Sieben Gedichte VI

 

 

Wem sind wir nah? Dem Tode oder dem,

was noch nicht ist? Was wäre Lehm an Lehm,

formte der Gott nicht fühlend die Figur,

die zwischen uns erwächst. Begreife nur:

das ist mein Körper, welcher aufersteht.

Nun hilf ihm leise aus dem heißen Grabe

in jenen Himmel, den ich in dir habe:

daß kühn aus ihm das Überleben geht.

Du junger Ort, der tiefen Himmelfahrt.

Du dunkle Luft voll sommerlicher Pollen.

Wenn ihre tausend Geister in dir tollen,

wird meine steife Leiche wieder zart.

 

 

 

Mit seiner in den Neuen Gedichten vollendeten, von der bildenden Kunst beeinflussten Dinglyrik gilt Rainer Maria Rilke. als einer der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne.

Weiterführend → Lesen Sie auch den Essay von Rainer Maria Rilke auf KUNO über Moderne Lyrik.

 Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.