Kategorie: Allgemein

Gerade heraus

Fragmentarischer Versuch einer Prosaverortung Der Mensch verprasst Zeit und Energie (und immense Finanzmittel) mit dem Schaffen bedeutungsloser Gadgets: Internet, immer neue Mobiltelefone, Tablets, Game Consoles, Roboter, per USB aufwärmbare Kaffeetassen. Angela Merkel ist besonders angetan von Autos, die selbstständig einparken.…

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Die Blüten Spitzen springen auf an den Bäumen der Taumorgen spricht ein faltiges Wort die Sonne rollt als orangener Ball über die Spielwiese Welt   Ein Kind zählt die Flügelschläge der Schwäne ein Kind rast mit dem Rad über Asphalt…

Redundanz und Penetranz

„Wer dich veranlassen kann, Absurditäten zu glauben, der kann dich auch veranlassen, Unrecht zu begehen.“Voltaire, Questions sur les miracles, 11. Brief (1765) Das Prinzip der Redundanz und Penetranz ist ein klassisches PR-Instrument, das es lange vor der Erfindung der Public…

skorpion und kröte

  lieg ich hinter hecken über gelber erde auf der haut erwarte ich den boten der sonne des todes kommt er aus der mauerspalte bohrt sich mir ein stachel in die stirn wimmeln würmer geb ich sie den vögeln  zum…

Das Erkennungszeichen

    Ihr Pony ist schräg geschnitten, als Zeichen ihrer inneren Verweigerungshaltung. Erkennungszeichen, auch wenn die sonstige Kleidung freundlich hell wirkt. Ihr Blick ist fest. Selbstsicher überblickt sie von ihrer provisorischen Bühne die Zuschauer. “Verbrennt die Hexe endlich!”    …

Gedichte in wackligen Zeiten

  Auch wenn die neuen Gedichte und Buchstabenanordnungen von Safiye Can, deren 2014 erschienenes, gefeiertes Debüt „Rose und Nachtigall“ mit Liebesgedichten auf die vierte oder gar fünfte Auflage zusteuert, vielleicht nicht Ären prägend sind, die eine oder andere rettende Seite…

Gedankenstrich

Ein Land, in dem man mit dreifachem Nachdruck spricht, wenn man die Wahrheit oder etwas Wichtiges sagen möchte. Man ankert die Sätze durch drei ganz unterschiedliche Versionen, durch andere Perspektiven, ergänzende Umschreibungen und öffnet eine Aussage, frei nach allen Seiten.…

Schwarzbuch · Revisited

  Unserer Gegenwart ist die Zukunft abhanden gekommen. Die von der Technologie überwachten Menschen sind bis auf wenige Ausnahmen zum bloßen Konsumenten degradiert. Poesie zählt zu den wichtigsten identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer…

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  Wir geben einander neue Namen ich sage ich zu dir und du   sagst ich zu mir ich sage du zu mir und du zu dir   Wir sagen auch wir da wo der Schnitt verläuft nehmen wir  …

Keine Ursache

Schlange und ich auf dem Weg zum Museum. Warum, sagt Schlange, ist so viel Streit unter den Menschen? – Eigentlich weiß ich das auch nicht, sage ich, es ist ja schon so viel Streit in den Menschen selbst, der geht…

Am Kæltepol der Erbarmungslosigkeit

  am Rand des Schweigens > Erkenntnis gewinnen die Konventionen des Denkens ausdehen sich auf die Faszination des Unsagbaren des Noch–nicht–Gedachten einlassen… an der Grenze der Schattenlinie entsteht Subjektivitæt aus Menschenscheu = heissgeriebene Texthaut <   in der Schraffur des Traums…

Konzentrate – \ – Gedankenstriche

  rœhrend metallurgische KlangFarben & ein schweissschwimmen}der Salzsee wolluestig wippende Extremitæten & Rueckkopplungs{affectSprache > mit physiognomischem Denken in extatischen Reisen die Wunderkammer der Letternwelt erkunden = DisTanz mit jenen Variablen Nachtschatten fluegge TraumLose Lava verbrennt die Sinnstantze & schamlos aus}geliefert…

Der Verse Lauf

  (Nach Heinrich Heine: Das Fräulein stand am Meere …)   Im Osten gehen die Verse auf, im Westen gehen sie unter.   Das ist nun mal der Verse Lauf. Mein Fräulein! Sei’n Sie munter.    ***   Weiterführend →…

Gedankenstrich

Schreiben und die unweigerliche Selbstdokumentation. Die nicht beabsichtigte Selbstzerlegung als Nebeneffekt. *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Further reading → Lesen Sie auch das Porträt der Autorin und das Kollegengespräch zwischen Sebastian Schmidt und Joanna Lisiak. KUNO verleiht der Autorin…

Tresenkraft und Kiezkauz – ein Nekrolog?

