Kategorie: Allgemein

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  melismen des regens trommeln gegen dein ohr wie gegen das hirn das herz   ein körper der die klänge übersetzt ohne zu wissen:   bass der böen dein atem takt     ***   Weiterführend → Ein Porträt von…

mistel

  erklimme ich im grellen licht den nackten stamm wie leiter säule berg übersteig ich knospen halt ich beeren in der hand weiß wie der tod werf ich mich ab sprech ich mir ein blatt vom zweig seh ich den…

Baumfreie Fläche

Beziehungen und Literaturzeitschriften / dauern meist nur zwei Nummern lang Fabián Casas Vorbemerkung der Redaktion: Wir stellen auf KUNO hin und wieder Literaturzeitschriften vor, heute die von Helwig Brunner, Markus Jaroschka, Astrid Kury, und Georg Petz hervorragend edierte Literaturzeitschrift Lichtungen. Dieses…

Zurück

  steinwälzer – lebende postkarten erzählen mir seit gestern: im süden nichts neues für den briefträger gilt die unschuldsvermutung irrlichternd besetzen sie busch um busch seitdem halte ich heavy metal für harfenklang sie zwitschern trillieren vögeln und schlafen den lupinen…

Wo du lebst

  Wo Haut und Schmerz sich Guten Abend sagen und nichts dein Innenzeug vom Außen trennt – wo es nur Antworträtsel gibt und keine Fragen und dir die Lösung auf der Magenschleimhaut brennt –   Wo Blasen platzen, Schranken brechen,…

Blickdicht

  in die Welt geworfen geht der Existenz kein Wesen voraus > der hypermoderne Mensch muss sich erst selbst erschaffen: im Strom des Gefuehlten trifft die Macht der Sprache auf unsittliches Sinnliches = die Wahrheit des Leibs   eine Sehnsucht…

Hinterlassenschaft

  Tagebücher hat der 1891 in Kiew geborene und seit Anfang der 1920er Jahre in Moskau lebende Michail Afanassjewitsch Bulgakow (1891-1940), Autor des legendären Romans „Der Meister und Margarita“, nur bis zum 13. Dezember 1925 geschrieben. Im Mai 1926 wurde…

Sonette – VII

  Wie soll mich dieses Tages Glänzen freuen Wenn du nicht mit mir in die Wälder trittst Wo Sonne in den schwarzen Ästen blitzt Die konnte einst dein tiefer Blick erneuen   Indes der Lehre Wort dein Finger ritzt In…

Terzinen über Vergänglichkeit (I–IV)

  I Noch spür ich ihren Atem auf den Wangen: Wie kann das sein, daß diese nahen Tage Fort sind, für immer fort, und ganz vergangen? Dies ist ein Ding, das keiner voll aussinnt, Und viel zu grauenvoll, als daß…

Botschafter der Poesie

Die Autorin Francisca Ricinski nahm in Iasi (der ältesten Universitätsstadt Rumäniens und wichtiges Kulturzentrum, das anstrebt, Kulturstadt Europas gewählt zu werden) an der zweiten Edition des europäischen Festivals der Poesie teil und dort wurde ihr den Titel „Botschafter der Poesie“…

Die Metaphysik der Gedichte

  Der Sprung durch den Teich. Die Metaphysik der Gedichte ist ein 136-Seiten-Gedichtbuch, kein dünnes Bändchen (wie die vorausgegangenen sechs Lyrikbände Gröhlers). Es ist Gröhlers 16. Buch. Der Maler und Beuysschüler Prof. Peter Angermann hat sich in einer Titelblattzeichnung den…

Der Dichter singt

  Der Dichter singt, wie das Blut durch seine Adern rollt. Er verrichtet seine Funktion auf so natürliche Weise, daß er um zu singen keines anderen Anreizes bedarf, als eine Pflanze um Blüten und Blätter zu treiben. Sein Singen ist…

