Ich mein, er müsse kommen
Von Osten.
(Friedrich Hölderlin, Der Ister)
rattoria am wasser
schön sitzen im sommer
mit trauerweiden und stocherkähnen
rendite und dolci
schöpferischer o wann
ströme und wälder
himmlische feuer
gründender gründe
geschleifte götternacht
ein stern
taucht in den fluss
kehrt wieder bringt
wasser bringt namen von dort
kommen menschen von dort
tscheremosch sereth und pruth
kommen menschen die wissen
(pallaksch pallaksch)
von jänner und yowta
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aus: mitteleuropäische zeit, Gedichte von Lothar Quinkenstein, Lyrikedition 2000.
In seinem neuen Lyrikband »mitteleuropäische zeit« führt Lothar Quinkenstein die Spurensuche fort, die bereits seinem 2013 erschienenen Band »gegenort« (Lyrikedition 2000) unterlegt war. Im Rhythmus ihrer eigenwilligen Orchestrierung verschränken die Verse Nähe und Ferne zu einem poetischen Raum, in dem die Echos einer zerstörten und verschütteten Erinnerung erklingen. Mit ebenso subtilen wie subversiven Mitteln wechseln die Gedichte die Register, um aus dem geläufig Vertrauten in die Landschaften eines Gedächtnisses zu gelangen, das unter dem Primat unserer Gegenwart häufig unbemerkt bleibt. Von der Warte dieses Gedächtnisses aus betrachtet, erweist sich dann auch manch gängige Nostalgie als Illusion. Wer geneigt gewesen wäre, Mitteleuropa nur mehr als Museum begreifen zu wollen, darf sich von diesen Versen erzählen lassen, wie viel es in den Sphären der »Welt von gestern« nach wie vor noch zu entdecken gilt.