Quitt

Auszug

Die Kirche war noch nicht aus, aber die alte Frau Menz und ihr Sohn Lehnert – ein schlanker, hübscher Mensch von siebenundzwanzig Jahren, dem man, auch ohne seine siebziger Kriegsdenkmünze (neben der übrigens auch noch ein anderes Ehrenzeichen hing), den gedienten Soldaten schon auf weite Entfernung hin angesehen hätte – hatten den Schluß des Gottesdienstes nicht abgewartet. Sie saßen bereits draußen auf einem großen Grabstein, zu dessen Häupten eine senkrecht stehende Marmorplatte mit einer „Christi Himmelfahrt“ in Relief in die dicht dahinter befindliche Kirchhofsmauer eingelassen war. Der Sohn, der schon während einer ganzen Weile mit der Kante seiner Stiefelsohlen allerlei Rinnen in den Sand gezogen hatte, war augenscheinlich verstimmt und vermied es, die Mutter anzublicken, die ihrerseits ängstlich vor sich hin sah und darauf wartete, daß der Sohn reden solle. Dazu kam es aber nicht, und so hörte man denn nichts als die letzte Liederstrophe, die drinnen eben gesungen wurde. Sonst war alles still. Der grelle Sonnenschein lag auf den Gräbern, die Schmetterlinge flogen dazwischen hin und her und über dem Ganzen wölbte sich der tiefblaue Himmel und versprach einen heißen Tag.

Endlich nahm die Mutter ihres Sohnes Hand. Er zog sie aber unwirsch wieder zurück und sagte: „Ach, laß, Mutter! Du meinst es gut. Aber was hab’ ich davon? Eigentlich bist Du doch schuld an allem, weil Du nicht weißt, was Du willst, und es auch nie gewußt hast. Auf Paschen und Wildern hast Du mich erzogen und wenn’s dann schief geht und Du’s mit der Angst kriegst, dann steckst Du Dich hinter Siebenhaar und jammerst ihm was vor, und der soll dann mit einem Mal einen Heiligen aus mir machen.“

„Du weißt ja doch, Lehnert, was er alles für Dich gethan hat.“

„Weiß alles. Aber er darf mich nicht anpredigen, und wenn er’s thut, so darf er nicht nach mir hinsehen, daß auch der Dümmste merken kann, wen er meint. Das darf er nicht, und wenn ich ihn sehe, dann sag’ ich’s ihm auch.“

„Er will Dich sprechen nach der Kirche.“

„Da haben wir’s. Also wieder abgekartet. Dacht’ ich’s doch. Ach Mutter, Du quälst mich und richtest nichts Gutes damit an.“

In diesem Augenblicke schwieg es drin und statt des Gesanges der Gemeinde hörte man nur noch das Nachzittern der Orgel und bald danach den eigenthümlichen Klapperton, mit dem die Pfennigstücke der einzeln und in Gruppen aus der Kirche Kommenden in die dicht an der Kirchenthür ausgestellte Sammelbüchse fielen.

Und nun kamen auch die Leute selbst und gingen an dem Grabstein vorüber, auf die weit offenstehende kaum dreißig Schritt entfernte Kirchhofspforte zu, wobei sie der Frau Menz und ihrem Sohne freundlich zunickten; aber ehe sie noch den Ausgang erreicht hatten, erschien auch schon im Gesichtskreis der nach wie vor auf dem Grabstein Sitzenden ein breitschultriger und kurzhalsiger Mann von Mitte dreißig, dessen Stutzhut und hechtgrauer Rock mit grünen Rabatten, des Hirschfängers ganz zu geschweigen, über seinen Beruf keinen Zweifel lassen konnten. Vorn, im zweiten Knopfloch, an einem absichtlich nicht allzu kurzen Bande, trug er das Eiserne Kreuz, das sich, eben weil das Band zu lang war, bei jedem Schritt in herausfordernder und jedenfalls in respekterwartender Weise hin und her bewegte. Der ganze Mann ein Bild von Selbstbewußtsein und Hochmuth!

„Guten Tag, Herr Förster,“ sagte Frau Menz und stand rasch auf, um ihm einen Knix zu machen.