Dieser Bildband ist ein Gedeck mit Wortschnaps, ich habe die Fotos und Texte weggesoffen in einem Zuge! Und oft gelacht. Tresenkraft – was für ein Wort! Auf den meisten Bildern ist die Schattenseite mitgezeichnet, du siehst auch Kneipen-Könige von der…

das licht aus der tiefe der nacht

Nachdenken über Seelenland, Gedichte von Holger Benkel   mohn steig ich mohn im haar aus den pforten der nacht geh ich dem tag entgegen überschütten mich samen sinkt mein kopf die kapsel umfliegen mich hummeln [S. 21]   Das Gedicht…

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  Meine Wohnung vermint: Rast ein Echo im Kopf Projektile am   Innen Ohr  Sendemaste ausgefahren hat das Gehirn  vollzieht die Verrückung   Ach Reaktoren girl always on the run  legst dich trocknen alleine :   Gute alte Stimmen im…

Verspiegelt

  Gefällst du dir?, fragt Schlange. – Ich kann mich von meinem Spiegelbild nicht losreißen, sage ich. – Du bist ja schlimmer als ich, sagt Schlange. – Im Angesicht meines Angesichts erstaune ich einfach über meine Schönheit, sage ich, und…

Der letzte Mohikaner des Literaturbetriebs

Kunst umsonst ist geschenkt. HEL Weit vor der der neuen digitalen Literaturgattung Twitteratur hat Herbert Laschet Toussaint (HEL) den oben genannten analogen Tweet erdacht. HEL ist bekannt geworden als Publizist gesellschaftskritischer Lyrik sowie Essays. Er ist ein Archäologe des analogen…

Varenna

  Wo ich schon immer war   Hier lief ich vor langer Zeit zu meinem allerersten Rendezvous. Hier fiel ich aus dem Nest und stieg zum Himmel auf, hier brachen mir die Schwingen und wurden von allein wie-der heil. Es…

Semeion

Der Titel Semeion verweist auf eine Ausstellung mit Grafiken. Der Neheimer Künstler Tristan Meinschäfer nimmt die Besucher mit auf eine bildgewaltige Reise zum `Kern der uns umgebenden Dinge (…)´. Der Ursprung dieser Graphiken liegt in zeichnerischen Studien von Landschaft und…

Die Frau neben dem Truthahn

Sie hatte wie immer vor, im Herbst die halbe Ernte für ihre Polenta und ihr süßes Maisbrot im nächsten Dorf mahlen zu lassen, während die restlichen Kolben für Leon gedacht waren, damit er nicht verhungern muß, wenn der Boden im…

Heuschrecken

  „Wenn ich jetzt nicht esse, sterbe ich auf der Stelle!“ sagt Ka-thrin und geht in die Küche. Das Fenster ist gekippt und die Jalousien klappern wie tollwütige Heuschrecken. Was für ein Gestöber. Gestern war das Wetter milder und es…

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  Dass der Krieg abstrakt sei sagte man ihr: Die Toten flimmern auf dem Bildschirm  du kannst sie weg klicken oder in bestimmten Programmen noch einmal erschießen  kein   Problem  der Krieg sei ein Kinderspiel  sagte man ihr  er sei…

Definitionssachen

  Schlange, sage ich, ich werde immer schwieriger. … – Das ist nicht gut, sagt Schlange, deine Leichtigkeit war das Fundament unserer Liebe. – Schlange, du definierst dich doch nicht über mich! – Nein nein, sagt Schlange, ich definier mich…

Bevor DaDa da war war, DaDa da

In der Spiegelgasse 1 eröffneten Hugo Ball und Emmy Hennings am 5. Februar 1916 das Cabaret Voltaire. Dort fanden allabendlich Veranstaltungen statt, bei denen zu Musik Manifeste, Lautgedichte, Tanz und dramatische Szenen vorgetragen wurden, unter anderem von und mit Hugo…

