Kategorie: Allgemein

Bann

  Du kannst natürlich auch gebannt auf die Schlange schauen wie ein Kaninchen, besser ist es jedoch, sie zu ignorieren und ziehen zu lassen.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen…

Unter Kollegen

Immer wenn’s regnet, schreibe er ein Gedicht. Bei Sonnenschein, sagt er, schreibe er nicht. Ich möchte ja nicht gehässig sein. Ich wünsche ihm immer Sonnenschein.  *** Weiterführend → Axel Kutsch erweist sich als Meister der Twitteratur. Aus dem Band Versflug,…

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    Da wo wir sind müssen wir einander nicht berühren:    Im Frühling, im Frühling that´s all     *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von Sophie Reyer, Kulturnotizen 2016 Further reading → Ein Porträt von Sophie…

Liber sum

Ich weiß nicht, Schlange, was das war – auf einmal stehe ich in einem gigantischen Buchladen. Die Kerker von Piranesi sind dagegen richtig klein, nur hell ist es,  gleißend hell, das Licht flutet aus allen Richtungen übereinander, überall sind lange…

dornen

  geh ich disteln an den füßen über land  leg ich mich nieder unterm leichentuch des himmels zwischen tieren und pflanzen  fern von menschen fällt mir niemand ins wort  stürzt nur ein ast auf mich herab  springen kerne aus den…

Gedankenstrich

Den Raum so gestalten, dass die Vollendung erst mit dem inspirierten Menschen stattfindet, der sich nicht nur im Raum befindet, sondern darin ist. Mit seinem physischen Wesen und seinen sich entfaltenden, freien Gedanken. *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016…

Verlustgewinn

Wenn wir uns lieben, Schlange, bin ich doch ganz tief in dir drin? – Ja klar, sagt Schlange. – Ich meine, bin das ich? – Ja, sagt Schlange, ist dir das denn nicht recht? – Ich weiß nicht, sage ich,…

Ich, Schlange

Du, sagt Schlange, ich bin dein Alter Ego, ich stehe immer hinter dir. – Umgekehrt ich auch, sage ich, ich bin am liebsten dein Über-Ich, das mir unterliegt. – Ich bin, sagt Schlange, dein Unter-Ich, das über dir steht. –…

Brueckenschlag zum Verstummen

  Klanggeschichtenfeinmotoriker treffen auf Menschenverzauberer & erproben die Aufhebung der Schwerkraft versuchen das Fragmentarische zu transzendieren Purismus als Ekstase der Enthaltsamkeit & Askese als Triumph der Sinne zu entdecken   kleine Risse in der Verschlossenheitsfassade eine Referenzfigur verweist auf Auswege…

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Ich schau dir nach klar Sonnen schein auf gefaltet liegen gelassen im Licht:   ich schau dir nach und sing    *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von Sophie Reyer, Kulturnotizen 2016 Further reading → Ein Porträt von…

Kleine Kindlichkeiten

Morgens, wenn die Wolken fliehend über das Himmelsblau huschen, kann es Herrn Nipp nicht zu Hause halten. Durch das Fenster hatte er fast sehnsüchtig die Wettersituation betrachtet. Der Wind schien durchaus Kraft und vor allem Geschwindigkeit zu haben, das macht…

Gedankenstrich

Das Gerede deswegen nicht ertragen, weil ein Gerede ohne ein Du und ohne ein Ich auskommt.   *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Further reading → Lesen Sie auch das Porträt der Autorin und das Kollegengespräch zwischen Sebastian Schmidt und…

Hohltaubenlied

  Ein Hohltaubenmann rief, aber sein Weibchen kam nicht. Es hatte den Winter nicht überstanden und lag mit gebreiteten Flügeln abseits im Gesträuch. Aber das Männchen wollte das nicht wahrhaben und rief und rief. So blind vor Verleugnung und Bezweiflung…

