„Die vom Gehirn befreite Hand bewegt sich, wohin die Feder sie führt; und sie führt Kraft einer erstaunlichen Behexung die Feder so, dass diese lebendig wird, aber weil die Hand jede Verbindung mit der Logik verloren hat, nimmt sie, auf diesem Wege wiederhergestellt, mit dem Unbewussten Verbindung auf.“
Untat kommt von untätig hörte ich ihn flüstern in Ohrmuscheln kriechen die Worte auf dem Amboss geschmiedet mit Hammerschlägen sausen brachial auf sie nieder bis Wort fetzen zerreißen die Stille das Fell der Trommel geschlagen das arme Kind rote Striemen an Wangen und Backen backe Kuchen wer hat’s nur gerufen? Jetzt steht’s da wie ein geprügelter Hund aus dem Dorf gejagt hinaus auf die Äcker die Jäger mit Flinten sitzen die Hasen zerfurchen und eggen und säen und ernten und danach wird geschmaust in Emmaus dass es eine wahre Freude ist wie Jesus den Kelch erhebt und anhebt zum Lobgesang auf den Wein das Blut und Brote bricht bis alle übersättigt dickwanstig in Ecken liegen sich in ungesunden Träumen ergehen von Koliken verschlossenen Därmen verkrampften Bäuchen schmerzverzerrt die Augen aufgerissen schweißgebadet im eigenen Saft gegart bis endlich das Erwachen erlöst von dem Übel denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit Darm.
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Freilauf, Miniaturen von Stefan Oehm, KUNO 2010
Die Miniaturen von Stefan Oehm sind eine Reihe von Short-Shorts, kurze Kurzgeschichten. Diese konzentrierten Prosastücke sind fast alle sind hintersinnig und mindestens doppelbödig. Einige bringen im Kopf des Lesers eine – kleinere oder größere – Welt zum Erblühen. Oder auch zum Verwelken.
Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur, sowie ein Recap des Hungertuchpreises.