Hebt der Schreibende im Schreibakt Fragmente aus dem Unterbewusstsein?
Ich spüre, dass es (Es) mich manchmal zum Schreiben bringt, oder dass es (Es) sich (ab)schreibt, wenn ich schreibe. Das lässt sich forcieren wie das Träumen im Schlaf. Wenn ich Träume aufschreibe, wenn ich sie erwarte, dann träume ich mehr. Wenn ich schreibe, träume ich mitten im Wachsein. Allerdings sind diese Schreibwachträume nicht so bildreich, nicht so stark wie Schlafträume – ich kann aber den Keim des Schreibwachträumens im Schreibakt wachsen lassen, ich erreiche dann manchmal Traumqualität. Es schreibt dann in mir von ganz allein, so geht das über einige Sätze, und der Rest ist Ergänzung, Extrapolieren des Angeträumten… In so einem Schreibakt schaue ich mir sozusagen beim Träumen zu, ohne zu wissen, dass ich träume. In dem Moment, wo mir bewusst wird, dass ich wach traumschreibe, verliere ich die notwendige Unbefangenheit und bin in der Bearbeitung und ÜberFormung dessen, was sich mir fast wie von selbst schrieb.
Es geht nicht immer, aber es geht und ich spüre es im Wackelkontakt der Bewusstseinswechsel. Diese Bewegung erscheint mir dialektisch – sie ist schreibendes ErLösen des Unterbewussten.
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Weiterführend → KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben.
→ Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.