Dem Barbaren

 

Deine rauhen Blutstropfen

Süßen auf meiner Haut.

 

Nenne meine Augen nicht Verräterinnen,

Da sie deine Himmel umschweben;

 

Ich lehne lächelnd an deiner Nacht

Und lehre deine Sterne spielen.

 

Und trete singend durch das rostige Tor

Deiner Seligkeit.

 

Ich liebe dich und nahe weiß

Und verklärt auf Wallfahrtzehen.

 

Trage dein hochmütiges Herz,

Den reinen Kelch den Engeln entgegen.

 

Ich liebe dich wie nach dem Tode

Und meine Seele liegt über dich gebreitet –

 

Meine Seele fing alle Leiden auf,

Dich erschüttern ihre schmerzlichen Bilder.

Aber so viele Rosen blühen

Die ich dir schenken will;

 

O, ich möchte dir alle Gärten bringen

In einem Kranz.

 

Immer denke ich an dich

Bis die Wolken sinken;

 

Wir wollen uns küssen –

Nicht?

 

 

 

 

***

Else Lasker-Schüler aka Prinz Yussuf (1912)

„Die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte“, sagte Gottfried Benn über Else Lasker-Schüler. Sie bewegte sich wie eine Märchenfigur durch Berlin und fiel mit ihrer exzentrischen Erscheinung auf.
Else Lasker-Schüler wurde geboren am 11. Februar 1869 in Elberfeld. Sie starb am 22.1.1945 in Jerusalem.

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KUNO würdigte die Poetin mit einem Rezensionsessay. Poesie zählt für die Kulturnotizen weiterhin zu den wichtigsten identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.