Kategorie: Allgemein

Von leeren Blättern und gefüllten Tagen

  …„Der ungeschriebene Text bleibt mein Eigentum. Die Bestätigung nur, dass mein größtes Ausdrucksmittel mein Schweigen ist“. Dies ist – um einen etwas altmodischen Begriff zu strapazieren – das Credo des Gesanges. „Ich schreibe, / also bin ich“ betitelt Berndt…

Lochfassade im Stahlskelett

  halbherzig den Traditionen misstrauen um sich fuer die Zukunft zu entscheiden der Œkonomie der Mittel folgt eine Formensprache stilvoller Umstandslosigkeit: die Textur des Urbanen wird lœchrig horizontale Betonrippen versorgen den Tower mit indirektem Tageslicht = die strenge Anmut des…

Der Völkermord an den Armeniern

 In der Türkei werden die Geschehnisse von 1915–1917 als Ermeni soykırımı iddiaları („Behauptungen über den Völkermord an den Armeniern“) oder als sözde Ermeni soykırımı („Angeblicher Völkermord an den Armeniern“) bezeichnet. Mit dem Erlass № 2007/18 des Ministerpräsidialamts der Türkei ist…

Lyrik der „augenschule“

  Kurz und süß – es wäre auch als Zitat möglich, die Wendung kommt im Buch vor – kann man angesichts der dahineilenden Stunde die Lektüre dieser Gedichte nennen, wenn es auch dann doch wohl etwas (sic) zu kurz greift.…

Erbschaft

    Was uns nur selten bewusst ist, die grundlegenden Werkzeuge, die wir täglich nutzen, sind Erfindungen der Steinzeit.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform der…

Traum des Bösen

  Verhallend eines Gongs braungoldne Klänge – Ein Liebender erwacht in schwarzen Zimmern Die Wang‘ an Flammen, die im Fenster flimmern. Am Strome blitzen Segel, Masten, Stränge. Ein Mönch, ein schwangres Weib dort im Gedränge. Guitarren klimpern, rote Kittel schimmern.…

„Inter faeces and urinam nascimur“?

„Zwischen Fäkalien und Urin erblicken wir das Licht der Welt?“ Seit den frühen Anfängen und zutiefst im Gegensatz zu diesem Satz des heiligen Augustinus kreiert die Fotografie Familiendarstellungen als Grundstein der Volkswirtschaft unseres 21. Jahrhunderts. Nach mehr als 200 Jahren…

Patrouille

  Die Steine feinden Fenster grinst Verrat Aeste würgen Berge Sträucher blättern raschlig Gellen Tod.         *** Am 100 Jahren ist August Stramm bei Horodec östlich Kobryn, in einem sinnlosen Krieg gestorben. Seine Texte fallen auf durch ihre schlichte, reduzierte Sprache.…

Die Partnerstadt von Twin Peaks liegt am Niederrhein

Wofür zahlen wir eigentlich Fernsehgebühren? Eine Antwort könnte sein: Für Meuchelbeck! Der örtliche Imobilienhändler ruft bei einem rechtsradikalen Kunden an, der an der Übernahme der Pension Zum Höllentor interessiert ist; und er sagt diesem mit folgenden Worten ab: „Ich denke da…

Die Tyrannophilie der Intellektuellen

  Manche philosophischen Abhandlungen gewinnen erst viele Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung eine durchschlagende Überzeugungskraft, vor allem wenn sie in ihrer deutschsprachigen Version, rund 14 Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung 2001, den Untertitel ‚Die Tyrannophilie der Intellektuellen‘ tragen. Mark Lilla, Professor für…

Sommerelegie

    Jeder kommt einmal zu der Erde Rand, Wo das Land aufhört, Wirklichkeit und Zahl, Zur Versenkung, drinnen Jahr um Jahr verschwand; Wo kein Wegmal und auch keine Wahl Zwischen Nacht und Sonnenstrahl, Zwischen Berg und Tal.   Sieh,…

Kellner auf World-Tour

Genau wie sein Landsmann und Vorgänger im Ural, Georg Wilhelm Henning, rekonstruiert Kellner die altgewohnte Umwelt, damit diese sowohl heute als auch in der Zukunft immer in Bewegung bleibt und stets neue Sichtweisen liefert. Irina Chmyrew In diesem Projekt setzte…

Aus dem Nachlass

 Es empfiehlt sich, Gedichte von Günter Grass erst mit den Augen und dann mit dem Schraubenzieher zu lesen. Sie ähneln Ikea-Regalen. Auf dem Papier sieht alles ganz einfach aus, aber wenn man das fertige Werk erst einmal auseinander genommen hat,…

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  litze des laubs liebe des auges spitze des schnabels ast gabels abenteuer fallender blätter hell halt der vogel im herbst     ***   Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht…

Nur Narr! Nur Dichter!