Erinnerung als Geschenk

  In manchen, und das sind nicht nur die extremen Situationen, verdrängen wir die Erinnerungen an unsere Erlebnisse, selten sind die Menschen sogar in der Lage, sie ganz unterbewusst zu vergessen. Eine teilweise Amnesie, gewünscht, vielleicht sogar notwendig, um nicht…

Handwerkliche Anleitungen zur Überwindung von Schreibblockaden

Schreiben – Meißeln – Fräsen –Hämmern – Löten –Löschen Was, Sie schreiben nicht mehr? Es genügt ihnen die Mattscheibe? Sie tauschen einfach nur Bilder aus? Recht so! Doch wenn Sie wieder schreiben, empfehle ich Ihnen folgende Arbeitsweise: Schieben Sie die…

Gedankenstrich

Du kaufst dir ein paar neue Schuhe und ziehst sie an. Nach einer Weile vergisst du sie und wenn du an dir herunterschaust, musst du den Gedanken erst konstruieren, dass es deine Füsse sind, die darin stecken.   *** Gedankenstriche…

Maßlos

Ach, sagt Schlange, meine Kleider und ich sind keine echte Einheit, ich komme mir ohne meine Kleider viel schöner vor. – Das stimmt, sage ich, du und deine Kleider müssen sich gegenseitig ergänzen. – Ja, sagt Schlange, wie die Maske…

Geschriebene Bilder treffen auf gemalte Worte

  In der gemeinsamen Arbeit von Haimo Hieronymus und A.J. Weigoni geht es darum, alte Grenzziehungen zwischen den Disziplinen neu abzustecken. Das Schriftbild der Partiale verweist darauf, daß der Schrift wie als auch der Malerei dieselbe Struktur zugrunde liegt, bestehend…

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Jemand hat den Menschen Zirkel an die Füße geschraubt  sie rotieren in Kreisen  klammern die Orte ein: Meiner seiner deiner   Sie ziehen Fäden  sie weben ein Netz  fremde Auge blicken aus einem Rahmen  die Menschen wollen das Schauen nicht…

fische

  such ich im fluß nach einer quelle geh ich durch den schlamm ins wasser bewegen mich wind und wellen in der aufgebrochnen schale der erde nähren mich fische fängt mich eine frau im netz  wirft sie mich ans ufer…

Meta

Unsere Sprache ist metaphorisch, sage ich. – Unglaublich, sagt Schlange. – Aber wahr, sage ich, wenn wir miteinander sprechen, sagen wir nur ungefähr, was wir meinen, die Wörter sind nur Zeigefinger. – Metaphorische Zeigefinger?, sagt Schlange. – Ja, sage ich,…

Auschwitz

Was soll das sein in der deutschen Kultur, das zu Auschwitz führt? Ich glaube nicht, dass es eine Art Vorausbestimmung für den deutschen Antisemitismus gibt. Ich denke eher, dass diese ganze Nazi-Geschichte ein Zufall war, der nicht hätte kommen müssen,…

Enfant terrible

Ich Habe eine Ich habe eine Puppe Gestohlen. Die ich mir wünschte Bekam ich nie. Drei Geburtstage lang Und dann die mit Tintenaugen Und Haaren aus Zelluloid. Beinah ist oft schlimmer als Nein. Nun habe ich eine. (Gestohlen.)   Dieses…

Wortverwertungszone auf der Resthalde

  beim Versuch die Denkmodelle abgelebter Zeiten hinter sich zu lassen endet jeder Fluchtversuch mit einer Bremsspur   mit angehaltener Bewegung auf Regentropfen surfen & im Licht wechsel des Ichs registrieren: Charisma wird nicht zu einem Besitz…   diskreten Energien…

Gedankenstrich

  Ein Läufer, nachts, mit einem LED-Licht auf der Stirn vorwärtstreibend, unbeirrt darüber wie er wirkt: entmenschlicht, einer funktionierenden Kampfmaschine gleich.     *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Weiterführend → Lesen Sie auch das Porträt der Autorin und…

Augenblicke

    Dieses Augenlächeln zwischen beiden wirkte intim. Dabei sahen sie sich das erste Mal. Es war wohl Liebe auf den ersten Blick. Ein Gefühl, welches das Herz höher schlagen ließ. “Süße Maus”, dachte er. Der Kater hatte Hunger.  …