DIE ANTWORT DER DICHTER

  Vom Berge winken die Dichter. „Sieh nur, jetzt schwenken sie Lichter.“ Die Dämmerung hat sie verschattet. Ihr Schwenken wirkt reichlich ermattet.   „Was soll uns ihr Schwenken bedeuten, uns einfachen lesenden Leuten? Was woll’n uns die Dichter sagen?“ „Geh…

Die Demokraten

  Genosse Seidelheber sprach: „Wir sind die Demokraten! Wir woll’n nicht mehr im Schlamm der Schmach, Im Sumpf des Zwanges waten. Wir wissen selbst, was not uns tut Und brauchen keine Fürsten, – Wir alle, die voll Kraft und Mut…

Mara Genschel Material

 Dieses Buch gibt einen Einblick in das Gattunsgrenzen hinterfragende Werk Mara Genschels. Zwar kennt und nutzt sie Verfahren der bildenden Kunst und der zeitgenössischen Musik. Dennoch wird dabei der Kernbereich der Literatur nicht verlassen. Ihr Werk kann darüber hinaus als…

Unter finsteren Himmeln

  Im autorisierten, zu Lebzeiten publizierten Werk des tragischen Jahrhundertdichters Paul Celan nimmt die Prosa von der Fülle her einen geringfügigen Raum ein. Nur mit Mühe und unter Hinzunahme aller Nebengenres, im Fall Celans Notizen, Briefen und Antworten auf Umfragen,…

Candida Kölbern die Ungültige

  – Candida Kölbern ist Ästhetin. – Candida Kölbern in der Selbstdarstellung: Candida Kölbern ist mal ein Holzscheit, mal ein Lagerfeuer, mal die erfolgte, mal die nicht erfolgte Zündung dazwischen. – Candida Kölbern meint bei manchen Menschen im Profil deren…

friedensangebot

    im abendprogramm haben sie mir die freiheit erschossen plötzlich und dennoch erwartet werden sie wiederkommen mit ihren kalaschnikows und ihren deutschen sturmgewehren   meine weiße fahne werden sie nicht sehen denn ihrem humorlosen gott erlauben sie keine gnade…

Wortgeschwader

  Exerzitium in der Theodizee = das Ich tœnt aus dem Hallraum der lutherischen Sprach– & Gedankentiefe vergraben in ein schuldhaftes Dasein nicht die unio mystica der Schrecken erweist sich als Urszene   Ewigkeitsfermate, mit integrativem Pluralismus repræsentative Abbilder der…

Eine Erinnerung an Christine Lavant

Am 4. Juli 1915 wurde die Autorin in Großedling bei St. Stefan im Lavanttal geboren. Ab 1948 verwendete sie den Namen Lavant als Pseudonym.   Zwei mich tief beeindruckende Begegnungen, keine direkt persönlichen, sondern literarische, waren die beiden Lesungen in…

Die sechste Elegie

  Feigenbaum, seit wie lange schon ists mir bedeutend, wie du die Blüte beinah ganz überschlägst und hinein in die zeitig entschlossene Frucht, ungerühmt, drängst dein reines Geheimnis. Wie der Fontäne Rohr treibt dein gebognes Gezweig abwärts den Saft und…

DEIN WEG

  du schaust auf die fugen zwischen den steinen   sie teilen deinen weg in einzelne felder   du meidest die fugen   du betrittst sie nicht irgendwann aber   bist du angekommen auf der letzten flächean deinem ziel  …

Splendid isolation. Ich, allein, mit einem Buch

  Theo Breuer: Ich habe mir das Paradies immer als eine Art Bibliothek vorgestellt – lese ich bei Jorge Luis Borges. Leben wir beide also mitten im ›Paradies‹? Hans Bender: Ich bin mir da nicht so sicher. Bücher aus den…

Über dem Bergstrom

  Gesprungen, mit dornigem Huf, über die Nachtklippe Weg, ins Tal mit der felsenhöhlenden Strömung. Du steigst hinauf, die verlorenen Lieben zählen: das Licht über dem Tal: der Fuß im Stein eine Auster.   Sinkend, wie Glaube, das Strudeln der…

