkeit etwas entgegen zu setzen.“, schrieb die Lyrikkennerin Elke Engelhardt. Dieser Band beinhaltet Gedichte aus vier Jahrzehnten, chronologisch angeordnet, zunächst handelt es sich um nahezu ausschließlich in Temeswar entstandene Gedichte, später, ab den 1990er Jahren tauchen andere Orte auf. Daher ist Die 53. Woche auch eine Lebensreise.
„Partir, c‘est toujours un peu mourir.“ (Abreisen, das bedeutet immer auch ein wenig sterben.)
Alphonse Allais
Es scheint in den Gedichten von Traian Pop immer durch, was das Leben in Rumänien für seine Bürger auf die Dauer so unerträglich gemacht hat. Da ist zum einen der allgegenwärtige Mangel und die Beschneidung existentieller Freiheiten, die Securitate-Bespitzelung und das damit verbundene grassierende Misstrauen, die graue Tristesse im realsozialistischen Alltag und zum anderen der schwer zu ertragende Widerspruch zwischen dem in Politik und Medien gepflegten, hehren Selbstbild von Nicolae Ceaușescu, in einem auf dem Weg ins kommunistische Paradies sich wähnenden Landes und letztlich dem, was tatsächlich Tag für Tag von den nicht nur geografischen Grenzen als beengend empfindenden Menschen gelebt werden musste. In Timișoara, der größten Stadt des Banats, war es schon im November 1989 zweimal zu Unruhen gekommen, die jedoch sofort niedergeschlagen wurden. Die Fernsehprogramme Ungarns und Jugoslawiens konnten in Timișoara empfangen werden und wurden von Teilen der Bevölkerung, besonders innerhalb der ungarischen und serbischen Minderheiten, auch verstanden. Die Deutschen waren durch verwandtschaftliche Beziehungen über die Revolutionen in Osteuropa informiert. Das Zusammenleben der Ethnien war im Banat, anders als in Siebenbürgen, weitgehend spannungsfrei. Die rumänische Revolution von 1989 war kein Paneuropäisches Picknick, sondern eine Kette von Demonstrationen, Unruhen und blutigen Kämpfen, die vom 16. bis zum 27. Dezember 1989 in Timișoara, Bukarest und anderen rumänischen Städten stattfand. Sie führte zum Sturz und zur Hinrichtung des rumänischen Diktators Nicolae Ceaușescu und seiner Frau Elena Ceaușescu und zum Ende des realsozialistischen Systems in Rumänien. Der Weg durch den „Mankoismus“ fand ein Ende, 1990 emigrierte Pop mit seiner rumäniendeutschen Frau in die Bundesrepublik und nahm die deutsche Staatsbürgerschaft an. 2003 gründete er den Pop Verlag. Traian Pop scheut als Publizist kein heikles Thema. Er beschäftigt sich als Lyriker und als Verleger mit der Weite der Welt und den Grenzen der Toleranz. Diese unermüdliche Literaturarbeiter beschäftigt sich größtenteils im Alleingang mit der Verlegung vorwiegend rumäniendeutscher und rumänischer Autorinnen und Autoren in deutschen Übersetzungen. Herausgegeben werden auch die überregional anerkannte Zeitschrift Matrix und das regionale Bawülon.
Matrix ist der europäischen Idee verpflichtet. Sie will einem deutschsprachigen Publikum die vielfältigen Möglichkeiten von Kultur, Sprache und Literatur des europäischen Kontinents nahebringen. Sie ermöglicht Literaten und Künstlern aus ganz Europa, einander näher kennen zu lernen.