The Coffee Crisis

  Was ist die Welt mit ihren traurigen Gestalten, die bösen Gästen gleich aufs Kaffeetrinken lauern, und deren schlechte Launen manchmal ewig dauern, nur weil sie einmal keine Dosenmilch erhalten!   Ich soll als Aschenputtel quasi häuslich walten, so dass…

nenn es urbanal

  stadtlicht, es riecht nach bewegung, zusammengehaltens wünschen aus allen sinnen, über schwellen zu brücken, verbaut verwachsen, krümmungen steilungen, weile an weile gerückt, aus fenstern fällt schwer sickert strömt flutet treppengelächter, ein geländer lädt auf, halte ich händen mein wort,…

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Im Kern von so einem Felsen da ist eine Härte die alles übertrifft so bin ich im Innersten erfroren: Du wurdest groß Wie kann man einem Kind ins Grab nachstarren sag es noch einmal: Schmerz ist nicht   wahr  …

Keine Sprache in der Lunge

  durch den Kehl kopf mit Permanent atmung hinter herhecheln die Vermessung des Rachens weitet sich zu einer Archæologie des Gaumens & legt eine Geschichte der prothetischen Verbauungen frei vom Umherirren erschœpft zu sammensacken & den rasselnden Odem durch die…

Ich, Übergott

Dein Kopf steht dir im Wege, sagt Schlange. – Ich verstehe mich gut mit meinem Hirn, sage ich. – Warum wirkst du dann so verkrampft?, sagt Schlange. – Ich entwerfe mich selbst, wenn ich mit mir rede, sage ich, ich…

Ein einziger kämpferischer Kommentar zur Gegenwart

Man sollte keine Bücher schreiben ohne Listen drin , zitiert Clemens Schittko Wolfang Herrndorf, um dann in seinem neuen Gedichtband „Weiter im Text“ fast ausschließlich Listen aneinander zu reihen. Klingt langweilig? Unmöglich? Jedenfalls nicht nach Gedichten? Über all diese Zweifel…

zaehes klima im schwerkraftsneurotisierten beta-terrain:

rollo der abenteurer schwingt sein `pad´ + ist restlos unzufrieden: fade vibrationen  entladen sich in mickrigen hochspannungsblitzen am sorgsam entwoelkten ersatzfirmament: wo ueberdimensionale krawattennudeln die beliebte oil-of-olaz-werbung abloesen: rollos credo („als psychotiker kennst du keine anderen schmerzen!“) geht heute nicht…

Gedankenstrich

Mein Bemühen gleicht der Suche der zwei Parallelen, die in der Unendlichkeit aufeinandertreffen. Oder die Suche nach einer Mitte in einem Universum, das keine Mitte hat.   *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Further reading → Lesen Sie auch das…

Sprüche und Widersprüche

  Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben. Man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.     *** Karl Kraus ist eine Meister des Aphorismus, in seinen Ausführungen finden wir aber auch Zuspitzungen. Der in der Schwebe gelassene Sinn, die…

Gegen die Zeit

Picasso in Düsseldorf, sage ich, das haut mich um. – Seine letzten Bilder, na ja, die sind aber sehr sehr – speziell, sagt Schlange, es geht da immer nur um das eine Thema, das euch Männer so beherrscht. – Ach…

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Deine eigene Fülle ist die Landschaft breitet   ihre Flügelchen um dich aus und die Frauen   schwankten dir entgegen mit einer Blume schwanger Aller   Anfang ist leicht     *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von…

Mehr Licht

  Treten Sie bitte zur Seite. Ihr Schatten fällt auf das Gedicht.   Gedichte verkümmern im Schatten. Gedichte benötigen Licht.    ***     Weiterführend → Axel Kutsch erweist sich als Meister der Twitteratur. Aus dem Band Versflug, präsentiert KUNO…

Anachronistische Zeiten

Seine ungerechte Milde empört mich. Immer wieder verzeiht er mir, was ich nicht begangen habe. Der Wiener Autor Alfred Grünewald (1884-1942) ist mit seinem umfangreichen Werk – mehr als zwanzig Bände – heute weitgehend vergessen, auch wenn der 1996 veröffentlichte…