Die fünfte Elegie

  Wer aber sind sie, sag mir, die Fahrenden, diese ein wenig Flüchtigern noch als wir selbst, die dringend von früh an wringt ein wem, wem zu Liebe niemals zufriedener Wille? Sondern er wringt sie, biegt sie, schlingt sie und schwingt sie, wirft sie…

Ein Fest

    Da steht einer den du kennst am Rand, an den Zaun gelehnt, die Hände in den Taschen   Da streift ein leichter Wind über den Platz und wirbelt Sand auf bis unter die Achseln   Da duftet es…

Wie locker

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Ruinenzauber

  Analytiker der gnadenlosen Einfuehlsamkeit ent reissen dem zufællig Gleichzeitigen wesentliche Informationen um einen immer neuen Blick auf das ewig Gleiche zu werfen: frei Entscheidungen erweisen sich als Wahrnehmungen neuronaler Bewegungen   geliehene Bedeutungstræger produzieren ostinate Floskeln des forcierten Getriebenseins…

Schallmauer

  Der Lärmteppich, breit und laut, hinter dir her schleift, was mehr lärmt, alles lärmt und laut lärmt es, es zittern Deine Häuser alle, jeder Fußbreit in deinem Kopf alle Deine Besitzungen Gedanken, Gedenken das überrast mit einer Geschwindigkeit die…

WERBUNG

  Durch Hoffen und durch Warten wird Der Sinn gemein. Du Holde! Frag nicht lang! Will dich befrein. Auf junge Blüten fällt Nacht: nicht so wunderbar, Wie gegen deinen Hals Dämmert dein Haar. Dein Auge fragt: Mein Wort Klang fremd:…

Frühlingel • Revisited

(Der Titel stammt von Peter Meilchen, die Geschichte ist ihm gewidmet) Während der Himmel draußen in hellkaltem Blassblau leuchtet und der Dunst den Horizont aufhellen lässt, sitzt Herr Nipp wie fest angewurzelt in seinem Arbeitszimmer, er fühlt sich zumindest wie…

Die Grenzgängerin

Vorbemerkung der Redaktion: Für das Projekt Kollegengespräche hat A.J. Weigoni einen Austausch zwischen Schriftstellern angeregt. Auf KUNO ist diese Reihe wieder aufgelebt, daher bringen wir gern den Austausch zwischen Sebastian Schmidt und Joanna Lisiak. Ihre Lyrik zeichnet sich durch einen…

unter weiden

  sitz ich im schatten blauer weiden leg ich das ohr ans holz hör ich die narben der bäume flattern fische silbern in den zweigen kreist eine schlange schreien vögel auf im wipfel verschlingt der mond das auge die wimpern…

Destabilisierung der Textautorität

  Das Werk von Angelika Janz erschließt sich nur dann richtig, wenn wir die Verflechtung ihrer Bildgedanken mit der Dichtung verstehen. Der Fragmentexterin geht es um die Zusammenführung von Bild und Abbild. Ihre Arbeiten sind ein Prozeß, der von Weiterungen,…

Der heilige Unernst, das Tanz-Theater des Manuel Quero

  Der Name Manuel Quero steht für Aufbruch und Innovation. Statt das Publikum als Kunstendabnehmer zu behandeln, lädt er zur Teilhabe an einem Experiment ein. Stets war dieser Choreograph für komplexe Fragestellungen offen: Die Kunstprozesse werden partizipativer, interdisziplinärer und internationaler…

Kinderwelt und junge Liebe

Unter dem Motto „Kinderwelt und junge Liebe“ steht der Konzertauftakt zum diesjährigen Sommergelee. In einem klassischen Liederabend stehen ganz besondere Werke auf dem Programm.  Francis Poulenc, Leonard Bernstein und Modest Mussorgski – drei Komponisten, ein Thema: Wie sehen Kinder die…

