Monat: September 2024

Interpretationen 9 – wien: heldenplatz

  wien: heldenplatz ist ein Gedicht des österreichischen Lyrikers Ernst Jandl, das auf den 4. Juni 1962 datiert ist und erstmals 1966 in Jandls Gedichtsammlung Laut und Luise veröffentlicht wurde. Es gehört zu den bekanntesten und in der Sekundärliteratur am…

KRÖTE

    lebte eine kröte mit warziger haut im sommer an einem landhaus wie ein kleiner drache zwischen blumen galt sie als giftig wurde sie gefangen  in den wald gebracht und kam zurück  auf kurzen beinen trank sie  aus dem…

Metaphysical Poet

Am Anfang mag das Wort gewesen sein, am Ende bleibt die musikalische Dimension der Sprache als ihr neuer Inhalt. Dies gelingt beinahe unmerklich und schließlich so perfekt, dass die Menschen, die eben noch sprachen, auf einmal zu singen scheinen. Es…

In deine Augen

  Blau wird es in deinen Augen – Aber warum zittert all mein Herz Vor deinen Himmeln.   Nebel liegt auf meiner Wange Und mein Herz beugt sich zum Untergange.       *** „Die größte Lyrikerin, die Deutschland je…

Über den jungen Dichter

  Immer noch zögernd, unter geliebten Erfahrungen überwiegende und geringere zu unterscheiden, bin ich auf ganz vorläufige Mittel beschränkt, wenn ich das Wesen eines Dichters zu beschreiben versuche: dieses ungeheuere und kindliche Wesen, welches (man faßt es nicht: wie) nicht…

DORFGRUND

    als häuser nur an erhöhten stellen standen weil es noch keine dämme gab fiel ein dorf  durch eine flut hinab bis auf den grund des flusses  kamen geister ertrunkener an land saßen sie  unter krumm gewachsnen bäumen lockten…

Restauration

nach Durchlesung eines Manuskripts mit Gedichten Das süße Zeug ohne Saft und Kraft! Es hat mir all mein Gedärm erschlafft. Es roch, ich will des Henkers sein, Wie lauter welke Rosen und Kamilleblümlein. Mir ward ganz übel, mauserig, dumm, Ich…

Wirkmächtig

Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung an…

Rhetorikkünstler

    Sprachschnippisch sprechstilhaft ausgekeift   Geisterhaft unbeschwert   Warmweigerlich wunschbegehrt posiert   Herztöne, Kopfnoten neidgerecht eingekreist   sorgenlos flatterhaft   vom Zahn bis zum Stiefel poliert Erfolgsmensch und Herrenmensch, merkantil losgelöst   Zerrbild im Spiegel   Narziss seiner selbst…

Bild mit einer Rückenfigur

  Anschauung ist ein Sich-in-die-Bilder-Vertiefen. Das Resultat ist bestenfalls eine Antwort des Bildes. Ähnlich wie in der Musik oder der Poesie löst ein Bild im Publikum eine Art von Gefühl aus, ohne dass sie ganz genau sagen können, worum es…

Das Sauerland

  Das Sauerland, das Sauerland, ist mir so gut wie unbekannt. Ich fürchte nur, ich bleibe stur: Es fehlt mir dort so gut wie ganz Temperament und Eleganz. Und Wald und Flur, Möhne und Ruhr, das alles begeistert mich nicht,…

Toter Kater

  Auf seinem Lieblingsstuhl, dem roten, wachte, spielte, schlief er. Kein Traum lässt zucken seine Pfoten. Diesmal schläft er tiefer.   Als hätt‘ er sich nur hingelegt, langgestreckt wie immer. Kein Schnurrhaar sich mehr regt. Er erwachet nimmer.    …

friedenstraum

  wo die klimaanlage am kaufhauseingang noch wärme abstrahlt singt sie zur gitarre peace and endless love und schaut fordernd auf die münzen vor ihren füßen   zuhörerinnen die augen geschlossen schwingen hilflos mit bis der kaufhaussicherheitsdienst sie vertreiben will…

Schlachtfeld

  Schollenmürbe schläfert ein das Eisen Blute filzen Sickerflecke Roste krumen Fleische schleimen Saugen brünstet um Zerfallen. Mordesmorde Blinzen Kinderblicke.         *** Am 1. September 1915 ist August Stramm bei Horodec östlich Kobryn, in einem sinnlosen Krieg gestorben. Seine Texte fallen…