Ichung

 

Die Kugel durchdringt den Kern und wirft die Geißel ab, nun Kugel in der Kugel. Fischblase mit der türigen Wand vor dem Ich zwischen Arktis und Antarktis. Da schwimmt das Universum im Universum. Nord und Süd gehen ineinander, vertunneln sich und tauschen verspindelt die Seiten. Das war der Anfang, schon kompliziert genug. Ich schien unsterblich. Ich bin Seele und Körper. Aber nun wachse ich kreisförmig, indem ich mich immer wieder auflöse. Geburt und Sterben ist eins, Mund und Mund, Anfang und Ende. Blase, Spindel, Tetraeder, Sterntetraeder, Würfel, Kugelkugel, Torus.

Ich fühle es ja. Ich spüre, wie ich mich fortwährend teile und zerfalle. In jeder Sekunde zerfalle ich millionenfach und baue mich wieder auf.

Ich liege auf dem Metallbett und höre, wie mein Herz schlägt. Wenn ich auf dem Herzen liege, bebt der Schlag bis zum Hals, wenn ich mich umdrehe, höre ich nichts. Herzstillstand. Ich höre mein Blut. Ich fließe mit, träume vom Tag, ich träume den Tag ins Blut. Dann schlafe ich ein, während die Mitochondrien in mir brennen.  

 

 

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Gionos Lächeln, ein Fortsetzungsroman von Ulrich Bergmann, KUNO 2022

Vieles bleibt in Gionos Lächeln offen und in der Schwebe, Lücken tun sich auf und Leerstellen, man mag darin einen lyrischen Gestus erkennen. Das Alltägliche wird bei Ulrich Bergmann zum poetischen Ereignis, immer wieder gibt es Passagen, die das Wiederlesen und Nochmallesen lohnen. Poesie ist gerade dann, wenn man sie als Sprache der Wirklichkeit ernst nimmt, kein animistisches, vitalistisches Medium, sondern eine Verlebendigungsmaschine.

Weiterführend →

Eine liebevoll spöttische Einführung zu Gionos Lächeln von Holger Benkel. Er schreib auch zu den Arthurgeschichten von Ulrich Bergmann einen Rezensionsessay. – Eine Einführung in Schlangegeschichten finden Sie hier.