Seiteneingang zur Wunderkammer

  wæhrend das Leben im Sucher fixiert wird verblassen bereits die inneren Bilder beim leisen Gang durch die Ausdruckswelten = das Eigentliche verstreicht beim Versuch es im Bild zu bannen & auf magische Weise am Verschwinden zu hindern   æussere…

Beschwörungszauber

Damit Dichtung geschrieben werden kann, braucht sie Erinnerungen an eine archaische Welt, in der die Aura der Wörter nicht völlig durch technische Medien zerstört worden ist, wo noch nicht die Aufklärung des Journalismus, der popularisierten Wissenschaft und des Tauschverkehrs die…

MÜHLVIERTLER LANDSCHAFT

  Hügelweit hingestreut die sanfte Landschaf tim hellen Morgenlicht   zwischen den Wäldern in länglichen Mulden ein Nebel-Seidentuch   auf den Kuppen oben da und dort sehr klein ein Spielzeug-Kirchturm   Straßen und Wegedurch ziehen weithin sichtbar das Landfern am…

Außen

  Niemand hat einen. Jemand hat keinen. Einer hat jeden. Jeder hat einen. Einer hat dich befunden so über- wunden bin ich draußen niemand       Angelika Janz Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit…

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  kalt wurden die küsse an der hand sie sind male und ledrige flecken wenn wir alt werden wer wird den raum halten hope there´ s someone sagst du       *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer…

Sonette – VI

  Da schon im hohen Schmerzensmeer verloren Die Woge deines Lebens rollt vergib Das scheue Lied das sehr verlaßne Lieb Verschüttet aus dem leisen Mund der Toren   Das im vergeßnen Finster als ein Dieb An Schlüften des Gebirgs das…

An der Neige

  In seinen Rede– und Suchgedichten konzentriert sich A.J. Weigoni seit der Letternmusik beim Rezitieren auf die nackte Stimme. Die stimmliche, sprechtechnische sowie akrobatische Virtuosität, mit der er zu Werke geht, erzeugt gleichsam ein Textkonzert, die Partitur ist Sprache. Tom…

Wege 2. Ruinen-Trekking, Garzweiler II.

  Auf der B 60 wird noch verkehrt, am Rande ist alles tot. Kein Wunder, denn augenscheinlich fiel hier eine Neutronenbombe und so sieht das dann aus: leere Häuser mit zugemauerten Luken gegen die Plünderer, versehrte Scheiben, staubige Wände —…

Das ist

  Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer…

Die eine und die andere Wange

  Hier hast du meine linke Wange. Schlag zu. Hier hast du meine rechte Wange. Schlag zu. Hier hast du mein Kinn. Schlag zu. Ach, du kannst nicht mehr zuschlagen? Schade. Dann zieh ich das Messer aus deinem Bauch. Es…

Das Ohr

    Wir halten das offene Ohr an die Erde, sehr schwach dringt ein Beben herauf wie von hastig stampfenden Hämmern weit über Land oder Panzerketten, die blindwütig Dörfer einebnen, wir halten das offene Ohr an die Erde, sehr schwach…

Kollegengespräch · Replica

Vorbemerkung der Redaktion: Für das Projekt Kollegengespräche hat A.J. Weigoni einen Austausch zwischen Schriftstellern angeregt. Auf KUNO ist diese Reihe wieder aufgelebt. Wir arbeiteten am gleichen „Produkt“, an der deutschen Sprache. WEIGONI: Zwischen 1995 und 1999 machte ich gemeinsam mit…

Der Lyrik-Groove-Master

  Der Lyriker und Lyrikvermittler Axel Kutsch wurde im Mai 1945 geboren. Sein Leben hat er der Poesie gewidmet, insbesondere der zeitgenössischen Lyrik. Als Lyriker und als Herausgeber hat er sich einen Namen gemacht. Für viele junge Poetinnen und Poeten,…

Tautologie

  Obwohl in der Tiefe des Gedichts die Wahrheit liegt, dass alles Reden und Schreiben ein einziges Schweigen ist. Totsein ist Leben, die Dinge sagen sich alle selber, das Leben ist eine Formel des Nichts, nur ein anderes Wort, eine…

