heavy metal/makarenko

 

acht jahre nach unserer gemeinsamen inhaftierung

(hauptquartier golgatha-makarenko: gelitten gestorben

auferstanden in den toten eines brennenden kaufhauses:

des banats im jahr der panzer und barrikaden an meinem 6.

geburtstag dem beginn eines u-boot kriegs zwischen mir

und meiner seele der gesellschaft und dem einzelnen im

verlies der familie) brach elvira mortadella ein in mein leben

war die günderrode einer flasche grubenfusel zum

einheitlichen verkaufspreis von 1,17 m eh wir einfuhren uns

eingruben die stellung wechselten im sturz: auf den

müllhalden der geschichte weiter halstücher trugen feten

feierten unterm strich im traum: giftskandale eines

sommers der torero werden will und aufgrund von

todesangst als kfz-schlosser ausblutet ein bettnässer

in carmens armen den hyänen betören: lamborghinis der

mohr und die raben von london für eine bigband batistas

und die „märchen aus 1001 nacht“ für de sades hyperion

hält der sich verliebt in elvira mortadella diese heiraten will

aber seinen ahnenpaß vergessen hat: im exil und wir trugen

keine mütze im schulhaus unsre kahlgeschorenen köpfe

leuchteten jedem freier einer unangemeldeten säuberung:

heim

 

 

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hinter mauern lauern wir auf uns, Gedichte von „Matthias“ BAADER Holst. Hasenverlag, 2010

Wenn der Wunsch nach angstfreiem geistigen Leben so gewachsen ist, dass er den Raum einnimmt, den sonst Resignation, Furcht oder Zaudern ausfüllen, dann kann eine unverwechselbare Literatur entstehen, die nicht die Anbetung von Schönheit, sondern das Anschreiben gegen den Zerfall des Subjekts zum Ziel hat. Die Texte von „Matthias“ BAADER Holst sind Überlebensrationen, sie sind Auffanglager und Archen für alles Diskriminierte und Ausgestoßene. Das einzigartig Rauschhafte, Schrille und Bedrohliche, das zutiefst Verstörende und doch hochgradig Bezaubernde seiner Wortkaskaden, Metapherngestöber und Assoziationsgeschwader, die ihnen eingeschriebene Verwüstung jeglicher Gewissheit und Ordnung – all dies lässt die Texte … auch heute noch unvermindert lebendig und aktuell erscheinen.

Tom Riebe

 Weiterführend

Zu den Gründungsmythen der alten BRD gehört die Nonkonformistische Literatur, lesen Sie dazu auch ein Porträt von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins. Kaum jemand hat die Lückenhaftigkeit des Underground so konzequent erzählt wie Ní Gudix und ihre Kritik an der literarischen Alternative ist berechtigt. Ein Porträt von Ní Gudix findet sich hier (und als Leseprobe ihren Hausaffentango). Lesen Sie auch die Erinnerungen an den Bottroper Literaturrocker von Werner Streletz und den Nachruf von Bruno Runzheimer. Zum 100. Geburtstag von Charles Bukowski, eine Doppelbesprechung von Hartmuth Malornys Ruhrgebietsroman Die schwarze Ledertasche. 1989 erscheint Helge Schneiders allererste Schallplatte Seine größten Erfolge, produziert von Helge Schneider und Tom Täger im Tonstudio/Ruhr. Lesen Sie auch das Porträt der einzigartigen Proletendiva aus dem Ruhrgebeat auf KUNO. In einem Kollegengespräch mit Barbara Ester dekonstruiert A.J. Weigoni die Ruhrgebietsromantik. Mit Kersten Flenter und Michael Schönauer gehörte Tom de Toys zum Dreigestirn des deutschen Poetry Slam. Einen Nachruf von Theo Breuer auf den Urvater des Social-Beat finden Sie hier – Sowie selbstverständlich his Masters voice. Und Dr. Stahls kaltgenaue Analyse. – Constanze Schmidt beschreibt den Weg von Proust zu Pulp. Ebenso eindrücklich empfohlen sei Heiner Links Vorwort zum Band Trash-Piloten. Inzwischen hat sich Trash andere Kunstformen erobert, dazu die Aufmerksamkeit einer geneigten Kulturkritik. In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen, der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Die KUNO-Redaktion bat A.J. Weigoni um einen Text mit Bezug auf die Mainzer Minpressenmesse (MMPM) und er kramte eine Realsatire aus dem Jahr 1993 heraus, die er für den Mainzer Verleger Jens Neumann geschrieben hat. Jürgen Kipp über die Aufgaben des Mainzer Minipressen-Archives. Ein würdiger Abschluß gelingt Boris Kerenski mit Stimmen aus dem popliterarischen Untergrund.