auf den neonklavieren der etagenflure zerklingen die moccatassen
die missionen sind die mondsiechen gesichte morgens wenn wir die finger
ins fleisch zerhackter erdbeeren tauchen und milch darüber gießen
tiefgekühlt um zu erwachen unterwandern wir die vertempelten bunker
beflecken wir die leeren patronenhülsen mit harz und honig lieben wir uns
beim gesumm einer im glas gefangenen fliege legen wir die erlahmenden
flügel in asche zerreiben wir das sirenenblau im laufrad der städte
zerbeißen wir krabben wie die gekalkten kehlen der väter köpfen wir
die truthähne mit dem kitzel des anblicks einer sonneneruption
während die blanke luft das blut aussäuft bleiben wir die kinder auf der wippe
am fernen ufer liegt die welt wir erstaunen auch nicht wenn das wild uns riecht
unsere kellerwohnungen sind die gut besetzten wolkentaxis
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Rückblick auf den Gedichtband kindheit und kadaver, Gedichte von Holger Benkel, mit Radierungen von Jens Eigner. Verlag Blaue Äpfel, Magdeburg 1995. Eine Rezension des ersten Gedichtbandes von Holger Benkel finden Sie hier.
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Wir begreifen die Gattung des Essays auf KUNO als eine Versuchsanordnung, undogmatisch, subjektiv, experimentell, ergebnisoffen. Was den Rezensionsessays von Holger Benkel die Überzeugungskraft verleiht, ist die philosophische Anstrengung, denen er sein Material unterwirft.
Holger Benkels Gedanken, die um Ecken biegen gehen weiter als der geschriebene Text; sie sind kein Ende, sondern ein Anfang. Sie versuchen, diesen kleinen Rest an Sprache etwas aufzuhellen, und wagen es seine Ränder verstehbar zu machen.
Holger Benkel beweist als Lyriker in seinem Band Seelenland ein Gespür für das Unvertraute im Vertrauten, das Unheimliche des Alltäglichen, das Scheinhafte des Realen.