  Bei abgehellter Luft, wenn schon des Taus Tröstung zur Erde niederquillt, unsichtbar, auch ungehört – denn zartes Schuhwerk trägt der Tröster Tau gleich allen Trostmilden – gedenkst du da, gedenkst du, heißes Herz, wie einst du durstetest, nach himmlischen Tränen und…

Die Straßen

  Die Straßen von Buenos Aires sind mir längst Fleisch und Blut. Nicht die gierigen Straßen, lästig durch Mengen und Mühsal, sondern die müden Straßen des Viertels, fast unsichtbar durch Gewohnheit, weich durch Zwielicht und Sonnenuntergang, und die weiter draußen,…

Die siebente Elegie

  Werbung nicht mehr, nicht Werbung, entwachsene Stimme, sei deines Schreies Natur; zwar schrieest du rein wie der Vogel, wenn ihn die Jahreszeit aufhebt, die steigende, beinah vergessend, daß er ein kümmerndes Tier und nicht nur ein einzelnes Herz sei,…

füße

  geh ich ohne schuh enthülle ich mein fußgelenk brauch ich keine steigbügel freitreppen sockel liegt kein nacken unter mir fuße ich in mir selbst tanzen die zehen zum abgrund zwischen den rippen such ich die spur die mich geschaffen…

Anemonenbesuch

  Sag zu den Endlosblättern Du. Du wirst ein langes Leben haben. Lange schreibe ich. Bis in den Wind. So lebt man fort und fort und über beide Ohren. Im Wasserzeichen Tau. Noch mehr als hundert Wörter sagen Binsen. Du.…

Ein Jahr / es geht voran

Blicken wir ausgegebenem Anlaß einige Jahrestage zurück: In exakt 366 Tageseinträgen vom 21. August 1967 bis zum 20. August 1968 wird das Leben der Gesine Cresspahl erzählt, im Rückblick auch das ihrer Familie. Die alleinerziehende Mutter ist aus der DDR über…

Sonette – XIII

  Zu spät erwachte unser müdes Schauen Da Abendwolken purpurn schon beschatten Das Sinken jener Stirn die ohn Ermatten Umworben unser zagendes Vertrauen   So muß sich Andacht mit dem Tode gatten Der trägt sie auf verschwiegner Fahrt den grauen…

In Stein geschlagen

  das tragische Universum der menschlichen Universalitæt manifestiert sich als Beiwerk im Warten auf das Wunschbild des erfuellten Augenblicks…   Erinnerungsfetzen / Tagtraumfragmente mit einer Teleologie des Negativen die Anatomie der Melancholie erkunden & den neuralgischen Konvergenzpunkt anstreben   Virtuose…

Freude am Sprach­experi­ment

Das Treibholz der Sprache Diese Gedichte sind dabei weit weg von allzu grüble­rischer Hermetik oder expres­siv überladenen Wort­kaskaden, deutlich wird bei diesen Schmauchspuren die Freude am kühnen Sprach­experi­ment mittels vor­sichtig und fein verfugter Sprache. Da kreist Schreiben um den Schöpfungsvorgang…

Da lernst du die Menschen kennen

Der interessanteste „Autor“, den der Social Beat hervorgebracht hat, ist eine Frau Vom sogannten Social Beat ist nicht mehr viel übrig geblieben, wer erinnert sich noch an Ingo Lahr, Andi Lück oder die von HEL so benannte „Einmannsekte“ Tom de…

GUTGLÄUBIGKEIT

  wir legen uns welt um den hals und steine in die taschen unsere kinder spielen mit schlangen und drachen in der zeitung steht dass es das alles nicht gibt und nichts gegen den schmerz     *** hautsterben, von…

Ohr-Ratorium

Avantgarde und Humor, eine seltene Kombination. Bernd Wiesemann entwickelte künstlerische Konzepte als Mittel zur Kommunikation mit dem Publikum. In diesem Sinne ist auch die von ihm von 1991 bis 2000 konzipierte und durchgeführte Konzertreihe „forum 20 – musik unseres jahrhunderts…

Liebe sinnlich ideologisch

Jede Liebesgeschichte ist eine potenzielle Leidensgeschichte. Wenn nicht gleich, dann später. Wenn nicht für den einen, dann für den anderen. Manchmal auch für beide.  Julian Barnes An Liebesgeschichten versuchen und versuchten sich Romanciers immer und immer wieder, denn bekanntermaßen bleibt…

Sommerabend

von Snorri Hjartarson    Vom Norden treibt das Wetter Wolkenpolster vor sich her und webt sie an den Fuß des Hangs, der Quelle und dem Weiher brennt sprühend Regen in den scharfen Augen, der Schilfteich graut, schwer neigen sich die…

fabrik gelände

  der weg verliert seine spuren unter den sträuchern. vielleicht bin ich der einzige, der ihn noch geht.   das lockere holz der bäume klopft gegen den wind, der es verstreut. die nahe fabrik ist geräumt. und   die mauern…

Die Rheinschiene wird zum Abstellgleis

Das mittele Rheintal ist Weltkulturerbe, die Kunst aus dieser Region gehört nicht mehr dazu. Wie KUNO aus gewöhnlich gut informierten Kreise erfuhr wird das das Alte Molti abgerissen, weil dieses Filetstück Begehrlichenkeiten bei Imobielenspekulanten geweckt hat. Das Alte Molti, eine…

Pflanzen 2. König Asparagus

`Ne seltsame Lilie: lang und spitz aufstrebend: aus dem Rhizom gesprossen… Aus Bornheims Boden: Wachtendonks oder Venlos Sand: lichtlos hoch geschossen in kurzer Zeit… Auch die Dauer seiner Herrschaft ist knapp bemessen: jedoch, sie ist vollkommen — alles andere in…

ohne titel

ich habe die augen der tiger. zwischen titania und oberon wandelt mein geschick. ariel ruft mich vergeblich. ich schleiche ewig durch den dschungel der zeit. in vielen jahrhunderten erwartet mich nichts anderes als der galgen oder ein trockenes stueck brot,…

Polyphone Ich-Erzählungen

Das gesamte Leben der menschlichen Seele ist eine Bewegung im Schatten. Wir leben in einem Zwielicht des Bewußtseins, uns nie dessen sicher, was wir sind, oder dessen, was wir zu sein glauben. Fernando Pessoa Ein Gespür für die Welt entwickelt…

zu häusig

    liebe sie viel zu sehr diese ausgesessenen sessel als schild trage ich marken macken masken vor mir her sehe sachlich erschossene und gefangene in der tagesschau entrüstet gebe ich mich und suche nach intelligentesten ausreden schlucke kopfschmerztabletten  gegen…

Lyrische Prosa

Auf KUNO beschäftigen wir uns in diesem Jahr mit den vielfältigen Formen der Lyrik. Die festgefügten Formen haben sich aufgelöst. Prosa kann zu Zeilen zerschlagen werden, Gedichte im Blocksatz eine neue Erscheinungsform erhalten. Eine Fußnote zum weiteren Verständnis liefert der…

Abendmuse

  Ans Blumenfenster wieder kehrt des Kirchturms Schatten Und Goldnes. Die heiße Stirn verglüht in Ruh und Schweigen. Ein Brunnen fällt im Dunkel von Kastanienzweigen – Da fühlst du: es ist gut! in schmerzlichem Ermatten. Der Markt ist leer von…

Bettina Ballendat – portraits

In der ersten Ausstellung nach der Sommerpause startet die Galerie amschatzhaus das Herbstprogramm mit den außergewöhnlichen Arbeiten der Künstlerin Bettina Ballendat. Der Anblick ihrer Plastiken ist immer wieder überraschend, was besonders ihrer spezifischen Arbeitstechnik geschuldet ist: Denn diese Skulpturen bestehen…