Autorengespräche

Das einzige, was ich mir wirklich wünsche, ist, zurückgezogen zu leben. Ich will nur in Ruhe gelassen werden. Elfriede Jelinek Carsten Gansel ist ein umtriebiger Mann. Er ist Autor von Monographien, Herausgaben, Editionen zur deutschen Literatur des 19. bis 21.…

Für Orhan Pamuk

  Sie badet nackt im hohlweg Bosporus die dampfer leichten schlafes ihr spalier der kabbelwellen papageienkuß und träger tragen nacht nach Cihangir   Den hügeln aber zeigt sie sich verhüllt im kleid mit goldnem labyrinth bestickt Wenn der nordost aus…

Gedankenstrich

Heute ist jeder mannigfach vernetzt, an der Vernetzung eifrig immer weiter arbeitend bis zur Verhedderung. Wie viel Grosses aber wurde geschaffen aus der Einsamkeit heraus, mit einer starken, stillen Anbindung zur Welt hin.   *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen…

Kein einfacher Monolog

Alles liegt viel zu tief. Wenigstens das hellfarbene, in Plastikfolie gewickelte Etwas herausziehen. Mein früherer Klavierlehrer, ein Lisztanbeter, der hatte Riesenhände, für ihn wäre es jetzt ein leichtes Spiel, an meiner Stelle da drin herumzuwühlen. Bevor ich anfing zu üben,…

Don Giovanni

Ach, Schlange, sage ich, als wir in der Gelateria Italiana den Frühling an einem der hellen Tische auf dem Bürgersteig feiern, die Welt ist so schön, der Himmel so blau, und ich habe dich ganz fest in mein Herz geschlossen…

Kinder auf der Landstraße

Ich hörte die Wagen an dem Gartengitter vorüberfahren, manchmal sah ich sie auch durch die schwach bewegten Lücken im Laub. Wie krachte in dem heißen Sommer das Holz in ihren Speichen und Deichseln! Arbeiter kamen von den Feldern und lachten,…

Gedankenstrich

Von einen bereichernden Austauschs mit einem anderen auf das Ursprüngliche zurückkommen: mit Schwung im Gang und leichtem Haar.   *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Further reading → Lesen Sie auch das Porträt der Autorin und das Kollegengespräch zwischen Sebastian…

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Geretteter Regen: Wir   sind   *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von Sophie Reyer, Kulturnotizen 2016 Further reading → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das Schreiben…

Band 8 der Kaukasischen Bibliothek

  Wer einen ersten Blick auf den Band 8 der Kaukasischen Bibliothek des Herausgebers Uli Rothfuss wirft, den überrascht das schräg  platzierte Foto auf der Umschlagseite: Schota Tschantladse und seine Freunde Guran Dotschanaschwili und Ansor Asatiani. Es sind Namen, die…

Verfremdung

Ach, Schlange, sage ich, ich habe die ganze Nacht immer nur dasselbe geträumt! –  Was denn?, sagt Schlange. – Ich kämpfte mich die ganze Zeit in einer riesigen Stadt durch den gewaltigen Verkehr. – Das war ja wieder mal klar,…

Versnetze_neun

  Zum Geleit: Ende Juni 2016 wird im Verlag Ralf Liebe die neunte Ausgabe der von Axel Kutsch herausgegebenen Anthologie-Reihe „Versnetze“ mit neuen Gedichten deutschsprachiger Lyrikerinnen und Lyriker erscheinen. „Versnetze_neun“ enthält auf 328 Seiten unter anderem Texte von Theo Breuer,…

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Ruf dich an ihre Stelle Welchen Stufen hast und welchen Rückgrat Bogen gegen die Abgründe getürmt   Welche Risse überbrücken in dir den Knick des Raumes: Wand, Aufgang, Durchblick, Wölbug spürst nach mit Finger Kuppen Atem Krümmung:   Mein Kind…

