Herbstvogel

Samstagmorgens gibt es nur eines zu tun: aus dem Haus und hinein ins städtische Marktvergnügen. Hier stehen tatsächlich noch echte Gemüsebauern und bieten ihre eigenen Waren an, oder die, welche sie von ihren Nachbarn übernommen haben. Die Soester Börde gibt eine unglaubliche Masse an Feldfrüchten her. Neben den diversen Salaten, auch die Kohlsorten, die immer gerne gegessen werden, Pastinaken, Petersilienwurzel, Sellerie und Steckrüben, Rote Beete, Kartoffeln, Lauch, Zwiebeln, Petersilie und vieles mehr. Und hier ist es viel günstiger, als mancher denkt. Frisches Gemüse kostet deutlich weniger, als die tiefgekühlten Waren, die in manchen Haushalten heute verwendet werden. Packung auf, in den Topf, fertig, hinunterschlingen, weitermachen. Das geht bei frischem Gemüse nicht. Man muss zubereiten. War nicht die Theorie einer Freundin gewesen, dass Feinschmecker niemals dick werden können, weil die Sachen einfach teuer sind, so dass man sich eigentlich nicht genug leisten kann, um wirklich satt zu werden. Frisches Gemüse allerdings ist Feinschmeckerkost pur, zu einer Kostenstruktur, die sich auch nicht ganz reiche Leute leisten kann. Die einwöchige Versorgung mit Gemüse und Kartoffeln auf dem Markt kostet gerade mal rund zehn bis fünfzehn Euro. Teuer waren Lebensmittel wie Käse, Fisch und gutes Fleisch. Herr Nipp jedenfalls liebte diese Gänge über den kleinstädtischen Markt, liebte es, wenn er dort Leute traf und einige Wörter wechselte. Die meisten Händler kannten ihn entweder von Sehen, teilweise sogar mit Namen. Wenn er etwas in der vorigen Woche bestellt hatte, dann brauchte er sich nur sehen zu lassen und man holte das Gewünschte aus dem Wagen. In der vergangenen Woche waren die Haselnüsse aus gewesen, so konnte er sich dieses Mal über das Kilogramm freuen, welches ihm sofort auf den Tresen gelegt wurde. Köstlichkeiten in harter Schale. Je nach Sorte zwischen 2,50 Euro und 4,90, auf jeden Fall billiger als in jedem Geschäft. Auf dem Rückweg hörte er dieses Mal leider einige Schritte vor sich das typische Geräusch, wenn ein Vogel vor die Scheibe fliegt. Nur etwas leiser. Ein Wintergoldhähnchen, mit den typisch gelbschwarzen Streifen am Kopf echter Borussenfan, es würde diesen Winter nicht mehr durch die Felder und Wälder streichen.

 

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Das Mittelmaß der Welt, unerhörte Geschichten von Herrn Nipp, dokumentiert auf KUNO 1994 – 2019

Zu einem begehrten Sammlerstück hat sich die Totholzausgabe von Herrn Nipps Die Angst perfekter Schwiegersöhne entwickelt. Zudem belegt sein Taschenbuch Unerhörte Möglichkeiten, daß man keinen Falken mehr verzehren muss, um novellistisch tätig zu sein. Herr Nipp dampft die Gattung der Novelle konsequent zu Twitteratur ein. Haimo Hieronymus präsentiert zudem Über Heblichkeiten, Floskeln und andere Ausrutscher aus den Notizbüchern des Herrn Nipp.

In 2018 kommt etwas Gewichtiges auf Sie zu. Zyklop I ist mit einer partikularen Sichtweise eine ebenso wunderbare, wie irritierende Erfahrung. Das eine ist nicht vom anderen zu trennen, denn Haimo Hieronymus will unbestreitbar Schönheit schaffen und er will hier nicht weniger als von allem erzählen: Vom Großen, Ganzen, vom Kosmos, von der Schöpfung. Gar vom Leben selbst, indem er in die Vollen greift, ohne Angst, etwas falsch zu machen. Kunst erkennt man daran, daß sie das Ewige sichtbar macht, Bilder werden zu einem idealen Erkenntnismedium. Zyklop I ist ein sakrales Kunstprojekt ohne religiöse Dogmen.

Zur Subscription freigegeben: Zyklop I, Fotobuch von Haimo Hieronymus, Edition Das Labor. Erscheint im September 2018 in einer limitierten Auflage von 100 Exemplaren. Freunde und Förderer werden im Katalog mit einer Würdigung dokumentiert.

Anfragen zu Zyklop I und den bibliophilen Kostbarkeiten über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421

Weiterführend → Zum Thema Künstlerbücher finden Sie hier einen Essay sowie einen Artikel von J.C. Albers. Vertiefend auch das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus.