Ich wundere mich
wieso heute alle Menschen lächeln
sie lächeln in der Innenstadt
sie lächeln an der Hauptwache
sie lächeln beim Eisessen
sie lächeln auf der Rolltreppe
sie lächeln in der S-Bahn
sie lächeln an der Haltestelle
dann fällt mir aber auf
dass nicht sie es sind, die lächeln
ich bins, die lächelt
sie antworten (mir) nur.
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Auszug aus: Kinder der verlorenen Gesellschaft, Gedichte von Safiye Can, Wallstein 2017
Auf den von der KUNO-Redaktion geschätzten Band Rose und Nachtigall (2014) von Safiye Can folgte recht schnell der zweite, recht heterogene Gedichtband Diese Haltestelle hab ich mir gemacht (2016), bereits hier zeigt sich, das große Literatur sich nicht aus einem gut sortierten Ideen-Stehsatz arrangieren läßt. Nun liegt bei Wallstein (2017) bereits der dritte Band vor. Beim Rudern nennt sich das: hohe Schlagzahl. Stellt sich Kreativitätsroutine ein?
Mit einem ähnlich hohem Ausstoß arbeitet sonst nur die von der Redaktion gleichfalls geschätzte Sophie Reyer. Man stelle sich für einem Moment vor, welche Bücherregale diese Autorinnen füllen würden, falls es in der Zukunft eine nennenswerte Totholzverwertung geben wird.