Gedankenstrich

Muttersprache: dort, wo das Wort Liebe die wärmste Temperatur hat. *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Weiterführend → Lesen Sie auch das Porträt der Autorin und das Kollegengespräch zwischen Sebastian Schmidt und Joanna Lisiak. KUNO verleiht der Autorin für…

Dekadansé

  da muss man sich durch tanken die Buchstaben steh’n lassen alle Silben ausspielen den Worten durch die Beine tricksen den Sætzen gegen die Lauf richtung spielen … es geht nur noch um = eine Sprache die sich selbst zum…

Brutto und Netto

Sag mal, sagt Schlange, wie lange kennen wir uns eigentlich schon? – Brutto oder Netto?, sage ich. – Brutto, sagt Schlange. – Zweieinhalb Jahre, sage ich. – Und Netto? – Kommt darauf an, sage ich, was du unter Netto verstehst.…

Freiheit

    Aufgefallen waren ihm vor allem ihre lässigen Kleider, die den Charme der späten sechziger Jahre versprühten. Dieses Gefühl von Freiheit und Liebe, von Toleranz und Exzess. Für die heutige Zeit fast erschreckend. Trotzdem setzte sich der Kolkrabe auf…

Elftes Nachtstück

  Du gehst falsch mit ihr um, die dir in treuer Ergebung in den Träumen erscheint. Du befürchtest sie, weil sie den Traum-Anschein stört, und sehnst sie herbei. Äonen, seitdem du ihrem traurigen Mandelgesicht ein Lächeln entlocktest, zu eurem Kennenlernen…

Die Unterwerfung

  Wenn Herr Nipp sonntagmorgens aus dem Bett fällt, weiß, dass sonst noch niemand auf ist, dann hat er manchmal nicht Anderes und Besseres zu tun. Er baut sich Satzkonstrukte, die weniger Sinn als Schönheit haben oder nach bestimmten Kriterien…

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  Von Engeln kosten Dass sie nicht gleich aufschrein jubeln vor Freude: Einer erscheint   Richtungen weisen sie mit Schwingen Flugspuren zeichnend verdoppeln sich ineinander:   Verdichtung es dunkelt     *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von…

So heiß

Mir ist so heiß, sagt Schlange. – Mir auch, sage ich. – Du hilfst mir nie, sagt Schlange, mir ist so heiß unter der Decke. – Tu die Decke weg, sage ich. – Dann fehlt mir was, sagt Schlange, ohne…

mecklenburg (gesang für ein polnisches fischgericht)

  vater spricht von häuserbauenauf der weide die stute galoppiertüber die straßen zieht salzluftin bernsteinfarbenen fenstern spiegeln rosenblätterschneefalter einen krieg zwei kriegebist du fort gezogen und gestorbendein gummibaum erinnert nochdeine schwestern sind alle tot deine brüdernur einer hat überlebt ruhe…

Verwerfungsspalte

    der Konflikt zwischen dem kollektiven Schicksal & den individuellen Idiosynkrasien wird in einer reflexiven Selbstvermessung zum zentralen Topoi um in einem alltæglichen Ausnahmezustand durch Grundmuster der Monographien in den innersten Bezirk eines Denkens einzudringen:   die blaue Kælte…

Mhmm.

Schlange, sage ich und recke und strecke mich wohlig im lebensvollen Traumbett, stehe auf, tanze federnd auf beflügelten Füßen zum Kühlschrank, zum Toaster, zum Tisch. – Was willst du essen?, sagt Schlange. – Kalt geschleuderten Honig auf bayerischer Butter über…

Gedankenstrich

Der Künstler darf, wenn er die richtigen Worte findet, sein Werk erklären. Dies jedoch vorauszusetzen, ist anmassend und bleiern.   *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Further reading → Lesen Sie auch das Porträt der Autorin und das Kollegengespräch zwischen…