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  Spam in der Burst: Blutverlust trinken Hackerherz  Faschierter Flaum  kackende Spastiken tanken und anderen Kram  bist du das Tankgirl die spezialisierte Nervenbahn  den König der Gören überholen das schwörst du  in die Parasiten Ausrüstungen schlüpfen/ Panzer aus Plüsch/ Pop…

Commedia

  nun locken aufs NeueHarlekins SchellenPierrots ColombinenFunken sprühendbeim Salto Mortaleein Street Parade Hamletauf offenem WagenOphelia im Whirlpoolaalt sich in Schaumein Handeln & MimenGezeter & Lärmim ScheinwerferlichtPauken Trompetenbeschallen die Bühnevon Text keine Spur& quer hoch darüberin wechselnden Farbenmit strahlendem SpruchbandSEINODERNICHTSEINendet die…

Umsonst & Draußen

Der Titel klingt zunächst nach einer Hommage an die unabhängige Festivalkultur der 1970er Jahre. Doch dass sich dahinter noch viel mehr verbergen kann, zeigt das neue Album der Flowerpornoes. Am Donnerstag, dem 28. Januar, stellt die Band auf dem Kulturgut…

Sostila oder Berolda tanzt

Dorf, das einmal war    Auf ihrem beschwerlichen Heimweg durchs Gebirge nach Sostila, so erzählt man, hörte eine Frau  plötzlich Lachen und Musik aus einem Haus in die stockfinstere Nacht dringen. Also trat sie ein  in das Tanzvergnügen und, von plötzlichem…

Gedankenstrich

  Worin besteht die perfide, aufwühlende und nachhaltige Provokation? Eine, bei der du auf dich selbst zurückfällst. Indem sie dich in deinen eigenen Assoziationen provoziert.   *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Weiterführend → Lesen Sie auch das Porträt…

Identitætsmaskeraden

  unter der Zunge des Verborgenen die Geheimnisse der Seele abschmecken alle Hinterwelten + Referenzen des Ewigen zum Ziel der Metaphysik machen & diese selbst mitsamt Moral oder Schuld kaltbuetig weggeræumen   als Lektuereverwandler Schriftfallen stellen eine Welt der Bezuege…

Impressionen des Moments

  kleine Verschiebungen im Sichtbaren erproben einen nie dagewesenen Augenblick darstellen & seelischer Entkernungsgefahr vorbeugen Hellsichtigkeit entsteht in groesster Dunkelheit bedeutsame Beredsamkeit versandet in der Stille einer Wortkargheit am Zungengrund… Verrichtungsfuror am Wendepunkt des Geistes verloren in metaphysischer Unbehaustheit befangen…

GEDICHTE FÜR SCHNEELEOPARDEN

  auf dem bahndamm liegen die dörfer / nach süden hinseit du gegangen bist / schreibe ich gedichteschneeleoparden sind dankbar / für jedes wort gestern sah ich einen / er lief an den dörfern vorbei nach südenwo ein meer lag…

Social Beat (Reprise)

  Seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts haben wir uns an die Allgegenwart und den alltäglichen Gebrauch von Medien gewöhnt, die es vor – sagen wir etwas willkürlich – fünfzehn bis zwanzig Jahren noch nicht gab. Heute schlägt man keine…

Zauberbuch

Schlange, sagt Zauber, komm, ich habe Hunger! – Wir haben doch eben erst gegessen, sagt Schlange. – Aber ich bin noch gar nicht richtig satt, sagt Zauber, ich habe den anderen Hunger. – Ich auch, sagt Schlange, ich lese gerade…

Das Tier

Eines Tages saß ein wundersames Tier an der Scheibe unseres Wohnzimmerfensters; ich weiß nicht, wie lange es schon dort gesessen hatte, als wir es entdeckten. Max nahm es zuerst wahr: „Schau mal, Mama, wie schön!“, rief er aus. Im ersten…

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Und sind so Menschen in genormten Häusern geformt aus Worten Meinungen  Bildern   Was sich herausschneiden lässt aus dem  Flimmerquadrat: Und ist nicht die Welt   Und ist auch nicht wahr: Das Leben in die Zwangsjacken der Abstraktion quetschen  …

