Vor 100 Jahren starb Franz Kafka. Inzwischen ein Klassiker der Moderne war auch er von Vorurteilen nicht frei.
„Ich kann ihre Gedichte nicht leiden, ich fühle bei ihnen nichts als Langweile über ihre Leere und Widerwillen wegen des künstlichen Aufwandes. Auch ihre Prosa ist mir lästig aus den gleichen Gründen, es arbeitet darin das wahllos zuckende Gehirn einer sich überspannenden Grossstädterin. Aber vielleicht irre ich da gründlich, es gibt viele, die sie lieben, Werfel z. B. spricht von ihr nur mit Begeisterung. Ja, es geht ihr schlecht, ihr zweiter Mann hat sie verlassen, soviel ich weiss, auch bei uns sammelt man für sie; ich habe 5 K hergeben müssen, ohne das geringste Mitgefühl für sie zu haben; ich weiss den eigentlichen Grund nicht, aber ich stelle mir sie immer nur als eine Säuferin vor, die sich in der Nacht durch die Kaffeehäuser schleppt.“
, schrieb Franz Kafka in einem Brief an Felice Bauer, seine erste Verlobte. Kafka widmete ihr die 1913 veröffentlichte Erzählung Das Urteil (Untertitel: Eine Geschichte für Felice B.). Nachdem sich Franz Kafka und Felice Bauer zweimal ver- und wieder entlobt hatten, trennten sie sich 1917 endgültig.
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Anmerkung der Redaktion: In der Zeit von identitätspolitischen Überlegungen muten der Redaktion solche Überlegungen fast so fern an, wie das Mittelalter, in dem Hexen verbrannt wurden. Misogynie ist eine auf Frauen gerichtete Form der Misanthropie. Mit der aufkommenden Frauenbewegung im 19. Jahrhundert wurde gesellschaftliche Misogynie zunehmend thematisiert und bekämpft. Auch Schriftstellerinnen wie Else Lasker-Schüler sind im 20. Jahrhundert zu symbolischen Objekten einer Debatte geworden, die mit ihnen als Person oft gar nichts zu tun hat. Künstler sind jedoch keine Opfer einer Multioptionsgesellschaft, bei denen das Nicht-festgelegt-Sein und der schnelle gesellschaftliche Wandel mit unbegrenzten Möglichkeiten an Vielfalt zu einer individuellen Überforderung führt. Künstler dürfen, ja sie sollen sich außerhalb der Norm bewegen dürfen, das sollte auch ein Versicherungsvertreter einsehen.
Weiterführend →
KUNO teilt die Einschätzung von Franz Kafka nicht und begründete dies in einem Essay.
Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den wichtigsten identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.