Haare

    Ihre Haare trägt die Prinzessin am liebsten streng um den Kopf geflochten. Traditionell sitzt sie morgens ein halbe Stunde vor dem Spiegel ihrer Jungfrauenkammer und macht sich zurecht. Sie wartet auf ihren Traumprinzen, seit 70 Jahren.   ***…

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  Sich dem Nähren nähern Mund des Sees kehrt die Wunde um wandelt Verletzungen in eine Landschaft aus Atem in der kein Versäumnis mehr kauern kann: Jetzt jetzt und   jetzt     *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische…

mohn

  steig ich mohn im haar aus den pforten der nacht geh ich dem tag entgegen überschütten mich samen sinkt mein kopf die kapsel umfliegen mich hummeln     *** Seelenland, Gedichte von Holger Benkel , Edition Das Labor 2015…

Freiwillig gebe ich nicht auf

  Die Temperatur treibt mich in den Mantel. Und Schuhe ziehe ich auch noch an. Es entfernen sich schleunigst die Perioden. Kopf oder Zahl, der Zufall hat kein Gedächtnis. Ein zufälliges Ereignis wird nicht wahrscheinlicher, je länger es zuvor nicht…

veranlagungen

  bin unruhen heimlich hinterher geschlichen von schlichten bedeutungslosigkeiten stringent verfolgt kreisen über mir unbemannte raubvögel in februarstürmen ziehen wolkenschiffe über horizonte fliehen vorwitzig gedankenbrüche in kriegsgebiete nostalgischer logiker nichts ist nicht mehr nichts und dennoch bleiben reste von amtlich…

Libido

Schlange? – Ja? – Bist du noch müde? – Wie spät ist es denn? – Halb neun, sage ich, die Sonne scheint. – Ich bin noch so müde, sagt Schlange. – Dann schlaf weiter. Ich bin auch noch ganz müde,…

Gedankenstrich

Ein Land, in dem man den Leuten ansieht, ob sie satt sind und gegessen haben oder ob sie das Essen noch vor sich haben.   *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Further reading → Lesen Sie auch das Porträt der…

Ein-Mann-Stadt

Als er uns damals sagte, er würde gerne nach Graz ziehen, wusste er selber nicht, warum er gerade dort seiner Pilgerschaft ein Ende bereiten wollte. Verwundert fragt er sich, wie er überhaupt all die Jahre glauben konnte, an ein Ziel…

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    Das heilige Wort an Großmutters Garten erinnernd:   Zitterbirke   *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von Sophie Reyer, Kulturnotizen 2016 Further reading → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie…

Phönix

Das Leben ist so eigentümlich, sage ich, als ich mit Schlange zu Bett gehe, ich weiß nicht, ob ich jetzt allein mit dir schlafe oder zu zweit. – Wir sind doch nicht zu dritt, sagt Schlange, kannst du nicht zählen?…

exprimtell

  A kadementen exkeribenten mamakafenten hirnkrüppel hinkt   B linguenten smörrealenten tönerne enten dichtungsberingt   C erebum jandln follt ihr ferfandln zuckerkandl arbe   huelsenbeckmandln tristantzarandln D adadad Arp      *** Further reading → Eine faszinierend langer Briefwechsel zwischen Ulrich…

Der Zettel

  „Grauzarte Nebelbänke hatten sich in dieser Nacht sanft über die Landschaft geschoben, sie in ihren weichen Dunst gehüllt. Die Sicht auf die Hügel dieses Mittelgebirges hatte eine Ungenauigkeit angenommen, als blicke man durch opakes Glas. Die sonst so harten…

Shakespeares Könige und große Herren

Vor 400 Jahren starb William Shakespeare. Hugo von Hofmannsthal mit einem Essay über den Menschenerfinder Ich glaube zu wissen, was Sie bewogen haben kann, mich hierher zu rufen, damit ich vor Ihnen spreche. Es war keinesfalls der Drang, etwas Neues zu…