Tätigkeitsbericht im August 2015

  Am Nachthimmel früh um zwei Uhr Sternschnuppen gezählt und bei jedem Lichtpunkt gewünscht, sich endlich nichts mehr wünschen zu müssen. Alles, was nicht Liebe war, besaß er ja schon, und mit jedem Wort seiner unmöglichen Liebe erhielt sich ein…

Flin

*** Die grosse Kunstausstellung NRW 2015. Veranstalter der „Großen Kunstausstellung NRW Düsseldorf“ ist der 1898 in Düsseldorf gegründete Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen. Seit 1906 findet „Die Große“ regelmäßig im Kunstpalast statt.

REBELLION DES LICHTES IN DER FINSTERNIS

  was weiß ich wie die welt geht ich seh bloß zu dass ich noch zu mir steh… erst gewachsen im schmerz dann gedroschen unter diesem freien himmel leer & mutig stroh auf dem feld & wandel oben so tief…

Der letzte Schnee

  Bei der abgebrannten Kirche schneit es seit drei Wochen den Heiligen sind Hüte gewachsen wie Pilze ihre Schirme in den Regen spannen die Stimme der Glocke kauert im Krähennest des vorigen Sommers wirr greifen die Arme der Orgel um…

Vom Semiolus Silvanus (Waldaffen) zum Semiolus Domesticus (Hausaffen)

– ein Evolutionsgedicht Einst haben die Kerls noch auf Bäumen gehockt, behaart und mit blöder Visage. Dann hat es sie in die Stadt gelockt, nach Berlin, asphaltiert und aufgebockt bis zur dreißigsten Etage.   Da kauern sie nun, den Flöhen…

schnell – schneller – superspeedart

Eine Idee nimmt ihren Lauf. Schnell mal eben durch dreißig Städte zwischen Stuttgart und Arnsberg. In jeder Stadt zwei Stunden Aufenthalt, Ausstellung und schon wird wieder zusammengeräumt. Und weiter. Mit der Super Speed Art Exhibiton Tour 2015 verwirklichen Stephanie Neuhaus…

Sommer

von Stefán Hörður Grímsson    Die braunen Fischernetze des Dorfes hängen an Latten und Seilen Angelschnüre und Fangleinen im Rund warten im halbdunklen Eck.   Bleigraue Wellen im Fjord plätschern um Brückenpfähle und hofieren Bordwände versiegelt mit Teer.   Hinter…

Hochamt des Verschwindens

  die Welt ausbremsen, um die Momente des Innehaltens sprechen zu lassen Gehorsamkeit = ein kybernetisches Verfahren Nichts ist realer als das Nichts   Spæher des Lebens mit dem kuehlen Blick des Begehrens visuelle Argumentationsstrategien auf den Weltinnenraum der Bilder…

Nahe der Mündung

  Ich gehe auf einem dunklen Laufband durch die Nacht, den Kanal entlang, dem Meer entgegen. 30 Kilometer – ein Gewaltmarsch. Ich fühle mich wie der Soldat, der auf das Ende des Krieges zuläuft, in der Hoffnung, in letzter Sekunde…

Geschichte

  Hautbildstechen mag im Moment ja hipp sein, fragt sich nur, wie diese Körper mit 50 oder 60 Jahren aussehen.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform…

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  melismen des regens trommeln gegen dein ohr wie gegen das hirn das herz   ein körper der die klänge übersetzt ohne zu wissen:   bass der böen dein atem takt     ***   Weiterführend → Ein Porträt von…

mistel

  erklimme ich im grellen licht den nackten stamm wie leiter säule berg übersteig ich knospen halt ich beeren in der hand weiß wie der tod werf ich mich ab sprech ich mir ein blatt vom zweig seh ich den…

Baumfreie Fläche

Beziehungen und Literaturzeitschriften / dauern meist nur zwei Nummern lang Fabián Casas Vorbemerkung der Redaktion: Wir stellen auf KUNO hin und wieder Literaturzeitschriften vor, heute die von Helwig Brunner, Markus Jaroschka, Astrid Kury, und Georg Petz hervorragend edierte Literaturzeitschrift Lichtungen. Dieses…

Zurück

  steinwälzer – lebende postkarten erzählen mir seit gestern: im süden nichts neues für den briefträger gilt die unschuldsvermutung irrlichternd besetzen sie busch um busch seitdem halte ich heavy metal für harfenklang sie zwitschern trillieren vögeln und schlafen den lupinen…

Wo du lebst

  Wo Haut und Schmerz sich Guten Abend sagen und nichts dein Innenzeug vom Außen trennt – wo es nur Antworträtsel gibt und keine Fragen und dir die Lösung auf der Magenschleimhaut brennt –   Wo Blasen platzen, Schranken brechen,…

Blickdicht

  in die Welt geworfen geht der Existenz kein Wesen voraus > der hypermoderne Mensch muss sich erst selbst erschaffen: im Strom des Gefuehlten trifft die Macht der Sprache auf unsittliches Sinnliches = die Wahrheit des Leibs   eine Sehnsucht…

Hinterlassenschaft

  Tagebücher hat der 1891 in Kiew geborene und seit Anfang der 1920er Jahre in Moskau lebende Michail Afanassjewitsch Bulgakow (1891-1940), Autor des legendären Romans „Der Meister und Margarita“, nur bis zum 13. Dezember 1925 geschrieben. Im Mai 1926 wurde…

Sonette – VII

  Wie soll mich dieses Tages Glänzen freuen Wenn du nicht mit mir in die Wälder trittst Wo Sonne in den schwarzen Ästen blitzt Die konnte einst dein tiefer Blick erneuen   Indes der Lehre Wort dein Finger ritzt In…

Terzinen über Vergänglichkeit (I–IV)

  I Noch spür ich ihren Atem auf den Wangen: Wie kann das sein, daß diese nahen Tage Fort sind, für immer fort, und ganz vergangen? Dies ist ein Ding, das keiner voll aussinnt, Und viel zu grauenvoll, als daß…

Botschafter der Poesie

Die Autorin Francisca Ricinski nahm in Iasi (der ältesten Universitätsstadt Rumäniens und wichtiges Kulturzentrum, das anstrebt, Kulturstadt Europas gewählt zu werden) an der zweiten Edition des europäischen Festivals der Poesie teil und dort wurde ihr den Titel „Botschafter der Poesie“…

Die Metaphysik der Gedichte

  Der Sprung durch den Teich. Die Metaphysik der Gedichte ist ein 136-Seiten-Gedichtbuch, kein dünnes Bändchen (wie die vorausgegangenen sechs Lyrikbände Gröhlers). Es ist Gröhlers 16. Buch. Der Maler und Beuysschüler Prof. Peter Angermann hat sich in einer Titelblattzeichnung den…

Der Dichter singt

  Der Dichter singt, wie das Blut durch seine Adern rollt. Er verrichtet seine Funktion auf so natürliche Weise, daß er um zu singen keines anderen Anreizes bedarf, als eine Pflanze um Blüten und Blätter zu treiben. Sein Singen ist…

DIE ANTWORT DER DICHTER

  Vom Berge winken die Dichter. „Sieh nur, jetzt schwenken sie Lichter.“ Die Dämmerung hat sie verschattet. Ihr Schwenken wirkt reichlich ermattet.   „Was soll uns ihr Schwenken bedeuten, uns einfachen lesenden Leuten? Was woll’n uns die Dichter sagen?“ „Geh…

Die Demokraten

  Genosse Seidelheber sprach: „Wir sind die Demokraten! Wir woll’n nicht mehr im Schlamm der Schmach, Im Sumpf des Zwanges waten. Wir wissen selbst, was not uns tut Und brauchen keine Fürsten, – Wir alle, die voll Kraft und Mut…

Mara Genschel Material

 Dieses Buch gibt einen Einblick in das Gattunsgrenzen hinterfragende Werk Mara Genschels. Zwar kennt und nutzt sie Verfahren der bildenden Kunst und der zeitgenössischen Musik. Dennoch wird dabei der Kernbereich der Literatur nicht verlassen. Ihr Werk kann darüber hinaus als…