Reife

    Halbgegorene Gedanken junger Menschen können mit der Hefe der Reflexion zu exquisitem Wein werden.     *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform der Twitteratur. Prägend…

Verhaftung

Jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet. Die Köchin der Frau Grubach, seiner Zimmervermieterin, die ihm jeden Tag gegen acht Uhr früh das Frühstück brachte, kam diesmal nicht.…

Schnitte

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

knoten

  fallen mir die worte wie knöchel als würfel aus dem fleisch der gedanken spür ich meine nerven an abgerissnen fäden wieder füg ich sie zu sätzen zusammen öffnet sich ihr sinn in mir     *** Seelenland, Gedichte von…

Was die Fülle und Perfektion des Lebens ausmacht

Immer noch werden Bücher gedruckt und verkauft, die es nach den Gesetzen des Marktes eigentlich gar nicht mehr geben dürfte. In Südamerika erlebt die Poesie gerade einen neuen Boom. In England erreichen die schmalen Lyrikbände einer jungen Dichtergeneration – Michael…

balunga timba ongawa

     *** Anmerkung der Redaktion: Das Thema des Hungertuchpreisträgers Thomas Suder Thema ist die dialektische Beziehung zwischen organischen, also eher rundlichen Formen und Strukturen wie z.B. das menschliche Gehirn, und dem was ebendieses an höchst unorganischen Formen hervorbringt, um in der…

Jenseits des Urals

Erst hinter dem Jenissei wird die Natur originell, großartig und überwältigend. Anton Tschechow Wer sind die echten Sibirjaken? Für die Autorin, eine ausgewiesene Kennerin Sibiriens („Transsibirische Eisenbahn“ Berlin 2002; „Meine sibirische Fleckendecke“, Düsseldorf 2004), leben sie an der Unteren Tunguska,…

Überholt

  Selbst vom hochgelobten Benn Nicht jede Metapher preisen. Hochgehaltene Schwerter zählen längst zum alten Eisen.       * * * Aus: Hans Bender, Hinter die dunkle Tür. Vierzeiler 2013-2015. Ludwigsburg: Pop, 2019, S. 77 Weiterführend → Lesen Sie…

Im Lyrikamt

  (Mein Name ist) Schittko, Clemens Schittko. Clemens mit C am Anfang und mit S am Ende. Und Schittko buchstabiert sich S, C, H, I, Doppel-T, K, O. Nein, ich wurde von niemandem ausgeknockt, noch nicht einmal angezählt. Und das,…

Siedegrade der Leidenschaft

  Verdichtungsunterstreichungen auf: dem Scheiterhaufen der Ver satz–Stuecke = Denkblasen–Effekte einer > déformation professionelle   bei einem Balance–Akt zwischen Annæherung & auratischer Distanz lassen Begriffsikonen das unendlich Wirkliche auf das grenzenlos Endliche treffen…   die vertraute Welt hœrt auf zu…

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  wo der wind leicht am laub leckt und die hände aneinander stranden wo die planetensysteme in ihren bahnen brennen von rot zu rost werden sie rote riesen weiße zwerge bis sie verglühen zerfällt der farn zu staub wird unser…

Selten

  Es ist ein Luxus, die anderen nicht wecken zu müssen; allerdings ist es Respekt, dies auch tatsächlich nicht zu tun.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine…

Die vierte Elegie

  O Bäume Lebens, o wann winterlich? Wir sind nicht einig. Sind nicht wie die Zug- vögel verständigt. Überholt und spät, so drängen wir uns plötzlich Winden auf und fallen ein auf teilnahmslosen Teich. Blühn und verdorrn ist uns zugleich…

acker der kindheit

  lag ich auf feldern hinterm dorf im flüstern der luft sah ich über mir wälder geschoren unterm feuerpflug fiel regen als blut des himmels  auf mich herab wuchsen halme  wie flammen aus den poren der erde  vertrieb ich mäuse…

