Eine der wichtigsten deutschen Bands aller Zeiten
(Spex)
Ein besseres Placebo konnte es nicht geben „Family 5“ waren kein Ersatz für die „Fehlfarben“, aber eine charmante Lokalband aus dem Dorf an der Düssel. Ursprünglich nur als ironischer Verweis auf eine aktuelle Musikmode (Funk, Salsa) gedacht, veröffentlichte das Label Schallmauer Ende 1981 eine 12″ mit dem Titel Bring deinen Körper auf die Party. Dieser Titel findet sich auch auf dem sinnvoll zusammengestellten Album „Ran! Ran! Ran! – The Best Of Family*5 Vol. 1“. Diese von Xao Seffcheque sorgfältig zusammengestellte Kompilation enthält 14 Songs, die er aus dem 40jährigen Bandbestehen ausgewählt hat. Wir hören eine Mischung aus Punk und Soul und Funk, zwischen Dexys Midnight Runners und Flamin Groovies. Nach Auskunft des Labels lässt diese Zusammenstellung keine Wünsche, allerdings noch Fragen offen:
Ist Xao Seffcheque der beste Rhythmus-Gitarrist westlich des Rheins?
Und haben die F*5 Bläsersätze tatsächlich „soviel Energie, dass sie locker den Atomausstieg hätten kompensieren können?“ (Spex).
Diese Fragen werden auf dieser Zusammenstellung geklärt. Mehr noch, so lässig und tiefenentspannt hätten sich die Fehlfarben möglicherweise angehört, wäre Peter Hein 1981 nicht ausgestiegen. Family*5 brachte am Anfang ausschließlich Singles und EPs heraus, auf denen sich mit Titeln wie Der lange Weg nach Derendorf oder Japaner in Düsseldorf befanden (leider nicht hier enthalten). Seffcheque war ein IMI, ein imitierter Rheinländer, er wurde in Graz/Österreich geboren, im November 1977 zog er nach D-Dorf um, wo er sich der Musik-Performance-Gruppe „padlt noidlt“ anschloss. Ende der 1970er Jahre trat er als Autor für das Musikmagazin Sounds und die vom Rowohlt veröffentlichte Buchreihe Rock-Session in Erscheinung, wo er humorvoll über die aufkeimende Neue Deutsche Welle in Deutschland berichtete.
Punk macht dicken Arsch
Sein Plattendebüt hatte er 1980 mit Deutschland nicht über Alles. Die 10-Zoll-LP erregte aufgrund ihrer geringen Verbreitung jedoch kaum Aufmerksamkeit. Einen ersten Achtungserfolg hatte er noch im selben Jahr mit dem Album Sehr gut kommt sehr gut, das als angeblicher Sampler mit Titeln von Kraftwerk, DAF und Der Plan aufgemacht war, die er jedoch alle selbst eingespielt hatte. Die auf dem Label Schallmauer-Records erschienene Platte persifliert satirisch die damalige Punk- und New-Wave-Szene. Seffcheque hatte gute Kontakte den Fehlfarben. 1979 nahm er ein Konzert von Mittagspause auf, das 1981 nach der Trennung der Band unter dem Titel Punk macht dicken Arsch nachveröffentlicht wurde. Ebenfalls 1981 nahm er gemeinsam mit Peter Glaser unter dem Konzeptnamen O.R.A.V.s (= Ohne Rücksicht auf Verluste) die eine Hälfte einer Split-LP auf dem ZickZack-Label, auf der er Fehlfarben-Stücke persiflierte. Aus dem aggressiven Fehlfarben-Titel Apokalypse wurde zum Beispiel ein entspanntes Gitarrenstück, die Textzeile „Bombenteppich, U-Boot-Jagd“ wurde dabei zu „Teppichboden, Kissenschlacht“.
Family*5, ein Herzensprojekt
Zusammen mit Peter Hein gründete Seffcheque 1981 das Herzensprojekt Family*5, eine Combo mit der er zahlreiche Alben produzierte und die bis 2021 aktiv war. Seffcheque hat diese Combo immer wieder zusammengebracht, es scheint, als wäre er das Gravitationszentrum gewesen, ein Koordinator, der als Produzent und Mixer Wesentliches beitrug. Ein Kommunikator, der die Combo zusammentrommelte zusammenhielt und mit der Welt und den Bandkollegen ständig Kontakt hielt.
Manchmal ist dann auch noch jemand da, der ähnlich ist wie ich. Dann fällt die trübe Masse draußen gar nicht mehr so ins Gewicht.
Xão Seffcheque
Family*5 folgte keinem Businessplan. Die Band trat mit Unterbrechungen (1991–1994 und 1997–2002) immer mal wieder auf, zwischendurch erschienen Alben wie der Verweis auf die Neue Frankfurter Schule Ein richtiges Leben in Flaschen. Ran! Ran! Ran! Ist ein spnnender Streifzug durch all diese Jahre. Seffcheque hat das beste Album der Band zusammengestellt, dass nie erschienen ist. Sie ist eine würdige Hinterlassenschaft.
***
Ran! Ran! Ran! – THE BEST OF FAMILY*5 / VOL. I, zusammengestellt von Xao Seffcheque, November 2021
Weiterführend → Früher als Peter Glaser hat kaum jemand die Bedeutung von Peter Hein erkannt. Lesen Sie auch seinen Essay Attrappe einer Kulturgeschichte von neulich. Zu Monarchie und Alltag gibt es einen Bericht zur Lage der Detonation.
→ Der Begriff `Krautrock´ geht auf das Wort „Sauerkraut“ sowie die Bezeichnung „Krauts“ für die deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg zurück. Der Ursprung des Wortes Krautrock geht auf eine Werbeanzeige der deutschen Firma Popo Music Management zurück, die in der US-amerikanischen Zeitschrift Billboard das Wort 1971 erstmals benutzte, um für Platten von Bacillus Records zu werben. Dieser Begriff wurde von der britischen Presse aufgegriffen und häufig benutzt. Peinlich wird Krautrock immer dann, wenn Deutsch Bands versuchen englische Texte zu verzapfen. Daher ein Hinweis auf die Deutschen Texte von Ton, Steine, Scherben. Sowie auf Ran! Ran! Ran! – THE BEST OF FAMILY*5 / VOL. I, zusammengestellt von Xao Seffcheque. Inzwischen ist das alte Thema Compact Cassette wieder aufploppt. Laut eines Berichts im Deutschlandfunk sind Tapes „Hipper als Vinyl“, wir spulen zurück in die Zukunft des Cassettenlabels. Danach ertastet KUNO den Puls des Motorik-Beats. Und machen eine Liebeserklärung an die „7-Inch Vinyl Record Single“. Krautrock ohne angloamerikanisches Vorbild – lässt es auch die Kraaniche fliegen? Auf Embryo’s Reise entdeckten die Musiker zwar nicht Amerika, sondern die Weltmusik. Ist das noch Krautrock? – Eher Labskaus vom feinsten! Last but least: Krautrock @ its best!
Inzwischen gibt es: Pop mit Pensionsanspruch, sowie eine Rock and Roll Hall of Fame. Daher der Schlussakkord: Die Erde ist keine Scheibe