Unter finsteren Himmeln

  Im autorisierten, zu Lebzeiten publizierten Werk des tragischen Jahrhundertdichters Paul Celan nimmt die Prosa von der Fülle her einen geringfügigen Raum ein. Nur mit Mühe und unter Hinzunahme aller Nebengenres, im Fall Celans Notizen, Briefen und Antworten auf Umfragen,…

Candida Kölbern die Ungültige

  – Candida Kölbern ist Ästhetin. – Candida Kölbern in der Selbstdarstellung: Candida Kölbern ist mal ein Holzscheit, mal ein Lagerfeuer, mal die erfolgte, mal die nicht erfolgte Zündung dazwischen. – Candida Kölbern meint bei manchen Menschen im Profil deren…

friedensangebot

    im abendprogramm haben sie mir die freiheit erschossen plötzlich und dennoch erwartet werden sie wiederkommen mit ihren kalaschnikows und ihren deutschen sturmgewehren   meine weiße fahne werden sie nicht sehen denn ihrem humorlosen gott erlauben sie keine gnade…

Wortgeschwader

  Exerzitium in der Theodizee = das Ich tœnt aus dem Hallraum der lutherischen Sprach– & Gedankentiefe vergraben in ein schuldhaftes Dasein nicht die unio mystica der Schrecken erweist sich als Urszene   Ewigkeitsfermate, mit integrativem Pluralismus repræsentative Abbilder der…

Eine Erinnerung an Christine Lavant

Am 4. Juli 1915 wurde die Autorin in Großedling bei St. Stefan im Lavanttal geboren. Ab 1948 verwendete sie den Namen Lavant als Pseudonym.   Zwei mich tief beeindruckende Begegnungen, keine direkt persönlichen, sondern literarische, waren die beiden Lesungen in…

Die sechste Elegie

  Feigenbaum, seit wie lange schon ists mir bedeutend, wie du die Blüte beinah ganz überschlägst und hinein in die zeitig entschlossene Frucht, ungerühmt, drängst dein reines Geheimnis. Wie der Fontäne Rohr treibt dein gebognes Gezweig abwärts den Saft und…

DEIN WEG

  du schaust auf die fugen zwischen den steinen   sie teilen deinen weg in einzelne felder   du meidest die fugen   du betrittst sie nicht irgendwann aber   bist du angekommen auf der letzten flächean deinem ziel  …

Splendid isolation. Ich, allein, mit einem Buch

  Theo Breuer: Ich habe mir das Paradies immer als eine Art Bibliothek vorgestellt – lese ich bei Jorge Luis Borges. Leben wir beide also mitten im ›Paradies‹? Hans Bender: Ich bin mir da nicht so sicher. Bücher aus den…

Über dem Bergstrom

  Gesprungen, mit dornigem Huf, über die Nachtklippe Weg, ins Tal mit der felsenhöhlenden Strömung. Du steigst hinauf, die verlorenen Lieben zählen: das Licht über dem Tal: der Fuß im Stein eine Auster.   Sinkend, wie Glaube, das Strudeln der…

Die fünfte Elegie

  Wer aber sind sie, sag mir, die Fahrenden, diese ein wenig Flüchtigern noch als wir selbst, die dringend von früh an wringt ein wem, wem zu Liebe niemals zufriedener Wille? Sondern er wringt sie, biegt sie, schlingt sie und schwingt sie, wirft sie…

Ein Fest

    Da steht einer den du kennst am Rand, an den Zaun gelehnt, die Hände in den Taschen   Da streift ein leichter Wind über den Platz und wirbelt Sand auf bis unter die Achseln   Da duftet es…

Wie locker

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Ruinenzauber

  Analytiker der gnadenlosen Einfuehlsamkeit ent reissen dem zufællig Gleichzeitigen wesentliche Informationen um einen immer neuen Blick auf das ewig Gleiche zu werfen: frei Entscheidungen erweisen sich als Wahrnehmungen neuronaler Bewegungen   geliehene Bedeutungstræger produzieren ostinate Floskeln des forcierten Getriebenseins…

Schallmauer

  Der Lärmteppich, breit und laut, hinter dir her schleift, was mehr lärmt, alles lärmt und laut lärmt es, es zittern Deine Häuser alle, jeder Fußbreit in deinem Kopf alle Deine Besitzungen Gedanken, Gedenken das überrast mit einer Geschwindigkeit die…