Der Förster Opitz nickte kurz, streifte Lehnert, der sich nicht gerührt hatte, mit einem Blick und ging dann weiter.

„Was bliebst Du nicht sitzen, Mutter? Warum hast Du geknixt? Er kam, er mußte grüßen, nicht Du. Aber das ist immer die alte Geschichte mit Dir. Du hast nur zwei Gedanken: Angst und Vortheil, und hast keinen Stolz und keine Ehre. Du bist noch ganz aus der Kriechezeit. Und nun gar kriechen vor dem, vor solchem Schubbejack! Ist er denn Dein Herr? Unser Feind ist er, weiter nichts. Gott sei Dank, er fürchtet sich vor mir. Aber ich wollt’ es ihm auch rathen! Er kennt mich noch vom Görlitzer Scheibenstand her und weiß, ich hab’ eine sichere Hand und ein gutes Auge.“

„Sei doch still, Junge! Du red’st Dich noch ins Gericht. Und wenn Du durchaus reden willst, so rede nicht so laut. Es kann’s ja jeder hören.“

„Solls auch!“

Er hätte wohl noch weiter gesprochen, wenn nicht in eben diesem Augenblicke der alte Pastor Siebenhaar in Person von der Kirche her den Kirchhofsgang heraufgekommen wäre, neben ihm der Küster, zu dem er leise sprach.

Und jetzt erhob sich auch Lehnert.

„Ich möchte Dich noch sprechen,“ sagte der Alte, während er Lehnert im Vorübergehen die Hand reichte. „Komm in einer Viertelstunde! Das heißt, so Dir’s beliebt.“ Und mit einem freundlichen Blick, der Lehnert zu Herzen ging, schritt der Alte weiter, erst auf die Pforte und dann, etwas rechts abbiegend, auf das hinter einer Reihe verschnittener Linden gelegene Pfarrhaus zu.

 
 
2.

Lehnert setzte sich nach dieser flüchtigen Begegnung wieder. Sonst, wenn der Gottesdienst aus war, ging er mit seiner Mutter in den nahen Kretscham hinüber, um erst eine Stonsdorfer und hinterher einen „Grünen“ oder auch wohl einen Ingwer zu trinken. Heut aber war ihm nicht danach zu Muthe. „Laß uns sehen, Mutter, wie das Grab aussieht!“ sagte er.

Er meinte das seines Vaters, und während er so sprach, nahm er der alten Frau Arm und ging mit ihr den langen Hauptgang hinauf, bis sie vor einem gut gepflegten Grabe standen, an dem nur die halb verwaschene Inschrift erkennen ließ, daß der Todte schon seit lange hier liegen müsse. Die Jahreszahl bestätigte das auch. „Hier ruhet in Gott Anton Menz, Stellmacher und Schreiner zu Wolfshau bei Krummhübel, geb. 13. März 1821, gest. 17. August 1859. Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.“

Lehnert faltete die Hände, als er die Worte las; wie er aber sah, daß die Alte nach ihrem Sacktuch suchte, riß er die Hände gleich wieder auseinander und sah ärgerlich weg, weil er wußte, daß alles bloß Schein und Komödie war und die Alte nur weinte, weil sie weinen wollte. Sie steckte denn auch das Tuch wieder ein und bückte sich, um eine große gelbe Studentenblume zu pflücken.

„Das war seine Lieblingsblume,“ sagte sie.

„Weißt Du das gewiß, Mutter? Ich habe noch keinen Menschen gekannt …“

In diesem Augenblicke schlug die Thurmuhr ein Viertel und Lehnert unterbrach sich mitten im Satz. „Es ist Zeit,“ fuhr er fort, „ich kann den Alten nicht warten lassen und muß nun hin und mir meine Litanei holen. Als ob ich in der Kirche nicht schon genug gehabt hätte! Willst Du hier auf dem Kirchhof warten oder gehst Du lieber gleich nach Hause? Eine Weile wird es in der Pastorstube doch wohl dauern, Siebenhaar ist nicht immer der kürzeste. Oder willst Du lieber nach dem Kretscham hinüber und Dir bei Pohl einen Ingwer geben lassen?“

Die Alte verschwor sich gegen den Kretscham und den Ingwer; ihr sei heute so andächtig wie lange nicht, und so wolle sie denn lieber gleich nach Hause. Da sei sie doch am liebsten und am nöthigsten. Opitzens Christine hab’ ihr freilich versprochen, in der Küche nach dem Rechten zu sehen, aber vielleicht habe die gute Seele selber alle Hände voll zu thun.

