Eine Sache, an die Herr Nipp nun wirklich seit Jahren glaubt, ist die These, dass Ideen zu bestimmten Zeiten in der Luft liegen und gedacht werden. Ob sie geboren werden, erscheint ihm eher zweifelhaft. Aber die Zeiten haben ihre Erfordernisse und so werden diese erfüllt.
Nach dem zweiten Weltkrieg war es nur sinnvoll, die Rüstungsreste wie abgetakelte Flugzeuge für die Entwicklung neuer Autos zu gebrauchen. Mobilität war wichtig. Um eine funktionierende Wirtschaft aufzubauen, musste jedes Mittel genutzt werden. Dabei entstanden durchaus spannende und teilweise abstruse Konzepte, man denke nur an Autos von Weidemann oder Kleinschnittger, die heute fast völlig vergessen sind. In kleinen Manufakturen versuchten Tüftler neue Konzepte und scheiterten wirtschaftlich gesehen vielfach. Letztlich konnten sich nur die großen Marken durchsetzen und haben alles andere verdrängt, auch wirtschaftliche Unternehmen, wie etwa Borgward. Ganz andere Erfordernisse ergeben sich in einer Zeit der globalen Umweltverschmutzung, die inzwischen durchaus bedrohliche Ausmaße angenommen hat. Nicht mehr die Neuentwicklung von Verbrennern fossiler Energieträger sollte im Zentrum der Weiterentwicklung stehen, sondern alternative Konzepte. Aber seien wir ehrlich, solange die Verbraucher mitspielen und ihre Benzin- und Dieselkutschen im SUV-Format „brauchen“, ändert sich wenig. Erst Gesetze und Verbote werden so zur Veränderung führen. Letztlich muss den Menschen aber klar gemacht werden, dass eine Dreckschleuder kein Statussymbol darstellen kann! Na, mal sehen.
Heute entwickeln gleich mehrere Projekte Möglichkeiten zur Reinigung der Meere. So viel Plastik gibt es dort, dass sich eventuell ganze Inseln daraus gebildet haben, glaubt man den Bildern der einschlägigen Presse. Auf jeden Fall aber ist ein riesiges Zuviel davon im Meer, das wird wohl jeder erkennen, der mal am Strand spazieren geht. (Vielleicht ist das ja einer der Gründe, warum Herr Nipp lieber in die Berge fährt. Vielleicht liegt es aber daran, dass er lieber aktiv ist, als in der Badehose faul am Strand zu liegen und sich dort andere Menschen anzusehen.) Und jeder erzählt dazu seine eigene Geschichte. Die ist manchmal plausibel, manchmal auch hanebüchen. Herrn Nipps Geschichten gehören wohl zu letzteren. Aber wie sagte es letztens seine kluge Schwester? Letztlich zählt die Geschichte dahinter und wer von Hölzchen aufs Stöckchen kommt, geht durch den Wald oder auf Parkett. Das ist komisch, denkt Herr Nipp, diesen Vergleich kenne ich auch. Und ich dachte immer, er käme von mir. Tut er auch, denkt die Schwester, aber unser Autor hat uns beiden die Ideen in den Kopf gelegt.
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Das Mittelmaß der Welt, unerhörte Geschichten von Herrn Nipp, KUNO 1994 – 2019
Die unerhörten Geschichten von Herrn Nipp sind glossierende Anmerkungen die sich schnoddrig mit dem Zeitgeist auseinandersetzen. Oft wird in diesen Kolportagen ein Konflikt zwischen Ordnung und Chaos beschrieben. Wir lesen sowohl überraschendes und unerwartetes, potentiell ungewöhnliches, das Geschehen verweist auf einen sich real ereigneten (oder wenigstens möglichen) Ursprung des Erzählten.
Weiterführend →
Zum Thema Künstlerbucher lesen finden Sie hier einen Essay sowie ein Artikel von J.C. Albers. Papier ist autonomes Kunstmaterial, daher ein vertiefendes Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier.
Die bibliophilen Kostbarkeiten sind erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421