Die irdischen Bilder des Überirdischen

Anhand des Verhaltens von Steinmarder und Kaninchen wird gleich zu Beginn klargemacht: In der Natur gibt es bereits Kunst: Hier als artifizielles Gebaren des Jägers (Steinmarder), der ulkige Tänze aufführt, um seine naive Beute in hilfloses Staunen zu versetzen, und…

Gedankenstrich

  Eine Frau mit unpassendem Schuhwerk auf Eis gehend. Ihre Bewegungen so, als würde ihre Hüfte aus einem einzigen Kugellager bestehen.     *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Weiterführend → Lesen Sie auch das Porträt der Autorin und…

Reisepass für das Paradies

I Die Augen der Frau wackelten einige Male, bevor sie in die Laubblätter fielen, und die Laubblätter schauten nun mit den gelben Augen der Frau in die Augen des Windes. Im nächsten Augenblick wurde der Himmel trüb und die Zweige…

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  Jedes Ding hat seinen Schlummerton alle spielen auf unbekannten Saiten:   In der Mitte das Wiesenschaumkraut weiter hinten der Kirschbaum der im Sprung sich krümmende Eichhörnchenkörper der Vogel  der Anlauf nimmt der Himmel/ bittere Zunge/ Vergissmeinnicht   Herzweh für…

L.H.O.O.Q.

Ich liebe dich, David!, sagt Schlange. – Ich liebe dich auch, Mona Lisa, sage ich. – Willst du mit mir sterben gehen, David?, fragt Mona Lisa, sagt Schlange. – Aber ja, sage ich, wir lieben den Tod, sagt David lächelnd…

Über die Bedeutungsdimensionen der kurzen Prosa

Von manchen Autoren wird wortreich vieles endlos wiederholt oder variiert. Francisca Ricinski ist die Ausnahme von dieser Regel. Auf großes Echo stieß sie mit Auf silikonweichen Pfoten. Ihr Band Als käme noch jemand widmet sich in intensiven und ergreifenden literarischen…

Natürlich

  Die wahre Schönheit liegt im reinen Durchschnitt, sage ich – Dann sind also die meisten Frauen schön?, sagt Schlange. – Nein, sage ich, der reine Durchschnitt ist so selten wie extreme Hässlichkeit. – Dann ist es unsinnig von Schönheit…

Ein Hoax?

Das Wort Hoax ist zum ersten Mal 1796 belegt. Seine Herkunft ist nicht eindeutig nachgewiesen, es wird jedoch vermutet, dass es sich von Hocus ableitete, welches wiederum eine Verkürzung von Hocus Pocus („Hokuspokus“) war. Frühe Beispiele für die Verwendung des…

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  Zuerst sind so Menschen in die Zeit hinein gestreut und haben Bindehäute zwischen den Händen und glätten einander die Gesichter und ihre Finger umstricken einander  sind Halteseile und sie hören den lispelnden Himmeln zu und entsteigen dem Schweigen manchmal…

Wasser

  Da liegen die Abrechnungen mit Wasser (besser sollte man sagen : vom Wasserwerk) auf dem Tisch und scheinen zu warten. Nein, sie klagen nicht an, ganz und gar nicht. Das Wasser war wichtig, die Badewanne musste gefüllt werden, klar.…

Mäandern im Materialsteinbruch

 Die Zeit verwandelt uns nicht. Sie entfaltet uns nur. Max Frisch Die meisten Menschen beherrschen ihre Muttersprache halbwegs, dazu eine Fremdsprache. Drei oder vier andere Dialekte verstehen sie vielleicht ansatzweise. Wie viele Sprachen man für einen lyrischen Über- und Durchblick…

Perpetua Rutunden die Erlauchte

Perpetua Rutunden ist Spiritistin. Perpetua Rutunden von sich selber auf metaphorischer Ebene: Perpetua Rutunden ist Gänsefüsse. Perpetua Rutunden hat einen angeborenen Tunnelblick. Perpetua Rutunden wird regelmässig von Wadenkrämpfen heimgesucht. Perpetua Rutunden wünscht sich neue Schönheitsideale: weibliche, männliche und sächliche. Perpetua…