Traian Pop
Die Literaturzeitschrift Matrix hat sich zum Ziel gesetzt, junge Autoren zu entdecken und bedeutende Schriftsteller der Vergessenheit zu entreißen. Sie widmet sich der Prosa und in bemerkenswertem Umfang auch der Lyrik, in erster Linie der deutschsprachigen, der Blick geht aber auch über die Grenzen des deutschen Sprachraums hinaus, beispielsweise in den Osten Europas und in die USA. Weil sich diese Zeitschrift der Verteidigung des freien Denkens gewidmet hat, macht sie immer wieder auf verfolgte Schriftsteller aufmerksam. Vom Beginn weg setzte man auf sprachliche Qualität, thematische wie stilistische Breite sowie inhaltliche Originalität und erreichte so einen festen Platz in der internationalen literarischen Landschaft. Die Zeitschrift hat einen jeweiligen Umfang von rund 200 bis 300 Seiten. Aufsatz, Buchbesprechung, Erzählung, Essay, Feature, Gedicht, Interview, Romanauszug, Theaterstück, Übersetzung zu freien Themen bzw. thematischen Schwerpunkten werden in Kapiteln wie Atelier, Debüt, Rezensionen, Zeitgeschichte u. a. vorgestellt und ermöglichen so einen umfassenden Blick auf das zeitgenössische literarische Schaffen von Autoren des deutschen Sprachraums und darüber hinaus. In der Rubrik Die Welt und ihre Dichter werden Autoren aus den verschiedensten Ländern und Sprachgebieten vorgestellt. Schwerpunkte einzelner Ausgaben sind, beispielsweise, die Präsentation rumänendeutscher Schriftsteller wie Johann Lippet, Herta Müller und Horst Samson oder deutschsprachiger Literaten rumänischer Herkunft wie Papi oder Francisca Ricinski. Über die aktuelle, von einem universalen Konzept ausgehende Literatur hinaus widmet sich die Zeitschrift in der Matrix-Ausstellung in jeder Ausgabe einem zeitgenössischen künstlerischen Werk, das u. a. mit mehrfarbigen Abbildungen vorgestellt wird, oder Kunst-Ausstellungen, die in Wort und Bild vorgestellt werden. Kaum ein Literaturbereich, eine literarische Strömung, ein vielversprechender Name im zeitgenössischen Literaturleben, der nicht auch seinen Niederschlag in der Matrix gefunden hätte.
Dem Pop Verlag in Ludwigsburg ist für das großzügige Angebot zu danken, diese rund um die Gedichte von Friederike Mayröcker angelegte Sammlung von Wörtern und Bildern als Querschnitt zeitgenössischen künstlerisch-literarischen Schaffens mit tatkräftiger Unterstützung von Christel Fallenstein edieren zu können.
Theo Breuer
In der Ausgabe Matrix 24 (2/2011) versucht Theo Breuer im Essay ich bin 1 Bettlerin des Wortes · Notizen zu Friederike Mayröckers Werk nach 2000 aufzuzeigen, in welch rasantem Tempo Friederike Mayröcker nach 2000 „durch die Kurven von Sprache und Wörtern braust“. Die leidenschaftliche Leichtigkeit, die der Rezensent bei der Lektüre von Mayröckers zwischen Berauschung und Melancholie, Mnemosyne und Traum, Eros und Thanatos schwingender Lyrik und Prosa empfinde, wirkt auf den Rezensenten geradezu atemberaubend. In seinem überaus euphorischen Essay – Überschwemmt, die Lust am Taumel –, der sein Beitrag zur Friederike-Mayröcker-Edition in Matrix 28 ist, wirft Breuer einen Blick auf das gesamte Werk, dessen Lyrik- und Prosabücher. Matrix 28 ist die mit 294 Seiten bis dahin umfassendste Ausgabe, mit einem von Theo Breuer edierten Friederike-Mayröcker-Schwerpunkt auf 254 Seiten, zu dem neben Friederike Mayröcker Autoren und Künstler wie Ilse Aichinger, Hans Bender, Michael Donhauser, Ulrike Draesner, Elke Erb, Zsuzsanna Gahse, Bodo Hell, Gerhard Jaschke, Axel Kutsch, José F. A. Oliver, Marlene Streeruwitz, Ulrich Tarlatt, Peter Weibel, Linde Waber, A.J. Weigoni u. v. a. Wort und Bild beisteuerten.
In 2011 stellte Traian Pop als zweiten Pfeiler der die Literatur in ihrer grenzenlosen Gesamtheit in den Blick nehmenden Literaturzeitschrift Matrix das auf die Literatur des Landes Baden-Württemberg fokussierte Magazin Bawülon (Untertitel: Süddeutsche MATRIX für Literatur und Kunst) zur Seite, das in Konzeption und Gestaltung mit der Matrix vergleichbar ist. Im Editorial der ersten Ausgabe hält der Herausgeber fest: Die neue Zeitschrift BAWÜLON wird kein Babylon der Unzucht und der Sünde sein, auch nicht der verstörenden und zerstörenden Sprachverwirrung, sondern ein Ort der Mehrstimmigkeit, der Kontroversen in poesia.
Es gibt nichts, was sich die Literaturzeitschriften „Matrix“ und „Bawülon“ nicht zu thematisieren wagen. Und das ist gut so!