Und so verließen sie denn gemeinschaftlich den Kirchhof.

Als sie draußen vor der Pforte waren, mußte die Alte, wenn sie nach Krummhübel und Wolfshau zurück wollte, scharf nach links hin abbiegen, sie ließ sich’s aber nicht nehmen, ihren Sohn erst noch bis zum Pfarrhaus, das nach der entgegengesetzten Seite hin lag, zu begleiten, wo sie vorsichtig wartete, bis er eingetreten und im Flur verschwunden war. Dann aber steuerte sie sofort mit einem geschickten kleinen Umwege nach dem Kretscham hinüber, um sich hier den Ingwer geben zu lassen, den sie, „weil ihr heute so andächtig sei“, vor wenig Minuten erst abgelehnt hatte. –

Lehnert stand inzwischen auf dem kühlen Fliesenflur und wartete, denn niemand erschien, trotzdem die Klingel zweimal an geschlagen hatte. Die Hofthür, hinter der ein alter Nußbaum stand, war weit auf und das Summen einer Wespe, die sich vom Hof her in den Flur verirrt hatte, war das einzige, was die Stille unterbrach. Endlich kam die Magd und sagte, sie wisse schon, er möge nur eintreten.

Das that er denn auch.

Es war „des Alten“ Studierstube, die Lehnert von seinen Kindertagen her kannte. Das Christusbild, mit Friedrich Wilhelm III. und dem Kronprinzen zur Linken und Rechten, hing noch gerade so schief wie vor vierzehn Jahren, als er hier, wöchentlich zweimal, auf einer wackligen Konfirmandenbank gesessen hatte. Alles genau wie damals und nur die Dielen noch etwas ausgehöhlter.

Lehnert hatte so seine Betrachtungen, kam aber nicht weit damit, denn in der nächsten Minute schon trat der Alte, der mittlerweile seinen Talar abgelegt und einen Imbiß genommen hatte, von der Nebenstube herein und ließ sich in einen vor seinem Schreibtisch stehenden Polstersessel nieder.

„Ja, Lehnert,“ hob er an, „es ist das alte Lied. Deine Mutter hat sich wieder über Dich beklagt.“

„Ach, Herr Prediger …“

„… Und daß Du wieder Deine Tobsucht hast und nichts wie bittere Worte sagst und ihm, ich meine natürlich Deinen Nachbar Opitz, den Tod an den Hals wünschest und fluchst und Dich verschwörst, daß er dran glauben solle. Lauter gotteslästerliches dummes Zeug, für das Du viel zu klug, und ich muß Dir das nachsagen, auch eigentlich viel zu gut bist. Ich begreife Dich nicht. Du hast doch einen guten Verstand und hast die gute Schule gehabt, und wenn ich auch weiß, daß man nicht immer nach dem Worte Gottes lebt, so kennst Du’s doch und darfst nicht so sprechen, als ob Du’s nicht kenntest und als ob es gar nicht da wäre. Du weißt recht gut, daß es da ist, und weißt auch recht gut, daß Gottes Wort heilig ist und daß es das Klügste und Beste ist, seine Gebote zu halten. Aber Du redest drauf los wie ein Heide und Türke …“

„Ach, Herr Prediger …“

„Wie ein Heide und Türke, sag’ ich, und thust es nicht bloß zu Haus und in Deinen vier Pfählen, Du sagst es auch jedem, der’s hören will, und wenn Du Dich müde gesprochen und keine Worte mehr gegen ihn finden kannst, dann bindest Du mit dem Grafen an, dem guten gnädigen Herrn, von dem Du doch weißt, wie nachsichtig er ist, und hältst ihm vor, daß er was Besseres thun könne, als solchen Großthuer und Menschenquäler in die Försterei zu setzen, und daß es kein gutes Ende nehme.“

Lehnert nickte.