In dubio pro dubio

Ich erzähle Schlange die kleine Geschichte von der Macht der Wahrscheinlichkeit: Unser Leben ist ein Spiel, in dem wir eine Wette eingehen: Entweder wir setzen darauf, dass die Liebe gut ist, oder darauf, dass sie nicht lohnt. Wenn wir diese…

auf ein neues

  die sekunde springt über die datumsgrenze   macht uns zu anfängern in sachen zukunft   eingebettet in ein gestern ein damals das uns begleitet   denken wir das morgen neu das uns blüht   noch ist was kommt versprechen…

In Between

It’s not country, it’s not blues, it’s not rock, we just do what we do. Margo Timmins Nach dem phänomenalen ersten Album The Trinity Session, mit dem die Cowboy Junkies ganz beiläufig die Americana begründeten, führte die Zugänglichkeit von The…

schatten

  lieg ich allein am offnen fenster in der nacht vergehn die stunden samen gleich die nicht befruchten bleibt unberührt mein schatten der verschorfte pfeil  im fleisch verliert sich das leben geh ich ins freie am morgen zerfällt er zu…

Böhmische Nachkriegsgeschichte

  Hinter dem lapidaren Titel des autobiographisch verbürgten Berichts des tschechischen Schriftstellers und Bürgerrechtlers František Šedivý (Jg. 1927) verbirgt sich eines der schrecklichsten Kapitel der böhmischen Nachkriegsgeschichte: die Produktion von Uranerz für die nach 1945 in der Sowjetunion einsetzende Herstellung…

Fünfzigtausend Anschläge

Ein Schwarzbuch ist eine Sammlung von Negativbeispielen aus der Sicht des Autors oder Herausgebers, die in Buchform veröffentlicht wird („Schmutzbuch“). Quelle: Wikipedia Nachdem das Jahrbuch der Lyrik 2015 für Furore gesorgt hatte, vor allem deshalb, weil „sich so gut wie kein politisches, zumindest gesellschaftskritisches Gedicht…

Erfahrungsseelenkunde

  der Ankunft eines Blicks hinter hertræumen & darauf warten bis… die Gedanken entzuengelt sind: Vitalitæt entlæd sich in Schueben   als Seismograf der Verænderung am Vermessungspunkt des Lebens den Nullpunkt der Existenz erfoschen = den Stoffwechsel von Fiktion &…

Der Panther

im Jardin des Plantes, Paris   Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt.   Der weiche Gang geschmeidig…

Weihnachten

  Und wieder nun läßt aus dem Dunkeln die Weihnacht ihre Sterne funkeln! Die Engel im Himmel hört man sich küssen und die ganze Welt riecht nach Pfeffernüssen …   So heimlich war es die letzten Wochen, die Häuser nach…

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  als wär jedes licht am rande der straße ein brief den die liebe der großmutter mir schrieb: neig dich beug dich   als wär jede wolke jede ermattung der füße auf zu langen reise programmen ein ruf aus dem…

Crossmedia

Vorbemerkung der Redaktion: Für die in Österreich erscheinende Zeitschrift Autorensolidarität machte Dieter Scherr ein Interview mit Sophie Reyer. Im Vorjahr erschien Wortspielhalle, eine Gemeinschaftsarbeit mit dem Düsseldorfer Schriftsteller A.J. Weigoni, wie kam es dazu? Reyer: Aufgrund meines Filmstudiums an der…

Zeit der Kettenhunde

Vorbemerkung der Redaktion: Daß ausgerechnet der unkomplizierteste Zugang zur Viefalt der Lyrik in Verruf geraten ist, ärgert Axel Kutsch, einen der leidenschaftlichsten Herausgeber: Rezensionen von Lyrik-Anthologien findet man eher selten in den Medien – und wenn doch, dann kommt es…

hautstille | im gegenlicht

für Friederike Mayröcker 2014 regenschirme treiben vorbei das leben zahlt sich aus tage wabern im sommerlicht wie algenteppiche oder wasserlinsen im mäander auf einem berg stand ich am parnass sagen wir besser an einem abhang und stürzte in ein thrakisches…

Zum Geleit

Vorbemerkung der Redaktion: Zum näheren Verständnis zu den Gedichten aus der Zeit der Tang-Dynastie baten wir den Übersetzer Ulrich Bergmann um eine Vertiefung: Was verbindet die ausgewählten Gedichte aus dem 7. – 10. Jahrhundert (Tang-Dynastie) und dem turbulenten 20. Jahrhundert?…

