In den letzten Jahren konnte man immer wieder einige neue, auch junge Künstler entdecken, die frech ihr Ding jenseits des Mainstreams machen. Nicht darauf achten, was eventuell verkaufbar ist. Dieses Jahr fehlt diese Klientel fast völlig. Eingerahmt von eher kunsthandwerklichen Arbeiten, denen man mehr das fast perfektionistische Werkeln und Können, als die künstlerische Notwendigkeit ansieht, finden sich einzelne Stände, die eine ehrliche Aussage haben. Werke, die einfach sind, die sind.
Aber: Hier zeigen Künstler auch ihre hübschen und abstrakten Kompositionen so selbstverständlich und nicht hinterfragt, dass man fast schon von Dekoratismus sprechen kann. Aufgehübscht mit zarten Pastelltönen, passen diese Bilder inhaltslos über jedes Sofa. Hier und da werden dann Spuren und Zeichen gesetzt, mit Graphit in weiches Grün oder Blau. Ziffern und Zahlen, Kreuzchen und andere Markierungen, die in ihrer Streuung etwas zu sagen scheinen – und genau bei diesem Scheinen bleibt es. Und diese Art-efakte finden Kunden. Naive Malerei konkurriert mit Pop-Art, Expression und herzallerliebsten Bastellarbeiten. Verwiesen sei auch auf die sogenannt experimentelle Malerei, die im Übrigen in jedem zweiten VHS-Kurs als Selbsterfahrungstherapie geboten wird. Wohl zielloses Herumgewische zum psychischen Ausgleich. „Guck mal Schatz, was ich gemalt habe.“ „Ja, stell es in den Keller. Was gibt zu essen?“ Man muss nichts können, schon allein die Anwesenheit von teuren Farben und der Besitz von teuren Pinseln macht die Kunst, oder etwa nicht?
Ja, auch die politische Kunst darf nicht fehlen. Die aufgesetzt ernsthaften Künstler in existenzialistischem Schwarz, immer bereit, gestenreich ihre schwerwiegenden Anliegen, die sich natürlich auf die Zeit zwischen 1933 und 1945 beziehen, in aller Selbstbetroffenheit zu erläutern. Warum sollte man sich auch mit eigenem Erleben auseinander setzen? Das tausendste Bild nach dem berühmten Foto von Anne Frank. Man möchte ausrufen: „Kommt im Heute an, dann könnte eure Kunst ernst genommen werden!“ So aber entstehen nur Klischees. „Guckt nicht nur in die Vergangenheit, sondern macht eure Kritik an der Gegenwart fest. Ja, und denkt dabei daran, mal eure politischen Überzeugungen zu hinterfragen.“
Knochen scheinen auf dieser Huntenkunst zur Dekorationsunterlage zu werden oder zumindest einem gewöhnlichen Arbeitsmaterial. Verkitscht mit quietschend bunter Farbe oder bedeutungsschwanger überzogen mit bräunlichen Lacken und Soßen. Und alle Abziehbilder der Kunst sind zu finden, der junge Mann mit hagerem Gesicht und grauem Hut, der langbärtige Griesgram, der vor allem meckert, anstatt selber anzupacken, die schwarzbeanzugten Intellektuellen, die scheinbar völlig unbeteiligt an ihrem Stand sitzen und lesen, aber jedem Betrachter entgegenfiebern, die Künstlerinnen im bunten Schlabberlook mit riesigen Gehängen um den Hals und an den Ohren. Es gibt aber auch die Künstler, die nur aufhängen und dann ganz schnell verschwinden, den Stand ohne Erklärungssucht verwaisen lassen. Da wird einer von diesen gefragt, warum er nie da sei. Der antwortet, die Bilder sprächen doch schon für sich, da müsse man nichts mehr erklären. Und wenn Kunden kämen? Naja, wird entgegnet, wenn sie echtes Interesse haben, dann können sie sich per Mail oder Telephon melden, fertig. Große Augen allenthalben.
Nein, man sollte nicht nur schimpfen. Eines schafft die Organisationsgruppe um Harrie Schenning jedes Jahr auf das Neue: Ein Gefühl von Freundlichkeit und Heimat zu erzeugen. Ja, hier können die Künstler ganz auf Augenhöhe mit einander reden. Und draußen eine Zigarette rauchen, wenn es gerade mal nicht regnet. Mit der alten Fabrikhalle in Ulft wurde ein hervorragender Ort gefunden für diese Messe, lediglich die Lichtverhältnisse bedürfen zukünftig einer Optimierung. 5000 Besucher sprechen Bände, das inzwischen über zwanzigjährige und damit wohl auch erwachsene Konzept der Künstlermesse trägt.
Nur die Getränke sollte man sich selber mitbringen, denn die Preise haben wirklich Messeniveau.
Nach den netten oder weniger netten Emails, die in den den Tagen eingingen…
An alle empörten Huntenkunst – Teilnehmer und alle sich betroffen Fühlenden, die es noch immer nicht verstanden haben: dies ist eine satirische Glosse. Übertreibung und das Fehlen jeglicher politischer Korrektheit zeigen immer mehr Wahrheit auf, als uns lieb ist. Genau deshalb reagiert Ihr, reagieren Sie so betroffen, denau deshalb macht es ja auch Spaß.