Popgedichte

  krokodile geister hardware farben der lenkung verstehe ich nicht und auch nicht das blasen im wind (Klappentext) Flarf Disco folgt einem konzeptuellen Ansatz. Aus der vollständigen Sammlung von 120 Musik-CD-Samplern einer Zeitschrift für Popkultur und -theorie („Spex“, Jahrgänge 2000-2014)…

Meister der Duplizität

  Der Lyriker Oskar Pastior verfügte testamentarisch die Gründung der Oskar-Pastior-Stiftung zur Förderung experimenteller Literatur. Zu seinem Gedenken treffen sich zu Pfingsten Urs Allemann (Goslar), Gabriel Horatiu Decuble (Bukarest), Oswald Egger (Hombroich), Elke Erb (Berlin), Jean-René Lassalle (Bad Krozingen) sowie…

an einem schönen tag im mai

  sich auflösen in diesem blau dennoch nicht verschwinden überall gleichzeitig sein das land durchwehen wie ein milder sanfter wind nirgendwo ankommen müssen und nirgendwo gehn     *** Weiterführend →  Über die Qualität von Andreas Noga als Lyriker und…

Asservatenkammer des Bewusstseins

  in einem Aufruhr der Gefuehle dem Atem des Lebens lauschen das Gedæchtnis der Haut befragen & sich in geschlagene Wunden vertiefen   ein selbstreflexiver Organismus reguliert durch Assimilation & Adaptation das Sein fundiert das Seiende verfuehrtes Denken generiert rettendes…

Sonette – V

  Du nie mehr klingende die in die Schwüle Der grünen Hänge tauend niederschlug In ihren Flügeln Windessingen trug Dich machte stumm der Engel der Gefühle   O Stimme der mit seiner Hand erhub Dein Atmen in die ewig klare…

Tristitia ante …

  Schneeflocken fallen. Meine Nächte sind Sehr laut geworden, und zu starr ihr Leuchten. Alle Gefahren, die mir ruhmvoll deuchten, Sind nun so widrig wie der Winterwind.   Ich hasse fast die helle Brunst der Städte.   Wenn ich einst…

Dinge

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Gedichte – was sonst?

  Es ist nicht vielen deutschsprachigen Lyrikern gelungen, in mehrere Sprachen übersetzt, auf der Bühne, im Fernsehen und im Hörfunk inszeniert sowie in Schulbüchern verewigt zu werden. Axel Kutsch, der  am 16. Mai 70 Jahre alt wird, kann all dies…

IM MÜHLVIERTEL

  euchtendes rot einer mohnblüte   weiße margeriten im wiesengrün gewitterwolken   im himmelsblau durch die landschaft   gehen ohne ein ziel einfach nur dasein   schauen sonst nichts       Weiterführend → Über den dezidiert politisch arbeitenden Peter Paul…

Aussicht im Dunkeln

von Stefán Hörður Grímsson     Ein rotes Haus an der Ecke eines anderen Hauses Ein Schornstein auf dem First der Scheune schräg nach West Ein alter Mann am Stock summt eine Strophe vor sich hin über den Schöpfer des…

Unueberwindliche Næhe

  falsche Gefuehle projizieren aus einer blendenden inneren Leere das Trugbild einer fiebrigen Existenz: Geist = Natur Fuehlen, Denken + Erinnerungen sind: biochemische Vorgænge in neuronalen Schaltkreisen   die ins Innerste des Nervensystems reichenden Erfahrungen mit der unbedingten Autonomie der…

O.T. · Revisited

  ich werde vom Flirren der Bäume im Licht nichts sagen, auch nicht von den Bäumen an sich. kein Wort von der Buche im Hinterhof der Ärztin deren Tochter im Schlafzimmer stirbt, kein Wort vom Blauglockenbaum im eigenen Hof, unter…

