GESTÄNDNIS

 

Ich hasse vor allen Dingen den Tod
Und will mich töten.
Dies letzte, verzweifelte Wagen
Ist mir bis heute geblieben.

Wo fährst du hin, verfahrener Sinn
Auf polterndem Wagen?
Es müßte in Scham jetzt erröten
Die Wange mir, könnte ich lieben.

Man wirft sich in die Arme des Tods
Noch immer am besten.
Den Bettel den Bettlern lassen.
Den Tod im Sturze noch hassen!

 

 

***

Unser täglich Gift, Gedichte von Otfried Krzyzanowski. Kurt Wolff-Verlag, Leipzig 1919

Cover der vergriffenen Originalausgabe

Otfried Krzyzanowski brach 1910 das Studium ab und widmete sich der Literatur und der Bohème. Er verweigerte sich der bürgerlichen Lebensform. Ab 1912 erschienen in Zeitschriften einige wenige Gedichte und Prosaskizzen, die dem Expressionismus zuzurechnen sind. Er lebte zu in Not und Armut. Seine Gönner fand er in den Kaffeehäusern, besonders im Café Central im Kreis um Franz Blei und Franz Werfel. Um Soldat zu sein war Otfried Krzyzanowski zu krank, für eine bürgerliche Existenz nicht tauglich oder nicht bereit, er lebte seine radikale Bohèmeexistenz in Wiener Kaffeehäusern, las Nietzsche, erbettelte ein karges Überleben. Über den Krieg schreiben kann vielleicht nur, wer nicht mit drin steckt. Kurz nach Kriegsende blieb er dem Kaffeehaus fern, er war in einem Wiener Krankenhaus gestorben, an oder mit Hunger, Grippe oder Tbc, die Diagnose ist nicht eindeutig.

Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.