Einfühlsamer Autor, fürsorglicher Verleger und großartige Netzwerker
Der die Idee Johann Wolfgang Goethes von einer grenzüberwindenden, einander ergänzenden und fördernden ›Universalliteratur‹ in die Tat umsetzende Verlag veröffentlicht zeitgenössische Literatur europäischer und außereuropäischer Autoren in deutscher Sprache bzw. zweisprachigen Ausgaben. Neben albanischer, amerikanischer, bulgarischer, chinesischer, englischer, französischer, georgischer, italienischer, mongolischer, neuhebräischer, polnischer, rumänischer, serbischer, sorbischer, russischer, türkischer und vietnamesischer Literatur erscheinen – zweisprachig edierte – Bücher in einer von wenigen Menschen nur noch gesprochenen Sprache wie Aromunisch. Eine der ersten Veröffentlichungen war eine Anthologie zeitgenössischer Dichtung aus Frankreich und Deutschland. Inzwischen finden sich im Verlagsprogramm neben Gedichtbüchern Erzähl- und Essaybände, Romane, (literarische) Kochbücher, Kriminalromane, Musikbücher, Reiseliteratur, Monografien, Tagebücher und Theaterstücke, die in den jeweiligen Reihen herausgegeben werden. Lag in den ersten Jahren der verlegerische Schwerpunkt auf dem Genre der Lyrik, liegt die Zahl der veröffentlichten Prosabücher mittlerweile gleichauf.
Als Verleger zeigt Traian Pop ein gutes Gespür für starke Manuskripte: Mit Büchern wie Francisca Ricinskis lyrischer Prosa Auf silikonweichen Pfoten, Ioona Rauschans Roman Abhauen oder Theo Breuers Gedichtbuch Das gewonnene Alphabet (um nur drei Titel aus einem reichhaltigen Programm herauszugreifen) sind ihm Publikationen gelungen, die in ihrer Eindringlichkeit zeigen, wie unverzichtbar Literatur für die Gesellschaft ist. Literatur ist nicht nur Dekor des Lebens, das neue Gesellschaftsmodell benötigt neue Literaturformen. Über Verfremdungen drückt Literatur die Befindlichkeiten, Wünsche, Hoffnungen und Befürchtungen der Menschen aus. In Zeiten tiefgreifender Veränderungen verschwimmen deshalb auch die Grenzen zwischen den so genannten Literaturproduzenten und dem sogenannten Publikum. Wie ein roter Faden ziehen sich die Bücher von Johann Lippet, Horst Samson, Dieter Schlesak und Rainer Wedler durch das Verlagsprogramm. Diese Autoren haben den Verlag von Beginn an begleitet und mit zahlreichen Lyrik- und Prosabüchern bereichert, in denen mitteleuropäische Geschichte – vornehmlich des 20. Jahrhunderts – aufgearbeitet, erinnert, fiktionalisiert, poetisiert, verlebendigt und so im individuellen und gesellschaftlichen Bewusstsein gehalten wird.
Der Herausgeber mag nach eigenen Angaben keinen Exhibitionismus, aber er hat zuweilen trotzdem das Bedürfnis, die Kleider seines bescheidenen Ich einmal fallen zu lassen.
Eitelkeiten sind Traian Pop fremd. Er sagte über sich selbst, daß er seinem Verlag keinen Stil aufdrücken will, daß er sich immer mehr als Verleger versteht, seine Autorinnen und Autoren sollten im Mittelpunkt stehen, und sie dankten es ihm mit herausragenden Beiträgen. Sein bescheidenes Ich, hat sich so ver-rückt, als Autor, Redakteur, Kolumnist – und was er sich sonst erträumt hat in seiner parallelen Welt – erneut vorstellig zu werden. Weil er, wie er so oft gesagt, zu danken hat, „dass es ihm erlaubt ist, dabei zu sein“. Und der Kontakt zu seinen Autoren und Mitarbeitern scheint über all die Jahre bestens zu funktionieren.
Der typische Zander-Sound seiner Gedichte war lakonisch und ironisch-pointiert.
Gerd Sonntag
„Ich habe zu Max Zanders Gedichten nie etwas geschrieben“, schrieb mir der Autor (Theo Breuer, die Redaktion), als Pop eine „Umfrage“ zu Zander gemacht hat. Und Breuer weiter:
„Wir haben seit vielen Jahren etwa einmal im Monat stundenlange telefonische Literaturgespräche geführt. Wenige Wochen vor seinem Tod wollte ich – gleichsam außer der Reihe – über die Möglichkeit einer ihm gewidmeten Matrix-Ausgabe sprechen, wozu es allerdings nicht einmal ansatzweise kam. Es ging ihm gesundheitlich schlecht, und er meinte:
,Theo, ich rufe Dich an, sobald es mir besser geht.‘ Das war oft so gewesen in den letzten Jahren, und ich wünschte ihm, nicht ahnend, dass es das letzte Mal war, dass wir miteinander sprachen, gute Besserung. Das war‘s. Zwei Wochen später erhielt ich die Nachricht vom Tod meines Freundes Maximilian Zander. Umso mehr freue ich mich, dass Du diese Ausgabe nun machst.“
„Maximilian Zander, der uns mit seinen Gedichten und Aphorismen seit Jahren begleitet, hat mir mehrmals Autoren vorgeschlagen für den Schwerpunkt der einen oder anderen Ausgabe. Eine davon habe ich quasi persönlich genommen, aber der vorgeschlagene Autor wollte nichts davon wissen und drohte mir die Redaktionskreis zu verlassen, falls etwas in der Richtung unternehme. Über eine „Zander“ Ausgabe traute ich mich nie, ihn anzusprechen.“
Mir bleibt nur festzustellen, dass er etwas geahnt hat und eine solche Besprechung vermeiden wollte.“
Der Dichter und Verleger Traian Pop Traian kommt aus dem Ovid-Land Rumänien. Sein in Ludwigsburg beheimateter Pop Verlag gibt seit 2003 Büchern zu Ostmitteleuropa ein brillantes Forum.
