Kategorie: Allgemein

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  wenn Haar Laub wird verschlingen Wipfel das Gesicht Frau du: Baum, der blutet       *** Baumzyklen, Gedichte von Sophie Reyer, KUNO 2024 Weiterführend →  Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage…

EIDECHSEN

    wohnte eine frau auf einer waldwiese wie im gehege  umzäunt von einem hain aus dorngesträuch und büschen  mit heckenrosen die wild wuchsen hatte sie dahinter einen mann  mit pferdefuß als liebhaber der schwarz gekleidet ging  besorgte sie der…

Vernunft

Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Michael Gratz mit einem Geleit zum Band  tEXt bILd.

Fragen über Fragen

    fragen fragen fragen fragen hinterfragen zu ende fragen das unzulässige doch denken alles in frage stellen bis es eine gültige antwort gibt.     *** Feuerzeichen, Gedichte zum Krieg gegen die Ukraine, von Peter Paul Wiplinger. Löcker Verlag,…

Burschen

  Burschen dahier unter schlafenden Platanen etwa meterlange Werkshallen das Innere gewiß schützend vor Regen & ineinandergeschoben ernst die Häuser & ein wenig sich übertreiben dem Weggang aufmerksam fixiert hoch oben im Klang kahler Weymouthskiefern & weit weit mochte wünschen…

Lautbildungsapparat

  Fraktaliæt des vergeblichen Daseins Furror der Teilnahmslosigkeit = in Kippfiguren wird das Denken still… ihr Beobachtungstemperament ist charakterfundiert sie werden zu Abenteurern ihrer selbst: zeitlich & œrtlich gænzlich indifferent   die Dinge ihrer Welt werden in die Sprache abgeteuft…

Sonette – XXI

  Als mich die Stimme rief die nächtens spricht Ward ich wie Sterbende ins Schiff entrissen In Segeln meinen trügerischen Kissen Verwähnte ich geborgen mein Gesicht   Vor ihm der kommt im Wind und kommt mit Wissen Die schwarze Woge…

Gegen die Kraft der Poesie ist der Tod machtlos

  Wer dem Tod nicht von der Schippe springen will, der tanzt mit ihm solange bis … Drei Zitate leiten den eben erschienenen voluminösen Gedichtband von Horst Samson ein: von Oswald von Wolkenstein aus dem späten Mittelalter (1377-1445), von dem…

Noch einmal davongekommen

  Nach einer durchwachten Nacht Sitz ich gegen Morgen Vorm Schreibtisch Rauche die werweißwievielte Zigarette Und muß den Produktionen Eines Amselhähnchens zuhören Das in der Kastanie vorm Haus Mit euphorischen Trillern Einem Tag entgegensingt Der zwingender nicht Herbeigesehnt sein kann.…

Interpretationen 9 – wien: heldenplatz

  wien: heldenplatz ist ein Gedicht des österreichischen Lyrikers Ernst Jandl, das auf den 4. Juni 1962 datiert ist und erstmals 1966 in Jandls Gedichtsammlung Laut und Luise veröffentlicht wurde. Es gehört zu den bekanntesten und in der Sekundärliteratur am…

KRÖTE

    lebte eine kröte mit warziger haut im sommer an einem landhaus wie ein kleiner drache zwischen blumen galt sie als giftig wurde sie gefangen  in den wald gebracht und kam zurück  auf kurzen beinen trank sie  aus dem…

Metaphysical Poet

Am Anfang mag das Wort gewesen sein, am Ende bleibt die musikalische Dimension der Sprache als ihr neuer Inhalt. Dies gelingt beinahe unmerklich und schließlich so perfekt, dass die Menschen, die eben noch sprachen, auf einmal zu singen scheinen. Es…

In deine Augen

  Blau wird es in deinen Augen – Aber warum zittert all mein Herz Vor deinen Himmeln.   Nebel liegt auf meiner Wange Und mein Herz beugt sich zum Untergange.       *** „Die größte Lyrikerin, die Deutschland je…

Über den jungen Dichter

  Immer noch zögernd, unter geliebten Erfahrungen überwiegende und geringere zu unterscheiden, bin ich auf ganz vorläufige Mittel beschränkt, wenn ich das Wesen eines Dichters zu beschreiben versuche: dieses ungeheuere und kindliche Wesen, welches (man faßt es nicht: wie) nicht…

DORFGRUND

    als häuser nur an erhöhten stellen standen weil es noch keine dämme gab fiel ein dorf  durch eine flut hinab bis auf den grund des flusses  kamen geister ertrunkener an land saßen sie  unter krumm gewachsnen bäumen lockten…

