Während ich im Kreis laufe
der schön ist weil er rund ist
möchte mich jemand messen
und ich staune darüber
dass ich am selben Ort ankomme
derweil einer mich einteilt
in die Krümeleinheiten
in der Welt verteilt bin ich
durcheinander denn alles ist
anders als vorher meine Krümel
die ich verlor unmerklich
stehe ich wieder am Anfang
der ein neuer Anfang ist indessen
meine Teile gefügt werden
zu Boden zu Körper Henkeln
sogar Spuren von einer Lasur
in diesem Kreis bin ich eine Andere
aus der neuen Perspektive geboren
stehe ich auf dem Kopf mit neuem Namen
inmitten von Hintergrundrauschen
des zerrieselnden Sands und weil ich
bestimmbar bin in meiner gebauchten Art
mit ausschwingendem Rand
im Quadrat meines Kreises
bleibe ich die die schnell vergisst
und lange erinnert.
In diesem Gedicht versuche ich auf relativ einfache Weise auszudrücken, wofür ich auch viele Wörter hätte gebrauchen können. Auslöser für den Text war das Thema der digitalen Spur, die wir im Internet hinterlassen und die von anderen verfolgt und ausgewertet wird. Ich schreibe aus der Perspektive der ersten Person, weil ich Gedichte in dieser Form selber gerne lese. Gedichte, die sachlich, klar und direkt sind, sind entlarvender als andere, haben aber gerade dadurch, dass sie selbstbewusst wirken, eine Stärke für mich. Das Gehen im Kreis ist eine Metapher für viele Gegebenheiten. Einerseits haben wir schon früh unsere Vorlieben, Abneigungen und Wünsche festgelegt und bewegen uns, nicht nur im Internet, sondern in unserem Leben generell diesen Orientierungspunkten nach. Andererseits ist dies auch eine kleine Spielerei, denn ist man nach einem Kreisgang wieder am Anfang angelangt, haben wir bereits eine Reise hinter uns, die eine neue Perspektive eröffnet. Die Bewertung und das Messen der anderen ist auch im analogen Leben anzutreffen: wir prägen durch unsere Begegnungen, wir werden bewertet, beobachtet, ignoriert. Zuletzt habe ich meiner eigenen Sicht der Dinge einen Platz im Gedicht eingeräumt: Der Kreis, in dem ich das Quadrat suche. Nicht zuletzt die Erkenntnis, dass ich trotz der unausweichlichen Umstände durch mich selbst geschützt bin, weil ich schnell vergesse und lange erinnere.
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Weiterführend →
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