Apotheose

  Schlange, sage ich, ich habe Hunger. – Auf was denn, fragt Schlange, willst du mich? – Nein, sage ich, ich habe nicht den großen Hunger. – Dann koch dir was, sagt Schlange. – Ich weiß nicht was, sage ich,…

Gedicht gegen die Arbeit

  Der Seemann wird heimgerufen. Der Fensterputzer ist weg vom Fenster. Der Schaffner liegt in den letzten Zügen. Dem Heizer erlischt der Lebensfunke.   Der Schmied springt über die Klinge. Der Autohändler kommt unter die Räder. Der Kfz-Mechaniker schmiert ab.…

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Eine Güte ist gut   Sie schläft in der Landschaft borgt dem Himmel ihre Stimme: Zwitschern aus Stille   Füttert ein Tier  das sie liebt und rollt sich abends in deinem Bauch zusammen   Versucht zwischen Innen und Außen jeden…

wölfe

  leuchten die augen der menschen unterm lichtgebiß des kriegs aus wölfischen gesichtern in den todesauen der medien lecken lippen das salz von der haut heilt honig nicht die wunden im kopf kreisen die tödlichen sonnen   *** Seelenland, Gedichte…

Unterdrückte Nachrichten

Die frühe DDR war ein Archipel der Angst. Ein politisches Schweigesystem, das sich zwangsläufig in ein literarisches Schweigen hinein verlängerte. (S. 71) Die intensiven Recherchen und die zahlreichen Publikationen zur systematischen Unterdrückung literarischer Zeugnisse in der Frühphase der DDR und…

Das erste dadaistische Manifest

Dada ist eine neue Kunstrichtung. Das kann man daran erkennen, daß bisher niemand etwas davon wußte und morgen ganz Zürich davon reden wird. Dada stammt aus dem Lexikon. Es ist furchtbar einfach. Im Französischen bedeutet’s Steckenpferd. Im Deutschen heißt’s Addio,…

Verlorenheitstaumel

  im Warten entsteht ein Gluecksmoment = die Empfindung, intensiver zu leben in der sich die Welt fuer einen Augenblick œffnet & einen reinen Blick auf die Dinge freigibt:   lichtdurchflutete farbige Materie man kann sein Herz œffnen hinsehen /…

Courbet

Ein schönes Bild, sage ich, als ich vor dem berühmten Aktgemälde von Courbet stehe, ein tiefes Bild! – Ich weiß nicht, sagt Schlange, was du an diesem Bild findest, du siehst in die geöffneten Beine einer nackten Liegenden, das Bild…

Malerei auf Papier

    *** Weiterführend → Eine  Würdigung von Jürgen Diehl finden Sie hier. Hören Sie auch die Hommage an Jürgen Diehl auf MetaPhon.

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  In allen hohen Gräsern könntest du liegen und schlafen hinter den Jalousie Lidern eines jeden Hauses   Innen trag ich dich/ ein sanftes trotziges Kind/ aus   Wie Glitter für Blinde *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung…

Haut an Haut

Ich liege gern so eng bei dir, sage ich. – Das ist schön, sagt Schlange, das gefällt mir, du liebst mich eben sehr. – Ja, sage ich. – Aber, sagt Schlange, du liebst vielleicht nur meinen Körper. – Was denn…

Überfahrt

  Als die Großmutter starb, lag das Land nicht im Schatten, wie es die großen Dichter beschreiben, wenn der Welt und einem ihrer Wesen Ungerechtigkeit widerfährt. Es war Ende August, der Hochsommer neigte sich schon und verbrühte den Landstrich mit…

von uns aus

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Gedankenstrich

Auch ohne intellektuelle Familie intellektuell werden. Aber ohne Humor in der Familie Sinn für Humor(bildung) haben? Das Intellektuelle kann isoliert aufgebaut werden und sich dann in alles hineinfügen. Humor ist von vorneherein eingefügt. Humor ist keine Lehre, die abgesondert gelehrt…