Restauration

nach Durchlesung eines Manuskripts mit Gedichten Das süße Zeug ohne Saft und Kraft! Es hat mir all mein Gedärm erschlafft. Es roch, ich will des Henkers sein, Wie lauter welke Rosen und Kamilleblümlein. Mir ward ganz übel, mauserig, dumm, Ich…

Wirkmächtig

Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung an…

Rhetorikkünstler

    Sprachschnippisch sprechstilhaft ausgekeift   Geisterhaft unbeschwert   Warmweigerlich wunschbegehrt posiert   Herztöne, Kopfnoten neidgerecht eingekreist   sorgenlos flatterhaft   vom Zahn bis zum Stiefel poliert Erfolgsmensch und Herrenmensch, merkantil losgelöst   Zerrbild im Spiegel   Narziss seiner selbst…

Bild mit einer Rückenfigur

  Anschauung ist ein Sich-in-die-Bilder-Vertiefen. Das Resultat ist bestenfalls eine Antwort des Bildes. Ähnlich wie in der Musik oder der Poesie löst ein Bild im Publikum eine Art von Gefühl aus, ohne dass sie ganz genau sagen können, worum es…

Das Sauerland

  Das Sauerland, das Sauerland, ist mir so gut wie unbekannt. Ich fürchte nur, ich bleibe stur: Es fehlt mir dort so gut wie ganz Temperament und Eleganz. Und Wald und Flur, Möhne und Ruhr, das alles begeistert mich nicht,…

Toter Kater

  Auf seinem Lieblingsstuhl, dem roten, wachte, spielte, schlief er. Kein Traum lässt zucken seine Pfoten. Diesmal schläft er tiefer.   Als hätt‘ er sich nur hingelegt, langgestreckt wie immer. Kein Schnurrhaar sich mehr regt. Er erwachet nimmer.    …

friedenstraum

  wo die klimaanlage am kaufhauseingang noch wärme abstrahlt singt sie zur gitarre peace and endless love und schaut fordernd auf die münzen vor ihren füßen   zuhörerinnen die augen geschlossen schwingen hilflos mit bis der kaufhaussicherheitsdienst sie vertreiben will…

Schlachtfeld

  Schollenmürbe schläfert ein das Eisen Blute filzen Sickerflecke Roste krumen Fleische schleimen Saugen brünstet um Zerfallen. Mordesmorde Blinzen Kinderblicke.         *** Am 1. September 1915 ist August Stramm bei Horodec östlich Kobryn, in einem sinnlosen Krieg gestorben. Seine Texte fallen…

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  ränderling immer noch unverändert wieder hier   wo du warst das dazwischen:   weißt nicht mehr alter anfang tat sich schwer   wieder hier tut sich mut   bist du alt keine rahmen für das herz   unverändert immer…

Medway Poets

I had this translation of Les Fleurs du mal. I love Charles Baudelaire. Him and Shakespeare are the only people I think are better than me. I swear to Christ, I think I’m better than every fucker. When I finally…

WÜSTUNG

    liegt ein findling noch wo einst der feldweg abbog führen straße und schienen hinweg über die wüstung blieb ein teich nur vom dorf wie anderswo brunnen oder turm über der erde und vom leben geröll unter den füßen…

NATURBEOBACHTUNG

  Den Tau in den Netzen fangen wie die Spinnen und sie fragen wie es sich lebt unter dem Schweigen der zerteilten Himmel, ohne Lot, im Regenwald der Sterne. Sie könnten es wissen. Sie oder Jesaja, der eine Jahreszeit verbrachte…

wieder davongekommen

Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Mentalitætshistoriografie

  mit schroffen Montagen die unwegige Sprachlandschaft durchqueren & sich den Weg durch die Ambivalenzen der Gegenwart bahnen das Schrundige / Blockhafte aus dem Leben herauskehren & den Aufstand der Zeichen gegen ideologische Sprachregelungen entfesseln   in grauer Unaufdringlichkeit mit…

Erinnerung

  Es zuckt die Lippe und das Auge lacht, Und doch steigt’s vorwurfsvoll empor, Das Bild aus tiefer, tiefer Herzensnacht – Der milde Stern an meines Himmels Tor. Er leuchtet siegreich – und die Lippe schließt Sich dichter – und…

Autobiographischer Essay

  In meinem Gedicht spreche ich von Gottes glänzender Ironie, mir gleichzeitig achthunderttausend Bücher und Dunkelheit zu schenken.     *** Der in der Schwebe gelassene Sinn, die Produktion von Ambiguität – was für Roland Barthes Brecht im Theater geleistet…

Lieber ulk!

