Der Trainer gibt klare Anweisungen, Befehlen gleich, keine überflüssigen Worte, die Gestik, Mimik, seine Körpersprache völlig dominant, fast schon mit militärischen Zügen. Die Mannschaft folgt den Anweisungen, ein Fingerzeig wird zum Gesetz. Fast verzückt wirken sie, wenn selten einmal ein knappes lob kommt. Nur dann, wenn etwas gelungen ist. Keine Kuschelpädagogik. Jeder spurt, macht, was ihm gesagt oder mit bezeigendem Blick bedeutet wird. Die Übungen gehen an die Grenze der körperlichen Belastbarkeit, nie darüber hinaus. Höchste Konzentration ist gefordert, immer. Wer nicht mitmacht kann gehen, sofort. Beein- druckend und vor allem sehr abschreckend. Jeglicher Demokra- tischer Einspruch wird nicht geduldet, hier ist die Macht, die Herr- schaftsstruktur zementiert. Der Trainer ist Mittelpunkt, er ent- scheidet. Niemand sonst. Alle sind still, meistens, manchmal leise Gespräche zwischen den Kindern, die allerdings betreffen das Training. Er aber wird nicht laut, schimpft nicht, er sieht und guckt, gibt Zeichen, fertig.
Herr Nipp denkt, dass dieses Gehabe bei der heutigen Jugend sicher nicht ankommt, ankommen kann. Er ist völlig entsetzt, das widerspricht seiner Vorstellung von Umgang mit Menschen, wurde er doch in den achtziger Jahren sozialisiert. Wer will sich heute schon derart unterordnen. So etwas kann niemand wollen. Mit anderen Beobachtern sitzt er auf den Rängen und verfolgt das Training der zehnjährigen Kinder gespannt, auch hier alles ruhig. Da meint ein etwa Fünfzehnjähriger hinter ihm:“Geiler Trainer, den hätte ich auch gerne.“
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Das Mittelmaß der Welt, unerhörte Geschichten von Herrn Nipp, KUNO 1994 – 2019
Die unerhörten Geschichten von Herrn Nipp sind glossierende Anmerkungen die sich schnoddrig mit dem Zeitgeist auseinandersetzen. Oft wird in diesen Kolportagen ein Konflikt zwischen Ordnung und Chaos beschrieben. Wir lesen sowohl überraschendes und unerwartetes, potentiell ungewöhnliches, das Geschehen verweist auf einen sich real ereigneten (oder wenigstens möglichen) Ursprung des Erzählten.
Weiterführend →
Zum Thema Künstlerbucher lesen finden Sie hier einen Essay sowie ein Artikel von J.C. Albers. Papier ist autonomes Kunstmaterial, daher ein vertiefendes Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier.
Die bibliophilen Kostbarkeiten sind erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421