Die Säulen

 

(Zwei in dem Ausstellungsraum befindliche Säulen ca in der Mitte des Raumes von ca. jeweils 4 m Höhe im Abstand von ca. 3 m werden im Spiralgang von oben nach unten mit Text bestempelt. Es ist ein Dialog, der in einer spontanen Aktion ohne Vor-Schriften entstand. Dabei wechselte ich für die jeweiligen Rede- und Antwortpositionen auch die jeweils örtliche an der entsprechenden Säule mit meiner sperrigen Leiter. Aus den Passagen gehen die beiden Gesprächspositionen hervor. Der Leserbetrachter ist gezwungen, später von Säule zu Säule zu wechseln und ebenfalls im Spiralgang den Text um die Säulen herum zu lesen. Ansonsten bleibt der große Raum, dessen Wände  nach Exposition schreien, leer…)

Du mußt jetzt mal aufhören. Was Neues machen. Wenigstens könntest du aus der Nacht der Indifferenz in den Tag der Verschiedenheit treten, der provokanten Verschiedenheit, wohlbedacht!

Was denn Neues machen? Womit aufhören? Nächte haben dunkel zu sein, oder ?

Meine Tage sind weniger verschieden als provokant, ich genieße die Wiederholungen…

Tage, Nächte, nicht mal mehr Kunstlicht, dämmert es dir? Und Wiederholung ist – gewaltig genug –  ein Wort der Behauptung.

Gewaltig sind das Meer und die Götter, gestatte, daß ich das 2 x sage, einmal für das Meer, von den Göttern aus, einmal für die Götter, vom Meer aus gesehen.

Ja, diese Erkenntnis hört nicht auf, neu zu sein. Provokant ist daran nur, daß wir sie nicht begreifen.

Du nimmst doch nur das Ähnliche im Anderen zum Anlaß, der Wiederholung zu huldigen!

Nein, nicht Wiederholung, wir speichern! Der MENSCHENKOPF reimt sich auf NICHTS, warum also Wiederholungen schaffen?

Erfaßt! Datiert! Gespeichert! Wir haben es immer geliebt, wenn uns etwas parierte!

Und wenn es schließlich all unsere Wünsche zu speichern versteht, haben wir es erzogen…

Was aber, wenn die Lager einmal alle überfüllt sind? Wenn es aus den Türen und Fenstern der Speicher quillt?

Vielleicht findet dann endlich doch die Leibnitzsche Monade ihren Fensterplatz.

Ist AUSERHALB dann ANDERSWO und doch nicht Alibi?

Der Behälter, der die Überflüsse auffängt und den unser Denken als das All vorstellt, wird von keinem Stern mehr wissen.

Ein wohlig-düsteres  Weltbild: taube Gemütlichkeit des „cosmischen Denkens“…

Eher eine Art Überdruss, der nicht entweichen kann…

Das Neue wird aus Überdruss geboren.

Muß nicht jedes noch so neue Denken in die vorgeprägten Spuren treten, Höhlungen in den Grund (eines Modells, vor Urzeiten entworfen), auf dem es wandelt?

„Mit den Füßen“ stehen wir auf Grund, der Kopf reicht nicht daran heran. Einmal wird deine Stirn den Grund berühren, dann endlich wirst du gefangen sein.

Neues tun!

Soll ich aufhören?

Hierzu bitte „das Mittel als Feind“ korrespondieren lassen.

 

 

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Der Obenstehende Dialog entstand 1986 im Künstlerhaus Bethanien Berlin aus dem Stehgreif und wurde direkt auf die Säulen meines Ateliers in Spiralen gestempelt. Ich habe den Text später  fotografiert und unvollständige Sätze ergänzt, nicht sicher, ob sie so auf den Säulen platziert waren…..

Weiterführend →

Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung an die visuellen Arbeiten von Angelika Janz. Und nicht zuletzt, Michael Gratz über Angelika Janz‘ tEXt bILd