„Nun siehst Du, Du nickst und hältst es nicht ’mal für nöthig, ,nein’ zu sagen und Deinem alten Freund und Lehrer, von dem Du weißt, daß er’s gut mit Dir meint, mit einer Entschuldigung oder so was Aehnlichem entgegenzukommen. Du bist geblieben, wie Du schon warst, als Du hier mit Deinem blonden Krauskopf auf der Konfirmandenbank saßest. Das krause Haar haben sie Dir bei den Soldaten weggekämmt, aber den krausen Sinn haben sie Dir nicht wegschaffen können, Du bist ein Trotzkopf, voll Selbstgerechtigkeit, und glaubst, alles am besten zu wissen. Und nun liest Du auch noch allerlei dumme Blätter, in denen hochmüthige Schulmeister und verlogene Winkeladvokaten ihre Weisheit zu Markte bringen, und redest hier in den Kretschams herum von Freiheit und Republik und dem glücklichen Amerika. Lehnert, Lehnert, dazu bist Du mir viel zu schade! Sieh, Junge! aus Dir hätt’ eigentlich was Ordentliches und was ganz Gutes werden müssen, und nun verthust Du Deine Zeit mit schlechter That und schlechtem Wort. Ich lebe nun hier seit Anno 29 und noch zwei Jahre, dann hab’ ich mein Jubiläum und ich darf wohl sagen, ich kenne Euch und weiß, daß Euch allen der Pascher und Wilddieb von Kindheit an im Leibe steckt. Das wird Euch so gleich mit in die Wiege gelegt und so nehmt Ihr’s als Euer gutes Recht und wenn Ihr einen Grenzer oder Förster über den Haufen schießt, dann ist es nicht Mord, dann ist es Nothwehr. Ich weiß das alles und find’ es traurig genug. Aber ich finde mich darin zurecht, das heißt, mißversteh’ mich nicht, ich finde mich darin zurecht, weil ich die schwache menschliche Natur kenne, der es schwer wird, der Versuchung und der Sünde, die heute so ist und morgen so, zu widerstehen. Aber daß Ihr das alles in der Ordnung findet, daß Ihr thut, als ob das Gesetz sich gegen Euch versündige, sich, das ist das Traurige. Und daß Du die Dummheit mitmachst und auch so sprichst, als ob der Opitz ein Scheusal und eigentlich nicht viel besser als der Gottseibeiuns wäre, das thut mir leid. Und nun sprich und sage was Vernünftiges. Aber erst trink ein Glas Wein mit mir! Es ist heiß und die Zunge klebt einem am Gaumen.“

Der Pastor trank auch wirklich ein Glas; Lehnert aber dankte.

„Nun gut, dann setz’ Dich wenigstens. Und dann sage mir, was Du zu sagen hast.“

„Ach, Herr Prediger, Sie wissen ja, wie’s liegt, und wissen auch, wir sind nicht so schlimm, ich schon gewiß nicht. Ich war bei den Soldaten und weiß, was gehorchen heißt, und es ist gar kein vernünftiger Mensch, der gegens Gehorchen ist. Denn das hält alles zusammen. Und so muß auch das Gesetz sein. Aber die Menschen, ja, Herr Pastor, die Menschen, die machen den Unterschied und wenn die nichts taugen, dann ist es schlimm. Das weiß ich auch noch von den Soldaten her und ich darf wohl sagen, und ich hab’ es schriftlich in meinen Attesten, ich war ein guter Soldat. Aber auf die, die den Befehl haben, auf die kommt es an, und was giebt es nicht für Vorgesetzte! Da muß man antreten mit Gepäck und zwei Stunden auf dem Hofe nachexerzieren, und die Sonne brennt und sticht, und wie man sich quälen mag, der Paradeschritt taugt nichts, die Griffe bleiben falsch und wenn sie noch so richtig wären; immer wieder ’ran, immer wieder vor, und dann einen Stoß unters Kinn und Verwünschungen und Drohungen, ,daß man’s wohl noch bis zum Zuchthaus oder bis zum Baugefangenen bringen würde’. Ja, Herr Pastor, solch ein Unteroffizier – und es giebt solche – verlangt auch Gehorsam und findet ihn auch, aber wenn’s dann paßt, dann stellt man ihm ein Bein oder schafft ihn über Eck. Und die, die das thun, die sind nicht gegen Gehorsam und Disciplin, die sind bloß gegen den Unteroffizier. Und was mich angeht, Herr Prediger, ich bin nicht gegen das Gesetz, auch wenn ich’s nicht immer halte, ich bin bloß gegen den Opitz, diesen Schuft und Schelm, diesen Saufaus und Menschenschinder.“