    Und ich sage dir, es wird die zeit kommen, in der die einrichtung einer zelle vom hoftapezierer Schulze oder vom professor Van de Velde als strafverschärfung gelten wird.     *** Adolf Loos war ein österreichischer Architekt, Architekturkritiker…

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  (und die Zweige unter der ganzen Erde ausbreiten): ewiger Feigenbaum     *** Baumzyklen, Gedichte von Sophie Reyer, KUNO 2024 Weiterführend →  Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das Schreiben…

GEGENLIED

  Ich seh eine stadt wo mauern ragen wie alter penner verpestete häute wo grabhäuser namen von morgen tragen in mausoleen die volaite* wiederkäute wo in hinterhöfen mülltonnen schnäppen wo penner gelassen in lachen verfaulen wo schlepper passanten in nepphöhlen…

Er

  Silbrig schreckt er dich nachts auf zeigt uns seine ruhige Macht Wir brauchen nicht zu hoffen werden kein Mitgefühl entdecken Er zeigt uns sein kaltes Leuchten eine Pfeife hat er nie besesssen       Weiterführend → Zum Thema…

gedicht das fast verdurstete

  es atmet regen es öffnet sich wie ein umgedrehter schirm es hat einen körper der spürt die wolken fallen als zärtlich stürzendes wasser es ist entspannt und es sinkt in die geräusche des laubs durch die sommerhitze ist es…

Dialogisches Interplay

    das Geplapper der Philologie mit einer Produktion von Præsenz ueber blasse Worte durch starke Empfindungen diesseits der Hermeneutik bewæltigen & auf dem Tummelplatz der Deutungen mit ironischem Traditionalismus reagieren   im Diskurs–Discounter = dem Hintergrundrauschen der Inspiration >…

Sonette – XX

  Vergängnis bebt in den Beseelten allen Wie Tanz verblieb im Herz des Tänzers steht Ob auch die Geige schwieg zur Heimkehr spät Begleiten Wolken ihn in Wälderhallen   Vernehmt zur Einkehr aller Wesen lädt Sein Tod der wächst gleich…

DER HERAUSFORDERER

  Jahrelang standen wir uns am Tresen gegenüber,und mal ging die Runde an dich,mal habe ich einen Sieg errungen.Wir fighteten hart um jeden Zentimeter,in den Kaschemmen, draußen im Parkoder oben in meiner Wohnung.Du bist immer jung geblieben, in bester Kondition,absolut…

Wortwurzel

  Warum Pflanzen und Bäume? Und warum über Pflanzen und Bäume schreiben? Dazu muss bei der Sprache begonnen werden, denn was ist Bezeichnung anderes als arbiträr? Nun: Die Wortwurzel des Begriffes „Baum“ – wobei die Bezeichnung „Wortwurzel“ sich hier besonders…

WAS ICH SEIN WERDE

  Brezelverkäufer mit und ohne Abitur, Befürworter von Schweigeminuten für alle überlieferten Toten, Flaneur und Ewiggestriger, Studierter in Sachen Fortschritt und Stillstand, Pfeilwurz und Wadenwickel, enterbt aber, gottlob, glücklich.         *** Alles Weitere Mündlich, Gedichte von Ralph…

Ein Rettungsprojekt für Twittergedichte

Wird Netz-Flüchtigkeit zur Text-Flüchtigkeit? Clemens Johann Setz war Twitter-Fan und wollte seine Gedichte nur noch dort veröffentlichen – bis Elon Musk Twitter zu X umwandelte. Nach seiner Übernahme ist es zum Spielzeug des anscheinend völlig durchgeknallten Milliardärs geworden. Musk kann…

Novemberland

  Sonette GrasSieren ja dörzeit, auch im kommoden Steidl. Die hier sind von Herrn GrasS, der, wenn ich mich recht erinnere, einmal berichte zur lüge der nation verfaßt hat, auch diente er um soziaaldemokraten: Lastenausgleich. Seinen namen machte er sich…

Nur dich

  Der Himmel trägt im Wolkengürtel Den gebogenen Mond.   Unter dem Sichelbild Will ich in deiner Hand ruhn. Immer muß ich wie der Sturmwill, Bin ein Meer ohne Strand.   Aber seit du meine Muscheln suchst Leuchtet mein Herz.…

KRIEG

    kehrten drei bauernsöhne aus dem krieg zurück hatten sie als söldner marodiert und litten nun  der eine war taub der andere stumm der dritte sprach  nur stotternd mit den bauern die ihnen halfen  aus mitleid beim neubau der…

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  Kompensation   Er wolle eine Semmel da hinein Wurst und einen Blatt Gouda und ein Gurkerl   Nein die Semmel solle ein Kornspitz sein die Wurst nicht Extra sondern Pute ja er mit seiner extraWurst nicht wahr   Sie…

Die elementare Vielfalt des Meeres

Horst Samson spricht anklagend von Exil, von ,Niemandlingen‘, die nicht allein das Land ihrer Träume, sondern auch die Bitternis der Fremdheit erleben. Überall trägt der Entwurzelte das Gepäck der Erinnerungen mit sich. Kann ein Sammelband mit achtundneunzig Gedichten, in mehr…

fremdflüchtig

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Geflochtenes

  Sie flechtet ihre Liebe in Girlanden: Sie hängen schwer und duften lichtbeschienen, In ihren Blüten Hummeln, Käfer, Bienen,   Die – magisch angezogen – gerne landen, Um dort zu nippen, wo die Säfte perlen, Die sie benebeln und dazu…

HALBPOET

  Du bist vorbeigegangen und hinüber Die milkshake küsten liegen überall Hast Babylon geschaut und glaubst es über und hast doch nichts getan zu seinem fall In deiner kryptonwelt stehst du Sinuhe* verlorenes kind im alligatormaul den zähnen abgezählt die…

Bruchstücke von Cortez

die äste brachen sie die ufer leckten die jahre von ihren füßen sie reichten brot und salz und beides brannte in unseren wunden wir reichten unsere hände die rissen sie aus und verbrannten sie kein pfeil mehr der uns trägt…

by the sea

Weiterführend → Mit einem Nachruf würdigt KUNO Peter Meilchens Lebenswerk. Lesen Sie auch den Essay 50 Jahre Krumscheid / Meilchen über die Retrospektive im Kunstverein Linz und den Essay zum Buch / Katalog-Projekt 630.

Zeitlich

Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Interpretationen 8 – Der Rabe

  The Raven ist ein erzählendes Gedicht des US-amerikanischen Schriftstellers Edgar Allan Poe. Es wurde zum ersten Mal am 29. Januar 1845 in der New Yorker Zeitung Evening Mirror veröffentlicht und schildert in 108 Versen den mysteriösen, mitternächtlichen Besuch eines…

Sonette – XIX

  Nur eine Stunde hat der Geist geweiht In seinem Namen wenn die ernsten Frühen Mit ihrem Licht den Osten übersprühen Und regen Winden Venus gibt Bescheid   Dann tauchet aus den Händen sonder Mühen Der dunklen Röte stumme Heiterkeit…

BRAND

  brannte das kloster nieder erklärte der probst das feuer sei gelegt worden von fremder hand erzählte man er hätt sich ostern damit aufersteht sein leib zwei wagen kommen lassen voll mit jungen frauen und betrunken versehentlich sein bett entzündet…

Wir leben immer für die Zukunft

    Wir leben immer für die Zukunft: Ewiges Stimmen und nie beginnt das Konzert         Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen…

Zeitzeichen

Er ist der Vater der deutschen Nachkriegsmoderne- und dies gleichermaßen durch programmatische Verlautbarungen wie extraordinäre poetische Texte, die bis heute- und über das Heute hinaus- ihre Spannkraft behalten haben. Er ist – im technischen wie im imaginativen Sinne des Begriffs…

ZUGANG ZU WINDRÄDERN

  Am Stadtrand die Zentrifugen schleudern den Horizont klein unermüdlich   Machinen erinnern an Zukunft, die es nicht gibt, untröstlich in ihrer Aufrichtigkeit   Flügel angeschminkt, verbeulte Gaben in der Hand, die panischen Säulen. Luft bäumt sich,   verkrallt in…

Moor & Mergelgrube

  ein sanfter Todesengel streicht mit dem Fluegel das matte Stirnengeflecht sæuselt Verfuehrungen ueber Dressur, Raserei & Taumel ins: luesterne Ohr gleitet zur Hals/Schlag/Ader saugt durch spitze Zæhne das Lebenselexier aus der Blutbahn greift an das steinerne Herz fuehlt das…

Räume, Zeiten, Erkenntnisse

Wer vermutet, die geschlossenen Kirchen seien ein Szenenausschnitt aus einem rumänischen Dokumentarfilm oder gar eine Metapher für eine konfessionslose Gesellschaft, wird verblüfft feststellen, dass dieses Gedicht von Ana Blandiana nach einem Spaziergang durch die Kölner Innenstadt entstanden ist. Mit dem…

Falsche Flucht

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

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  Universum umgekehrter Baum unten die Zweige oben die Wurzeln wir geigen: Existenz        *** Baumzyklen, Gedichte von Sophie Reyer, KUNO 2024 Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie…

Röntgenaufnahme

  Könnten wir uns jetzt zu einem Gruppenfoto begeben und ein Röntgenbild schiessen in unserer Brust zeigte sich ein spreizendes Geäst feierlich und wir würden mit einem Schlag zu Korallen.   Der bunt gedeckte Tisch auf einmal ein Bootswrack wir…

SCHNAPS

      verfiel ein branntweinbrenner der schwarzen magie um einen noch besseren schnaps zu brennen laugte er mit alkohol menschliche schädel aus die er vom friedhof holte und mit nach haus nahm eines tages aber öffnete sich geräuschlos die…

Distrikte des Dæmmers

  leere Flæchen fehlender Erinnerung fuellen sich mit der Erfindung von Vergesslichkeit in einem Logbuch der Nicht–Ereignisse Fæhrtenleser der durchschossenen Wirklichkeit werden Antworten auf elementare Fragen des Lebens am: Wegesrand auflesen &   in Skepsis an einer schluessigen Menschenkenntnis dem…

O.T.

  Ich stehle dir die Worte aus dem Mund hefte sie an die Kiele meines Chembalos Deine Noten sind Veilchen die aus meinen Händen wachsen     *** Schwankende Lupinen. Gedichte von Jane Wels. edition offenes feld, 2024 „Mein Wolf…

Wer bist du Grand Canyon

  Ein Ding das in Lamellen fort und fort verzweigend ein Etwas das in sich selbst verschwindend vom eignen furchtbaren Gewicht erschrocken wie ein Salamander seine Seele vor Touristen unter Felsen verbirgt Ein Sechshundertmillionenjahrding teils vom ersten Beginn teils vom…

Enzyklopädien des täglichen Irrsinns

  vier-fünf U-Bahn-Stationen all die Woolworth-Mädchen mit Lippenstift und Beatles im Ohr und die Männchen mit ihren Trauerhüten und Regenschirmen und so viel Charme im Gesicht wie ‘ne Schreibe Ersatzschinken also auch alles Verlierer ihr Einsatz so klein dass es…

Kreativität und Disziplin

  Die Disziplin setzt in der Formung des Materials ein, aber ich weiß, dass schon die Auswahl des Materials einem kreativen Akt unterliegt, nicht beherrschbar ist und auch nicht vollkommen beherrschbar sein sollte. Auch die Formung selbst, zu der eine…

ZU EINER TOTENFEIER FÜR ARNOLD BÖCKLIN

(In die letzten Takte der Symphonie tritt der Prolog auf, seine Fackelträger hinter ihm. – Der Prolog ist ein Jüngling; er ist venezianisch gekleidet, ganz in Schwarz, als ein Trauernder.)   Nun schweig, Musik! Nun ist die Szene mein, Und…

Violett verraucht

Bei den Poetry Slams, da kommt zur Idiotie des Prätentiösen die Illusion, dass ein Bier in der Hand genügen würde, um alle grundsätzlichen Fragen zwischen Schrift und Rede mit einem Schluck aus der Welt zu schaffen. Und obendrein sind 90…

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    ich bin ein flächenbrand ohne ränder man band mir die hände ab   die gewänder der augen schraubten sich fest   abschaben und beschiffen ich stand in der bauchdeckee der offenen ohnmacht und höhlte die fracht ausm hintersten…

Das Unbewußte des Dichters

  Goethes Leben und Erziehung waren durchaus die eines Künstlers. Ihm fehlt das Unbewußte des Dichters. In seiner Selbstbiographie beschreibt er genauestens das Leben des Verfassers von »Wilhelm Meister«. Denn, wie dieses Buch eine Mischung von seltener und leuchtender Weisheit…

Verinnerlicht

(Meinem Doktor Benn)   Ich denke immer ans Sterben Mich hat niemand lieb.   Ich wollt ich wär still Heiligenbild Und alles in mir ausgelöscht.   Träumerisch färbte Abendrot Meine Augen wund verweint.   Weiß nicht wo ich hin soll…

Der Revoluzzer

Der deutschen Sozialdemokratie gewidmet War einmal ein Revoluzzer, Im Zivilstand Lampenputzer; Ging im Revoluzzerschritt Mit den Revoluzzern mit. Und er schrie: „Ich revolüzze!“ Und die Revoluzzermütze Schob er auf das linke Ohr, Kam sich höchst gefährlich vor. Doch die Revoluzzer…

Wo niemand

Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung an…

Massendiskurs

  Es ist nicht jedem gegeben, sein Innerstes an die Oberfläche aufsteigen zu lassen, ohne Scheu und ohne Furcht vor dem Zerrissenwerden oder der Antwort: Was für ein schwacher Text! Aber es geht gar nicht anders. Ich glaube, es ist…

Interpretationen 7 – Nur zwei Dinge

  Nur zwei Dinge ist ein Gedicht des Lyrikers Gottfried Benn. Es ist datiert auf den 7. Januar 1953 und wurde erstmals in der Frankfurter Ausgabe der Neuen Zeitung vom 26. März 1953 veröffentlicht. Im Mai desselben Jahres erschien es…

Es ist leichter Gedichte zu machen, als zu verstehen

    In den Äußerlichkeiten kann man Dichtung nach Kunstregeln bewerten, aber das Gute, das Höchste, das Gottbegnadete an ihr ist erhaben über Gesetz und Vernunft.           Weiterführend → Für KUNO ist Michel de Montaigne, ein Blogger aus…

Den Sanduhren zum Gruß

  Unter dem Streiflicht Mirabilien, Perlen eine zarte Blendung: Sonne und Meer nur Chiffren verlorene Entwürfe kaum Sand, kein Meer, und ein Tag wächst strandlos an den nächsten. Dies ist dein Gelände dein unumstößliches Zeugnis. Hier steht dein Schweigen geschrieben,…

Ich- & stiebfest

  Ein gedichtgefecht auf hoher warte, an tiefe fragen rührend, wann hat es das zuletzt gegeben? wir wissen von Meckel / Törnes freundschaftlichem versewechsel eine generation zuvor. Hier beversen sich wieder zwei dichter. Doch beiden geht es um angelpunkte, die…

Ich kann ihre Gedichte nicht leiden

Vor 100 Jahren starb Franz Kafka. Inzwischen ein Klassiker der Moderne war auch er von Vorurteilen nicht frei.      „Ich kann ihre Gedichte nicht leiden, ich fühle bei ihnen nichts als Langweile über ihre Leere und Widerwillen wegen des…

Spalte ab deine Worte

  von den Lippen und wirf deinen Blick nicht weg vergeblich tauben Augen zu Gefallen tue keinen Schlag ins Leere oder auch nur weniger     *** Anmerkung der Redaktion: Dieses Wortfeld wurde dem Roman Schimpfen von Peter Meilchen entnommen.…

Prothesenwesen

  Rasender Stillstand / veredelte Vergænglichkeit auf Markanz, Inszenierung + Identitæt bedingungslos verzichten & Wandlungsreisender werden   Hyperboles & Ellipsoide generieren Nuancen der Verrohung weisen auf das Archiv der Verletzungen & die rostig rasselnden Fesseln der Authentizitæt   Ideologieabstossend /…

heavy metal/makarenko

  acht jahre nach unserer gemeinsamen inhaftierung (hauptquartier golgatha-makarenko: gelitten gestorben auferstanden in den toten eines brennenden kaufhauses: des banats im jahr der panzer und barrikaden an meinem 6. geburtstag dem beginn eines u-boot kriegs zwischen mir und meiner seele…

WEIßE FRAU

    warnt niemand mehr kinder vor ihr die sie einst raubte um sie zu opfern  daß nach dem winter auferstand  die saat aus ihrem körper der garbe wie feuer in der asche ist vergessen wie sie gebot über leben…

Durch die Friedrichstrasse

  Durch die Friedrichstrasse – die Laternen brennen nur noch halb, der trübe Wintermorgen dämmert schon – bummle ich nach Hause. In mir, langsam, steigt ein Bild auf. Ein grüner Wiesenplan, ein lachender Frühlingshimmel, ein weisses Schloss mit weissen Nymphen.…

Gewinn

  Ich sitz bei mir, auf einem dieser Stühle, Die zwischen allen stehn, im Zwischenraum. Und um mich weht des einen Herbstes Kühle, Da Blatt um Blatt verlässt den einen Baum.   Ich frage mich, wie ich mich immer fühle,…