Protest gegen die Vergesellschaftung

Es gibt kein Dokument der Kultur, das nicht zugleich eines der Barbarei wäre.

Walter Benjamin

Die Theorie der Avantgarde erschien 1974 und entfaltete sogleich eine beträchtliche Resonanz. Peter Bürgers Verständnis der Avantgarde geht davon aus, dass die Avantgarde eine produktive bis destruktive Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Institution Kunst ist. Eingebettet ist dieses Theorieprogramm bzw. diese Theorieprogrammatik in ein Verständnis der Literaturwissenschaft als Kritische Literaturwissenschaft. Die Theorie der Avantgarde, wie sie Bürger vorlegt, ist nicht denkbar ohne eine Literaturwissenschaft, die die hermeneutische Autorität der Tradition angreift bzw. kritisiert.

Neugier, die gespeist ist von einer großen Humanität.

Thomas Hettche

Die Theorie der Avantgarde, die Peter Bürger in Auseinandersetzung mit Ansätzen von Benjamin und Adorno entwickelt, will ein Instrumentarium bereitstellen, mit dessen Hilfe der Ausbruchsversuch der Avantgardisten aus den Grenzen der Institution Kunst auf Begriffe gebracht werden kann. Eine solche Theorie mit historisch beschränktem Geltungsbereich stellt zugleich den Versuch dar, Literaturtheorie historisch zu fundieren. Sie versteht sich als Beitrag zur gegenwärtigen Methodendiskussion in den Kulturwissenschaften.

Duchamp, Warhol, Picasso, Heartfield – was vereint diese und andere Künstler, deren Werke bei Ihrem Erscheinen in der Kunstwelt zunächst als bloße Provokationen wahrgenommen wurden?

Peter Bürger sucht in seiner Theorie der Avantgarde nach Antworten auf diese und viele daran anschließende Fragen. Im Kern geht es dabei immer um die Bedeutung des Kunstwerks und der Kunst im Allgemeinen für die moderne Gesellschaft. Bürger zeichnet die Grundlinien der Rezeptionsgeschichte der Avantgarde im Nachkriegsdeutschland nach. So sind sowohl die Rede vom ‚Erbe’ der Avantgarde als auch die Persistenz des wissenschaftlichen Diskurses über Avantgarde im Grunde Belege des „Scheiterns“ von Avantgarde. Eine Avantgarde nämlich, die sowohl künstlerisch als auch wissenschaftlich kanonisch wird, ist keine mehr.

 

 

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Theorie der Avantgarde von Peter Bürger, edition suhrkamp 1974

Weiterführend →

Zu den Gründungsmythen der alten BRD gehört die Nonkonformistische Literatur, lesen Sie dazu auch ein Porträt von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins. Kaum jemand hat die Lückenhaftigkeit des Underground so konzequent erzählt wie Ní Gudix und ihre Kritik an der literarischen Alternative ist berechtigt. Ein Porträt von Ní Gudix findet sich hier (und als Leseprobe ihren Hausaffentango). Lesen Sie auch die Erinnerungen an den Bottroper Literaturrocker von Werner Streletz und den Nachruf von Bruno Runzheimer. Zum 100. Geburtstag von Charles Bukowski, eine Doppelbesprechung von Hartmuth Malornys Ruhrgebietsroman Die schwarze Ledertasche. 1989 erscheint Helge Schneiders allererste Schallplatte Seine größten Erfolge, produziert von Helge Schneider und Tom Täger im Tonstudio/Ruhr. Lesen Sie auch das Porträt der einzigartigen Proletendiva aus dem Ruhrgebeat auf KUNO. In einem Kollegengespräch mit Barbara Ester dekonstruiert A.J. Weigoni die Ruhrgebietsromantik. Mit Kersten Flenter und Michael Schönauer gehörte Tom de Toys zum Dreigestirn des deutschen Poetry Slam. Einen Nachruf von Theo Breuer auf den Urvater des Social-Beat finden Sie hier – Sowie selbstverständlich his Masters voice. Und Dr. Stahls kaltgenaue Analyse. – Constanze Schmidt beschreibt den Weg von Proust zu Pulp. Ebenso eindrücklich empfohlen sei Heiner Links Vorwort zum Band Trash-Piloten. Inzwischen hat sich Trash andere Kunstformen erobert, dazu die Aufmerksamkeit einer geneigten Kulturkritik. In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen, der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Die KUNO-Redaktion bat A.J. Weigoni um einen Text mit Bezug auf die Mainzer Minpressenmesse (MMPM) und er kramte eine Realsatire aus dem Jahr 1993 heraus, die er für den Mainzer Verleger Jens Neumann geschrieben hat. Jürgen Kipp über die Aufgaben des Mainzer Minipressen-Archives. Ein würdiger Abschluß gelingt Boris Kerenski mit Stimmen aus dem popliterarischen Untergrund.