DIAlog der gestandenen Vernuft mit erahnter Vision? – gebiert dies Ungeheuer? – „Die Phantasie, verlassen von der Vernunft, erzeugt unmögliche Ungeheuer; vereint mit ihr ist sie die Mutter der Künste und Ursprung der Wunder“ spricht Franciso de Goja zu seinem dreiundvierzigsten Blatt der Caprichios – Wenn der Stift im Schreiben zum zeichnenden wird, wenn die Worte nicht zu genügen scheinen und die Linie das Erschaute besser alliteriert: Dieser künstlerische DIAlog zwischen Wort und Bild ist in meiner Arbeit immer wieder aufgekommen – Wechsel wirkend jeweils als bildhafte Sequenz einer Erzählung oder als unikales literarisches Bild. Auch der Hang, ein Bild zu betiteln, rührt aus dieser Wechselwirkung her – ein tristes oT (ohne Titel) erschien mir immer als Galgen einer Vision. Aber wie verläuft dieser Dialog zwischen fremder Fiktion und eigener Vision?
Andreas Roseneder „…traf ihn die Erleuchtung wie ein Keulenschlag…“, chinesische Tusche auf deutschem Papier
Illustration zur Kurzgeschichte „Die Tankstelle“ von Dorothea Zeichmann, 2013
DIAbolisch ist zwar in unserem alltäglichen Wortschatz zumeist mit dem Begriff des „Teuflischen“ belegt, hieße aber doch einfach „zweifach gespalten“. In meiner Jugend haben mich die Nachzeichnungen Alfred Kubins von Edgar Allen Poes Visionen in ihrer DIAbolischen Steigerung besonders fasziniert: kein Wunder, Kubin war von seiner Anlage her ebenso DIÁbolos, ein Entzweiter – Durcheinandergeworfener – wie Poe gelebt. Mit der Fiktion der Traumstadt Perle in seinem Roman „Die andere Seite“ hat Alfred Kubin nicht nur literarisches Zeugnis darüber abgelegt, sondern im Epilog die Conclusio aussprochen: „…Die wirkliche Hölle liegt darin, daß sich dies widersprechende Doppelspiel in uns fortsetzt. Die Liebe selbst hat einen Schwerpunkt zwischen Kloaken und Latrinen. Erhabene Situationen können der Lächerlichkeit, dem Hohn, der Ironie verfallen. – Der Demiurg ist ein Zwitter.
Andreas Roseneder Franz K : „…Schreiben als Form des Gebetes, dachte er…“, chinesische Tusche auf deutschem Papier
Illustration zur Kurzgeschichte „Der Wunsch“ von Dorothea Zeichmann, 2013
Demiurg – . Franz Kafka war für mich immer präsent. In Form eines Satzes. In Form einer Erscheinung:
Franz Kafkas Zeichnungsskizzen „über das Schreiben & Malen“
„oT“? – oder doch „Der Demiurg“?
Andreas Roseneder „Das schwarze Schaf“ & „the black sheep profile“, chinesische Tusche auf deutschem Papier
Illustration zur Kurzgeschichte „Das schwarze Schaf“ von Dorothea Zeichmann, 2013
Auf die Anfrage der österreichischen Autorin Dorothea Zeichmann hin, ihr Erzählkompendium mit dem Arbeitstitel „Das Schwarze Schaf“ zu illustrieren, kamen in mir all diese an der eigenen Arbeit erfahrenen Schwierigkeiten auf. Nach Zusage & begonnener Arbeit wurde mir klar, daß es denn doch etwas anderes ist, einen fremden Text in Zeichnungen zu übersetzen: der Galgen aus der biographischen Selbstreflexion wurde zum Schaffott der souveränen Vorgabe eines anderen Geistes.
Andreas Roseneder „…daß dich der Teufel hol´…“, chinesische Tusche auf deutschem Papier
Illustration zur Kurzgeschichte „Wie ich fluchen lernte“ von Dorothea Zeichmann, 2013
Mit scharfem Schnitt wollte diese Übersetzung gesetzt sein. Die Technik der Federzeichnung mit schwarzer chinesischer Tusche erschien mir zu aller erst als das geeignetste Medium, dies in adäquater Schärfe zu tun. Doch dann wurde mir im Zuge der Arbeit immer mehr bewußt, wie sehr die Handhabung der Feder mit dem Schreiben verwandt ist, wie sehr sie zwischen Dorothea Zeichmanns Wort & Satz kratzte. Der weiche chinesische Kalligraphiepinsel löste im Handumdrehen die spitze Feder ab. Der schnell gesetzte Pinselstrich, mehr verwandt mit dem sicheren & großzügigen Duktus des Malers war plötzlich Sache.
Andreas Roseneder „speed limits“, chinesische Tusche auf deutschem Papier, 2013
Andreas Roseneder „…ein Wesen, das sie, wenn es will, zum Beispiel auch vernichten kann…“, chinesische Tusche auf deutschem Papier
Illustration zur Kurzgeschichte „Ameisen“ von Dorothea Zeichmann, 2013
Text & Zeichnungen sind in der Zwischenzeit zum Druck entlassen.
Andreas Roseneder „…Ein Mann war an Händen und Füßen angekettet….“, chinesische Tusche auf deutschem Papier
Illustration zur Kurzgeschichte „Die Wiederkehr“ von Dorothea Zeichmann, 2013
Andreas Roseneder „Ich habe das verdient“, chinesische Tusche auf deutschem Papier
Illustration zur Kurzgeschichte „Die Wiederkehr“ von Dorothea Zeichmann, 2013
Das Buch wird demnächst unter dem Titel „Der Wunsch / Želja“ in deutscher & kroatischer Sprache im burgenländisch-kroatischen Verlag HKDC in Eisenstadt erscheinen.