Künstlergilde Esslingen
Jemand, der seinen Kolleginnen und Kollegen Geltung verschafft, hat es verdient, daß man ihm auch eine gebührende Achtung entgegenbringt. 2021 wurde der Andreas Gryphius-Preis an den Schriftsteller und Verleger Traian Pop verliehen und damit sein Gesamtwerk gewürdigt. Dieser Preis, wie wir uns erinnern, ist benannt nach dem schlesischen Barock-Dichter – ein vielsprachiger Poeta doctus – vor ihm wurde dieser Preis an so bedeutende Dichter wie Reiner Kunze, Rose Ausländer, Siegfried Lenz, Andrzej Szczypiorski oder Jiri Grusa verliehen. Mit seinen sprachgewaltigen Sonetten, welche das Leiden, Gebrechlichkeit des Lebens und der Welt beinhalten, gilt Andreas Gryphius als der bedeutendste Lyriker des deutschen Barocks. Eine durchaus stimmige Verwandtschaft zum Dichter und Verleger Traian Pop, der – wie die Künstlergilde Esslingen so treffend anmerkt – aus dem Ovid-Land Rumänien kommt, die man auch die „weiche Harfe am Schwarzen Meer“ nennt. Der Autor und Verleger arbeitet aus dem Geist von Gryphius und Ovid in der Erkenntnis, daß die Republik der Sätze die Literatur ausmacht. So sah es auch der Düsseldorfer Heinrich Heine, der im transitorischen Heimatland der Dichtung sein unverlierbares Obdach erkannte. Auch Pop ist ein Moralist, doch statt Meinungen serviert er uns entlarvende Zitate, überraschende Wiederholungen und Lücken, in denen sich die Abgründe des Kulturbetriebs auftun. Seine Narration ist von einer traumwandlerischen Sicherheit. Er übt auf den Leser eine Autorität aus, die in auffälligem Widerspruch zu der Fragilität steht, mit der der Autor uns in seinen Selbstauskünften gegenübertritt. Auch das Land zwischen dem Karpatenbogen und der Pannonischen Tiefebene kann mit dem imponierenden Werk des Schriftstellers und Verlegers Traian Pop durch die Bücher seines Verlages und die die Literaturzeitschriften „Matrix“ und „Bawülon“ entdeckt werden. Er schlägt eine Brücke von Glogau und Breslau nach Temeswar, der EU-Kulturhauptstadt im kommenden Jahr.
Möge dem Verleger und Schriftsteller Traian Pop Traian ein langes Leben beschieden sein. Die Literaturszene kann fürsorgliche Menschen wie ihn mehr denn je gebrauchen.
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Empfehlenswerte Einzeltitel von Traian Pop in deutscher Übertragung:
Schöne Aussichten. Poem in drei Akten, fünf Bildern und einem Prolog. Aus dem Rumänischen übertragen von Edith Konradt und Horst Fassel. Verlag im Wald, Rimbach 2005
Die 53. Woche. Gedichte. Aus dem Rumänischen übertragen von Gerhardt Csejka, Horst Fassel, Edith Konradt, Johann Lippet und Dieter Schlesak. Pop Verlag, Ludwigsburg 2013
Bleierne Flügel. Gedichte und Bilder. Mit Liviu Tulbure. Aus dem Rumänischen übertragen von Gerhardt Csejka, Horst Fassel, Edith Konradt und Johann Lippet. Pop Verlag
Absolute Macht. Roman(z)e(n) aus einem vertraulichen Tagebuch. Roman(ţ)e dintr-un jurnal discret. Gedichte. Zweisprachige Ausgabe Rumänisch / Deutsch. Übertragen von Gerhardt Csejka, Horst Fassel, Edith Konradt, Johann Lippet, Horst Samson, Georg Scherg und Dieter Schlesak. Pop Verlag, Ludwigsburg 2018