Siebenhaar lächelte. „Da haben wir’s wieder, ganz wie ein Puter, wenn er den rothen Lappen sieht. Du willst Person und Sache trennen. Aber geht das, hast Du ein Recht dazu?“

„Ich meine ,ja’, Herr Pastor. Sie wissen, daß ich zwei Monat drüben in Jauer war, wie’n Verbrecher, unter lauter Gesindel. Und das verdank ich ihm.“

„Er hat Dich angezeigt. Das war seine Pflicht.“

„Er hat mich angezeigt, das war seine Lust. So liegt es. Er ist immer lustig dazu, bei jedem; aber doppelt bei mir, denn wir sind alte Feinde, noch von den Soldaten und vom Kriege her. Ich kenn’ ihn, Herr Pastor; er ist ein schlechter Kerl, und so lang [23] ich denken kann, hat er mich gequält. Er war mein Oberjäger und kein gutes Wort hat er mir je gegönnt. Immer hart, immer roh, und nur wenn’s in die Schlacht ging, war er wie’n Ohrwurm. Es giebt eben Kugeln, die sich verirren. Und dann, Herr Pastor, wenn er nicht gewesen wär’, so hätt’ ich das Kreuz. Aber er hat dagegen gesprochen. Und was hat er gesagt? Ich taugte nichts, ich wäre frech und übermüthig und man könne nicht jedem das Kreuz geben, der ein paarmal aus einem Fenster geschossen habe, bei guter Deckung. Wahr und wahrhaftig, ,bei guter Deckung’, so hat er gesagt, der schlechte Kerl. Und er war gar nicht einmal dabei. Ich will nicht sagen, daß er feig ist, nein, feig ist er nicht, aber ein Neidhammel ist er. Und was dann nachher kam, ich meine das vorige Jahr, nun das weiß der Herr Pastor. Von Unschlitt und Schimmelbrot will ich leben, wenn ich’s dem Kerl verzeih, daß er mich belauert und an die Grenzaufseher verrathen hat, und daß sie mich nach Jauer abgeliefert haben. Und warum? Um ein Stück Reichenberger Tuch, nicht der Rede Werth! Immer hat er mir den Weg gekreuzt. Hol ihn der Teufel!“

Siebenhaar drohte halb scherzhaft mit dem Finger. Lehnert, aber trat an den Alten heran und bat in einem Tone, drin sich Ernst und gute Laune die Wage hielten, um Entschuldigung.

„Ich will Dir den ,Teufel’ zu gute halten, Lehnert, wiewohlen man ihn nicht anrufen soll. Aber versprich mir dafür, Friede zu halten. Ich weiß nicht, ob Opitz Dir unrecht gethan hat mit dem Kreuz, aber wenn es auch wäre. Du mußt es vergessen.“

„Will’s versuchen.“

„Versprichst Du’s ernsthaft? Hab’ ich Dein Wort?“

„Ja! Aber wenn er wieder anfängt …“

„Er wird nicht. Ich werde mit ihm sprechen und Du sollst Bescheid haben. Vielleicht bald. Und dann komm ich selbst.“

 

 

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Weiterführend

In 2022 widmet sich KUNO der Kunstform Novelle. Wir gehen davon aus, daß es sich bei dieser literarischen Kunstform um eine kürzere Erzählung in Prosaform handelt, sie hat eine mittlere Länge, was sich darin zeigt, dass sie in einem Zug zu lesen sei. Und schon kommen wir ins Schwimmen. Als Gattung läßt sie sich nur schwer definieren und oft nur ex negativo von anderen Textsorten abgrenzen. Daher stellen wir in diesem Jahr alte und neue Texte vor um die Entwicklung der Gattung aufzuhellen.