Bockwurst oder nicht Bockwurst, das ist die Frage:
Obs edler im Gemüt, die feinen Schlingen
Der zähen Hülle zu erdulden oder sie
In stringenten Bissen, sich selber überwindend,
Durch Kauen zu zermalmen? Beißen – schmecken –
Nichts weiter! Und zu wissen, daß ein einzger
Biss das Herzweh und die tausend Lüste findet,
Die unser eigen Fleisch begehrt: das ist ein Ziel,
Aufs innigste zu wünschen. Beißen – schmecken –
Beißen! Vielleicht auch träumen! Ja, das ist’s!
Was im Genuss für Träume kommen mögen,
Wenn wir den Widerstand der Pelle lösen,
Zwingt uns zum Innehalten – und das ist der Lohn
Der harten Arbeit unsrer geilen Zähne,
Wenn sie des Saitlings Spott und Geißel zähmen.
Doch bleibt die Leere nach dem letzten Bissen,
Die unbekannte Sattheit, deren Grenze noch
Kein Bratwurstesser je erreichte, sie täuscht
Uns nur, dass wir an Völle, die wir haben,
Lieber leiden als an Hungerschmerzen.
So macht die Bockwurst aus uns allen Süchtige.
***
KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben.
In diesem Jahr erschien: Apostrophen, Gedichte von Ulrich Bergmann. Bonn 2024
Weiterführend→
→ Die Redaktion blieb seit 1989 gegenüber dem Mainstream auf in Äquidistanz.
→ 1995 betrachteten wir die Lyrik vor dem Hintergrund der Mediengeschichte als Laboratorium der Poesie
→ 2005 vertieften wir die Medienbetrachtung mit dem Schwerpunkt Transmediale Poesie
→ 2015 fragen wir uns in der Minima poetica wie man mit Elementarteilchen die Gattung Lyrik neu zusammensetzt.
→ 2023 finden Sie über dieses Online-Magazin eine Betrachtung als eine Anthologie im Ganzen.
→ Lyrik lotet das Verhältnis zwischen dem Fremden und dem Eigenen aus. Dies versucht auch ein Essay zum Beginn des Lyrikjahres 2024.