Erinnerung an den Tag des Mauerbaus

Hier ist er also, der große Zeitroman für Marcel-Reich-Ranicki.

Wend Kässens, NDR 3, Literatur vor Mitternacht

In seinem ersten Roman stellt A. J. Weigoni die Welt auf die Vergänglichkeitsprobe. Zwischen November 1989 und März 1990 komprimiert sich deutsche Geschichte unter dem Druck der Ereignisse. Vergangenheit und Gegenwart treffen in einer schockartigen Konstellation aufeinander. Über historische Kausalitäten hinausgehend wird die Gegenwart dabei erst im Verhältnis zu einer bestimmten Vergangenheit verständlich. Vielmehr noch entsteht die Vergangenheit durch perspektivische Deutungen fortlaufend neu.

A.J. Weigoni verdichtet Realitätsfragmente zu Poesie.

Dieser Romancier artikuliert ein nichtpropagandistisches Sprechen, eine Erinnerungs- und Beschreibungssprache, die sich angenehm abhebt von dem, was man über die sogenannte Wiedervereinigung lesen mußte. In Abgeschlossenes Sammelgebiet durchdringt er die Realität vom ersten bis zum letzten Kapitel, zeigt Widersprüche auf, und weist poetisch aus, wie sich Individuen im geschichtlichen Umbruch verhalten. Freiheit und Toleranz liegen nicht allein in klassisch westlichen Vorstellungen, sie können sich gerade untergründig in einem bewußten Umgang mit Traditionen offenbaren.

Der sogenannte Antifaschistische Schutzwall erscheint als Metapher für den Kollektivwahn, der am 9. November 1989 zum Ausbruch kommt.

Der Roman Abgeschlossenes Sammelgebiet ist ein zeitloses Buch über ein paar Tage, die außerhalb der Zeit liegen.

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Abgeschlossenes Sammelgebiet, Roman von A. J. Weigoni, Edition Das Labor, Mülheim 2014 – Limitierte und handsignierte Ausgabe des Buches als Hardcover

Briefmarke zum 20. Jahrestag der DDR, abgestempelt am 9. November 1989

Weiterfühend → Zur historischen Abfolge, eine Einführung. Eine Rezension von Jo Weiß findet sich auf kulturaextra. Einen Essay von Regine Müller lesen Sie hier. Beim vordenker entdeckt Constanze Schmidt in diesem Roman einen Dreiklang. Auf Fixpoetry arbeitet Margretha Schnarhelt einen Vergleich zwischen A.J. Weigoni und Haruki Murakami heraus. Eine weitere Parallele zu Jahrestage von Uwe Johnson und diesem Roman wird hier gezogen. Die Dualität des Erscheinens mit Lutz Seilers “Kruso” wird hier thematisiert. In der Neuen Rheinischen Zeitung würdigt Karl Feldkamp wie A.J. Weigoni in seinem ersten Roman den Leser intellektuellen Hochgenuss verführt. Einen Essay lesen Sie bei Buecher-Wicki.