Expedition in versunkenes Gelænde

  Realitæt > gefiltert durch die Erinnerung auf der Innenseite der Lider bleibt das Fortdauern des Augenblicks in einer zu Miniaturen verdichteten Welt   die Kantilenen sind durchgeatmet um im Gehæus‘ der Sprache eigentliche Gluehkerne zu erkunden welche zum Denkbeschleuniger…

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    Schlachthimmel Ich aus Schachteln   So lag ich lange wach als Kind dachte über Atomunfälle nach und wie die Gedanken Krach machten   (Hirnhaut aus Angst)   *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von Sophie Reyer,…

Die Jugendsünden des RDB

Die literarische Produktion von Rolf Dieter Brinkmann ist ein herausragendes Beispiel für die Medialität der Kunst. Brinkmann thematisiert immer wieder den Doppelcharakter des Mediums als Instrument und Potenzial, die Verkörperungen sowie Erfahrungen einer unerwarteten Präsenz. Sein Changieren zwischen Kunst und…

Autark

Schlange, sage ich, was ich dich immer mal fragen wollte: Hast du schon mal einen Liebestraum gehabt? – Ja, sagt Schlange, ich träume von nichts anderem. – Das dachte ich mir, sage ich. – Du hast keine Ahnung, sagt Schlange.…

Bonjour tristesse

  Die Sozialreportagen von Christine Kappe lesen sich so, als wolle die Autorin die Tradition des Werkkreis Literatur der Arbeitswelt ins 21. Jahrhundert transformieren. Wie es scheint, hat sie es sich zur Aufgabe gemacht die Erfahrungen, die Lohn- und Gehaltsempfänger…

Amphetamine

    fließbandbereit Rottenmaschine aus der es schreit   Moneygehackte alles auf speed wobei die kacke linien zieht   Streubomben kribbeln unter der haut Ohrdrachen dribbeln Twist und Shout   Zotten der därme schlachthofgespült während die herme gipsstaub mühlt  …

Gedankenstrich

Ein Paar, das sich beim Essen anschweigt und erst im Freien, beim Spaziergang den Dialog aufnimmt.   *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Further reading → Lesen Sie auch das Porträt der Autorin und das Kollegengespräch zwischen Sebastian Schmidt und…

Seelenwanderung

Ich denke manchmal, sage ich, mit Schrecken, ich wache auf in einem anderen. – Vielleicht wachen wir täglich, sagt Schlange, immer woanders auf, wer weiß. – Komisch, sage ich, aber jedesmal, wenn ich so aufwache, liebe ich dich. Du kannst…

Schwarz & Weiß

Wer hätte gedacht, dass solch´ ein Wunder in einer Zeit der digitalen Manipulation mit analoger Fotografie noch möglich ist? Alan G. Artner Mit „Black & White“ beruft sich Thomas Kellner auf seine Ursprünge als Künstler und den Ursprung der Fotografie…

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  Roll dich aus über mir bis die Nacht wenn ein Sturm schreit das Dunkel deine Zungen öffnen Türen in mir   Meine Worte sind Taten  als Tal wellst du dich über meinen Quadranten aus   Wenn ein Meer über…

Und dann verfing sich die Zeit

Der Hackbrettspieler und ich stiegen an derselben Station ein. Unsere Sitzplätze im Reisebus waren noch frei. Nebeneinander. Das Gepäck noch im Rücken, auf Knien, dann an den Füßen, untergetaucht. Wer von uns beiden hatte mehr zu Tragen im Leben?, stellte ich die Frage…

… der Horizont kippt

Am 6.4.2016 um 20 Uhr war ich bei ihrer Lesung im Buchcafé Antiquarius, Bonner Talweg 14, 53113 Bonn. Ein paar Straßen weiter wohne ich. Es war der Tag meines Geburtstags. Egal. Primzahl unter 100. Ich feiere sowieso erst am Wochenende.…