HALBPOET

 

Du bist vorbeigegangen und hinüber

Die milkshake küsten liegen überall

Hast Babylon geschaut und glaubst es über

und hast doch nichts getan zu seinem fall

In deiner kryptonwelt stehst du Sinuhe*

verlorenes kind im alligatormaul

den zähnen abgezählt die greisenruhe

und immerhin zum scheitern noch zu faul

Im chartgestürm den schwachen mann markierend

und innen holz   so schmierst du dich ins gleis

zum demonstrat den eignen steiß poussierend

gesüßten hohn dem beterinnenkreis

In kneipen studios bunkern schwerer lancer*

daß du kommt’s hoch an fremden wunden leckst

gedichtfrontdrückeberger lustrumschwänzer*

und spreizt dich wie du hinterlands verreckst

Dich selbst besingend: immer noch der häher

gefieder feucht von blaumelancholie

von pech beflügelt   seher? fersenspäher

und feil der zeitenwechslerreverie*

So krallst du dich in die poetenwiese

mit cello tränen Heliogabal*

Gemalte wunden streichelt eine brise

Die himmel drüber voller nembutal*

O copy shop Kybele*   T shirt Attis*

am rohbaufeuer hausbootaufgebänkt

zu nahtbeton gegossen   sprüh o Mattis

sie hat dir zunge sauer ausgeschenkt

 

 

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Rohlieder I – X von HEL

HEL ist bekannt als Herausgeber neuer Talente im „literarischen Underground“ und Publizist gesellschaftskritischer Lyrik sowie Essays. Nach dem Zyklus Zeitgefährten, die zwischen 1977 – 2008 entstanden sind, veröffentlicht KUNO die Reihe Rohlieder I – X, die dank Caroline Hartge neu ediert worden sind. In diesen Gedichten spürt HEL das Existenzielle im vermeintlich Banalen auf. Er hat es hat es nicht nötig, Fiktion zu erfinden … die Fiktion existiert bereits.

Weiterführend →

Eine Würdigung von HEL findet sich hier. Eine Hörprobe des Autors findet sich auf MetaPhon. Zur Lyrik von HEL findet sich hier ein Rezensionsessay von Holger Benkel. Ein faszinierend langer Briefwechsel zwischen Ulrich Bergmann und HEL findet sich hier.

Anmerkungen:

Sinuhe = „der ägypter, vorfahr von Dumnorix dem belger“

lancer = „engl. lancier: lanzenreiter, heut freiberufler“

lustrum = „lat. jahrfünft“

reverie = „franz. träumerei, spinnerei“

Heliogabal = „röm. kaiser, der mit dem gottpferd“

Nembutal = „beruhigungsmittel“

Kybele = „göttin, nicht gut jünglingsteile essen mit“

Attis = „auch son kanakengott, thrakisch, trauihmnich“