Man kann über Pia Lund nicht sprechen und dabei über Phillip Boa schweigen. Die tiefe erdenschwere Stimme Boas wurde stets begleitet vom ätherischen Gesang Lunds; am ohrenfälligsten in Songs wie Container Love und And Then She Kissed Her.
Nach ihrer Trennung vom Voodooclub begab sich Lund mit ihrem ersten Album Lundaland auf einen eigenwilligen musikalischen Weg abseits ausgetretener Pfade. Twilightzone. Elfen flüstern, magische Zeichen erinnern an uralte Zeiten. Inmitten von sphärischen Klängen und diffusem Licht eine engelsgleiche Stimme, Pia Lund. Ungreifbar, betörender Lorelei–Gesang, eine eigene Welt. Mit Lundaland legt sie ein konzeptionelles Album vor, das massiv attackiert. Madonna mia, plumpe Vergleiche zum zeitgeistlichen Trend wollen wir lieber vermeiden, kommen aber nicht umhin, auf die offensichtliche, gleichzeitig kommerzielle wie innovative Art der Produktion hinzuweisen. Dem Output der deutschen Musikszene weit voraus, ist Lundaland eine Reise in relaxte, elektronische Gefilde, an soulige Gestade und durch sphärische Weiten. Weder schmalzig noch intellektuell überfrachtet saugen sich die Songs an den Synapsen fest, gleiten leise, doch kraftvoll in das Unterbewusstsein.
Die Perlen vom Grunde des Lundaland Meeres sind eine poetische Reflexion über die fin–de–siècle–Stimmung und weisen gleichsam über sie hinaus. Natürlich ist es Rock’n’Roll, aber einen Unterschied macht es schon, wenn eine Frau, wie in Charlamane, eine Hure philosophieren lässt, wir bei Uh Uh Yeah am Strand hin und her gerissen sind und uns bei Shining Bright an der verletzbaren Aussenhaut zur Welt bewegen.
Ihre Songs haben eine, im besten Sinne, intime Stimmung, gleiten aber nie ins exhibitionistische ab. Die bittersüsse Melancholie dieser Heroine hat mit Reife zu tun. Sicherlich kann man Dear Mary als eine akustische Ermutigung an eine gute Freundin hören, einen gesungenen Brief. Es gilt mit The Very Heart die innere Kraft zu entdecken und sich wiedergeboren zu fühlen und sie liefert sich mit The Kiss der widersprüchlichen Auseinandersetzung zwischen Verstand und Gefühl aus. Aber das ist genauso beiläufig wie die Verwendung von Venus Chrystal, dem schönsten Liebestext, den Phillip Boa je geschrieben hat. Lund verfügt über eine Gelassenheit, mit der sich die Einsamkeit und Fantasie in der Nacht, wie in Illusion, aushalten lässt. Sie scheint zwischen den Zeilen sardonisch zu lächeln, wenn sie in Forever die Zeile I could have lived for you / i could have died for you zwitschert. Nach dieser kraftvollen Referenz lässt sich mit How a Flower Grows eine entspannte, poetische Sichtweise über die Hinwendung zum Licht einstreuen
Lunds Geheimnis besteht darin, dass sie sich die Fähigkeit erworben hat, sich von Nebengeräuschen zu befreien.
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Anmerkung der Redaktion: In der Reihe „Meine erste Schallplatte“ stellen wir im letzten Jahr die Vinyl-Leidenschaft der KUNO-Autoren vor. Hier Weigonis erste Platte, Lundaland ist Weigonis letztes Pop-Album. Und wie es so ist mit versunkenen Kulturgütern, dieses überragende Album ist leider nur noch antiquarisch erhältlich.