Ichzerlegung eines Wesensfallenstellers

  auf der Suche nach einer Biologie des Geistes in die Wesenseinheitsfalle geraten > in vor gefertigte Identitætskæstchen abgelegt werden & sich als eine von sieben Milliarden identischen biochemischen Maschinen erkennen   metaphysische Innenræume erkunden im Binnenraum der Sprache auf…

Sonette – XII

  Einst wird von dem Gedenken und Vergessen Nichts bleiben als ein Lied an seiner Wiege Das nichts verriete und das nichts verschwiege Wortloses Lied das Worte nicht ermessen   Ein Lied das aus dem Grund der Seele stiege Wie…

Who is who / is who or what

  nach Kai Pohl   Leninallee heißt jetzt Landsberger Dimitroff heißt jetzt Danziger Wilhelh-Pieck- heißt jetzt Torstraße Joan Baez heißt jetzt Kultur- und Schankwirtschaft BAIZ Burger King heißt jetzt Kaffee Burger Klum heißt jetzt Samuel Feldbusch heißt jetzt Pooth Po…

Baracke, nebenan Feierabend

  Wenn es begann, waren wir vollzählig. Die Erzählungen über frühere Arbeitspausen zu Arbeitsbeginn schlugen immer wie Granaten ein. Die Frühstückspausen revolutionierten Gefahr, die Mittagspausen griffen realistisch an, die Kaffeepausen am Nachmittag bombten alles Leben aus. Sieh mich an, Lebenswille,…

Die Mitte und kein Ende

In Dichterkreisen wird gestritten, und es kursieren Positionen um die Frage: Wie hat ein Gedicht zu sein? Sie bewegen sich zwischen Verrätselung und Hermetik auf der einen Seite und zugänglichen Formen und Inhalten auf der anderen. Während die einen die…

Die Macht am Rhein

    restlos bunt flach graugeflutet kieselsteinwurftakt herzlaufzeit eile weg sommerweiße dampfer schieben bilder vor sich her die möwe schreibt ins blau basaltglanz im fell der katze die junge jahresfahnen sich nach süden strecken sieht sonnenrebengoldenes entsetzen blüht hangaufwärts und…

Landschaft, Winter

  Der Schnee, die unsichtbaren Wege. Der Stand der Eichen gibt die Richtung an, in die wir gehn. Aus ihrer Borke sehn uns tausende Gesichter nach und auf dem Hügel stehn die Birken wie Odins tote Krieger.   Die Nachrichten…

Öffentliche Beziehungen

Vorbemerkung der Redaktion: Unter „Kunst im öffentlichen Raum“ verstand man früher das Reiter- oder Kriegerdenkmal, Sklupturales oder Brunnen. Seit den nuller Jahren ist eine veränderte Wahrnehmung bekannt scheinender urbaner Kontexte zu beobachten. Im 21. Jahrhundert nennen Künstler ihre Werke „Interventionen“. Diese…

Poetische Performance

Awch behelt daz gemell dy gestalt der menschen nach irem steben. Albrecht Dürer  A.J. Weigoni erinnert mit seiner dichten Lockenmähne nicht nur an einen attraktiv gealterten Rockstar, das selbstironisch verwendete Vor-Bild findet sich auf einem Gemälde, Albrecht Dürers Selbstbildnis im…

Der Sprache aufs Maul schauen

Zähes Schreiben nährt den Geist. A.J. Weigoni belohnt seine Leser mit Erkenntnisgewinn. Mischa Kuball VerDichtung bedeutet für A.J. Weigoni ersetzen, tauschen, überschreiben, eskamotieren, reduzieren, übersetzen, selbst vom Deutschen ins Deutsche. Es ist eine unablässige Durchdringung von Sprachspiel und Gedankengang; eine…

Die 53. Woche

  1976, als Traian Pop Traian in Temeswar Gedichte wie „Der letzte Schnee“ verfasste, notierte ich in mein Tagebuch, wie ich das Fahrrad geflickt hatte, um mit den Nachbarskindern um die Wette zu fahren. Dass es Rumänien gab und wo…

O.T.

  canapé-kommando die spackos fahren konvoi   truschige schnappatmer keuchen tsipras doch die rettungsschwimmer sehen gut aus (neil young weiß auch nichts genaues)   das schranzenkonvolut zählt die falter in der cola lackmustest gescheitert darauf einen ouzu   –  …