Die literarische Produktion von Rolf Dieter Brinkmann ist ein herausragendes Beispiel für die Medialität der Kunst. Brinkmann thematisiert immer wieder den Doppelcharakter des Mediums als Instrument und Potenzial, die Verkörperungen sowie Erfahrungen einer unerwarteten Präsenz. Sein Changieren zwischen Kunst und Nicht-Kunst, die ausgiebige Beschäftigung mit Medienkonfigurationen und performativen Strategien machen ihn zu einem der heute interessantesten Protagonisten im Umgang mit Diskursen der Moderne.
Markus Fauser
Lange unzugänglich, liegen die Liebesgedichte, die der sechzehnjährige Rolf Dieter Brinkmann 1957 für eine aus der Ferne angehimmelte Internatsschülerin geschrieben hat, nun endlich vor. Markus Fauser, Leiter der Arbeitsstelle Rolf Dieter Brinkmann an der Universität Vechta, schrieb darüber ausführlich in der FAZ. Neben der großen Zahl der Gedichte sei „auch der Sprachüberschuss“ des angehenden Autors: „Bemerkenswert sind die hohe Empfänglichkeit, das ungewöhnliche Witterungsvermögen für akute Ausdrucksformen und die spürbare Expressivität, die Breite seiner sprachlichen Möglichkeiten. Gewiss, das eingesetzte Vokabular ist zeitgenössisch belegt, manches bloß Konfektionsware … Ein Anfang nur? Ja natürlich. Aber was für einer?“
Allerdings, und das muss auch gesagt werden, sind diese Gedichte mit Anfang 20 geschrieben worden, das heißt, Brinkmann war sehr jung, noch in den Fängen des Spätpubertären, des irgendwie auch Konventionellen.
Arne Rautenberg
Es ist mittlerweile der zweite erste Band, der das eigentliche Debüt des Lyrikers Rolf Dieter Brinkmann hatte werden sollen. Unlängst erschien bereits der Gedichtband Vorstellung meiner Hände, 1963 geschrieben, doch seinerzeit vom Verlag abgelehnt. Interesse hatte man an der Prosa des Autors, nicht an Gedichten, die sich von allem unterschieden, was damals als Lyrik galt. „Die Erde ist ein Sarg“, „Rondo für Maleen“, „Die hohen Feste des Luis Buñuel“, „Die Bombe in meinem Kopf“, aber auch „Ihre schönen Knie“, schon die Titel verraten: Die Verse des 23-Jährigen enthalten laut Klappentext des Verlages bereits den unverkennbaren Brinkmann-Sound, etwas roher, beredter, persönlicher, expressiver als später publizierte Texte des Autors.
Das Motto der Kulturnotizen-Redaktion lautet: „rescued from oblivion!“. In diesem Fall zweifelt KUNO an der Ausgrabung.
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Medialität in der Kunst Rolf Dieter Brinkmann in der Moderne. Hg. Markus Fauser.
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Ein Blick ins KUNO-Archiv: Lesen Sie auf KUNO Aufzeichnungen eines Abgeschriebenen von Jamal Tuschik. Einen Besuch des RDB-Hauses, von Enno Stahl. Auch Sophie Reyer hat sich in der Domstadt auf die Spuren von RDB begeben. Einen Artikel über Das wild gefleckte Panorama eines anderen Traums, Rolf Dieter Brinkmanns spätes Romanprojekt, von Roberto Di Bella. Und die Beantwortung der Frage: „Wer hat Angst vor RDB? durch Axel Kutsch. Theo Breuer gelingt es, dem Mythos nachzuspüren, eine angemessenere Würdigung Rolf Dieter Brinkmanns wird man kaum finden!