SONG FÜR ALICE

 

dein mund so verlebt deine haut wie sahel

deine falschgeldorgasmen zu spitz und zu schnell

deine bongs und dein aber-papà-du

deine videopower dein Montereygrab

deine starschnittwand auf die keiner was gab

dein gemüt wie der schwanz eines sadhu

nein ich nehm’s nicht dein reich

nein ich nehm’s nicht geschenkt

deinen bitteren laich

und wenn da einer denkt

der verräter der hund er läuft weg

ruf ich: knet es doch weich

schluck’s hinab und verreck!

deine persische flöte auf lügen gestimmt

dein kungeln mit Krishna dein ablaßzimt

deine kette von rosenkranzperlen

die sind schon verfallen die klappern schon leer

Gott wendet sich ab und der teufel schreit: mehr!

deine hüte geordnet nach kerlen

dein schiff voller schätze aus Sansibar

die matrosen verdurstend jahr über jahr

und die beute versenkter feluken

die häfen von steinernen statuen gesäumt

wo das wasser geifernd um marmorfels schäumt

und die festung voll toter heiducken

dein dienstmagdgeheimnis dein zauberbuchbann

dein verschwiemelter blick und dein: sklave komm an!

und nachts deine kretischen stiere

die gesänge wenn du vor lebensangst pißt

und die fußtritte wenn du inn wolken bist

und die: ich schwöre dir! schmiere

deine katze die nichts aus den schlitzaugen läßt

die einen schon wenn sie den kopf hebt erpreßt

und schon am hoftor verlierst du

dein zimmer voll staub und voll billigem schmuck

deine käferschachteln dein fledermausflug

und in dem arschofen frierst du

nein ich nehm’s nicht dein reich

nein ich nehm’s nicht geschenkt

deinen faulaugenteich

und wenn da einer denkt

der verräter der hund er gibt auf

ruf ich: raff’s und werd reich

sauf’s hinab und komm drauf!

 

 

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Rohlieder I – X von HEL

HEL ist bekannt als Herausgeber neuer Talente im „literarischen Underground“ und Publizist gesellschaftskritischer Lyrik sowie Essays. Nach dem Zyklus Zeitgefährten, die zwischen 1977 – 2008 entstanden sind, veröffentlicht KUNO die Reihe Rohlieder I – X, die dank Caroline Hartge neu ediert worden sind. In diesen Gedichten spürt HEL das Existenzielle im vermeintlich Banalen auf. Er hat es hat es nicht nötig, Fiktion zu erfinden … die Fiktion existiert bereits.

Weiterführend →

Eine Würdigung von HEL findet sich hier. Eine faszinierend langer Briefwechsel zwischen Ulrich Bergmann und HEL findet sich hier. Eine Hörprobe des Autors findet sich auf MetaPhon.