WERBUNG

  Durch Hoffen und durch Warten wird Der Sinn gemein. Du Holde! Frag nicht lang! Will dich befrein. Auf junge Blüten fällt Nacht: nicht so wunderbar, Wie gegen deinen Hals Dämmert dein Haar. Dein Auge fragt: Mein Wort Klang fremd:…

Frühlingel • Revisited

(Der Titel stammt von Peter Meilchen, die Geschichte ist ihm gewidmet) Während der Himmel draußen in hellkaltem Blassblau leuchtet und der Dunst den Horizont aufhellen lässt, sitzt Herr Nipp wie fest angewurzelt in seinem Arbeitszimmer, er fühlt sich zumindest wie…

Die Grenzgängerin

Vorbemerkung der Redaktion: Für das Projekt Kollegengespräche hat A.J. Weigoni einen Austausch zwischen Schriftstellern angeregt. Auf KUNO ist diese Reihe wieder aufgelebt, daher bringen wir gern den Austausch zwischen Sebastian Schmidt und Joanna Lisiak. Ihre Lyrik zeichnet sich durch einen…

unter weiden

  sitz ich im schatten blauer weiden leg ich das ohr ans holz hör ich die narben der bäume flattern fische silbern in den zweigen kreist eine schlange schreien vögel auf im wipfel verschlingt der mond das auge die wimpern…

Destabilisierung der Textautorität

  Das Werk von Angelika Janz erschließt sich nur dann richtig, wenn wir die Verflechtung ihrer Bildgedanken mit der Dichtung verstehen. Der Fragmentexterin geht es um die Zusammenführung von Bild und Abbild. Ihre Arbeiten sind ein Prozeß, der von Weiterungen,…

Der heilige Unernst, das Tanz-Theater des Manuel Quero

  Der Name Manuel Quero steht für Aufbruch und Innovation. Statt das Publikum als Kunstendabnehmer zu behandeln, lädt er zur Teilhabe an einem Experiment ein. Stets war dieser Choreograph für komplexe Fragestellungen offen: Die Kunstprozesse werden partizipativer, interdisziplinärer und internationaler…

Kinderwelt und junge Liebe

Unter dem Motto „Kinderwelt und junge Liebe“ steht der Konzertauftakt zum diesjährigen Sommergelee. In einem klassischen Liederabend stehen ganz besondere Werke auf dem Programm.  Francis Poulenc, Leonard Bernstein und Modest Mussorgski – drei Komponisten, ein Thema: Wie sehen Kinder die…

Seiteneingang zur Wunderkammer

  wæhrend das Leben im Sucher fixiert wird verblassen bereits die inneren Bilder beim leisen Gang durch die Ausdruckswelten = das Eigentliche verstreicht beim Versuch es im Bild zu bannen & auf magische Weise am Verschwinden zu hindern   æussere…

Beschwörungszauber

Damit Dichtung geschrieben werden kann, braucht sie Erinnerungen an eine archaische Welt, in der die Aura der Wörter nicht völlig durch technische Medien zerstört worden ist, wo noch nicht die Aufklärung des Journalismus, der popularisierten Wissenschaft und des Tauschverkehrs die…

MÜHLVIERTLER LANDSCHAFT

  Hügelweit hingestreut die sanfte Landschaf tim hellen Morgenlicht   zwischen den Wäldern in länglichen Mulden ein Nebel-Seidentuch   auf den Kuppen oben da und dort sehr klein ein Spielzeug-Kirchturm   Straßen und Wegedurch ziehen weithin sichtbar das Landfern am…

Außen

  Niemand hat einen. Jemand hat keinen. Einer hat jeden. Jeder hat einen. Einer hat dich befunden so über- wunden bin ich draußen niemand       Angelika Janz Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit…

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  kalt wurden die küsse an der hand sie sind male und ledrige flecken wenn wir alt werden wer wird den raum halten hope there´ s someone sagst du       *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer…

Sonette – VI

  Da schon im hohen Schmerzensmeer verloren Die Woge deines Lebens rollt vergib Das scheue Lied das sehr verlaßne Lieb Verschüttet aus dem leisen Mund der Toren   Das im vergeßnen Finster als ein Dieb An Schlüften des Gebirgs das…