Über naive und sentimentalische Dichtung

  Es gibt Augenblicke in unserm Leben, wo wir der Natur in Pflanzen, Mineralien, Tieren, Landschaften, sowie der menschlichen Natur in Kindern, in den Sitten des Landvolks und der Urwelt, nicht weil sie unsern Sinnen wohl tut, auch nicht, weil…

Poesie grafisch

  Der Schweizer Lyriker, Romancier, Verleger, Drucker, Graphiker und obsessive Lustleser Beat Brechbühl gibt seit vielen Jahren seine „Bodoniblätter“ heraus, benannt nach dem Gestalter einer Schrift, die seinen Namen trägt. Brechbühl kennt sich in der Weltliteratur, auch gerade in der…

Was ist wahre Poesie?

  Wahre Poesie enttäuscht, lehrt sehen: Das Gute wie das Schlechte in der Welt. Sie stärkt meine Wünsche, bestätigt sie und eröffnet mir neue. Meine Wünsche drängen nach meinem Glück. Die Poesie zeigt mir, wie mein Ich sich am Ich…

Citizen Welles

Ein Zeitzeichen der KUNO-Redaktion: Heute wäre Orson Welles 100 Jahre alt geworden. Dieser Pionier durchlebte alle Medienformen des 20. Jahrhunderts. Seine Karriere begann am Theater. Er wurde durch seine Arbeit für das Radio bekannt und produzierte mit seiner Theatertruppe Literaturklassiker,…

emblematische Medikation

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Wortkunst

  In den meisten Fällen ist es wenig sinnvoll, einen kleinen Gedanken so aufzupumpen, dass er 600 Seiten füllt. Sinnvoller ist es, einen großen Gedanken in einem Satz zu fassen.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989…

Frauensegen

  Schreitest unter deinen Frau’n Und du lächelst oft beklommen: Sind so bange Tage kommen. Weiß verblüht der Mohn am Zaun. Wie dein Leib so schön geschwellt Golden reift der Wein am Hügel. Ferne glänzt des Weihers Spiegel Und die…

Die Kunst des Überkandidelten

Auf KUNO beschäftigen wir uns in diesem Jahr mit den vielfältigen Formen der Lyrik. Die festgefügten Formen haben sich aufgelöst. Prosa kann zu Zeilen zerschlagen werden, Gedichte im Blocksatz eine neue Erscheinungsform erhalten. Eine Fußnote zum weiteren Mißerständnis: Ab heute…

Orte 2. Revoluzzermarkt od.: Der erste Mai

  Re-Re-Revolution: markige Worte auf altem Pflaster, alte Worte verhalln als verbales Desaster… Wo sind heute die Barrikaden? — Nur vor der Bühne, wo überkommener Jazz-Rock gestikuliert, mimt und quält, wo ‘s ethno-kultisch plappert und plärrt von `ner Solidarität, die…

Am Ende einer langen Heizperiode

  Am Ende einer langen Heizperiode verfasst verloren jemand eine Modeode auf seine winterlang defekte Heizung:   Er überlässt sich unverfroren glatt der Reizung frühlingserwachter Sinnenspreizung: in a. die tiefgespeichert Halt versprochne Kälte in den Knochen die sehr gelungen Scharfblick…

Ex-Glitzerwesen

Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein Tocotronic Sich einer Bewegung anzuvertrauen, mit dem Unbestimmten und Fließenden, mit einer Welt voller Verschiedenheit Ernst zu machen und gleichzeitig den Gefühls- und Formenreichtum der Vergangenheit spielerisch und gekonnt aufzugreifen, ohne dass irgendeine weltanschauliche…

Gesetzmäßigkeiten

    Wer einem alten schönen Wagen entsteigt, der muss kein Liebhaber alter Autos sein, es kann auch sein, dass er auf Kuba lebt.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen…

Verlebendigung

  Diese Gedichte wirken unmittelbar! Die Bilder treffen in Herz und Seele. Es sind Existenzgedichte – schimmernd unter dünner Haut, so ähnlich heißt es in einem ihrer früheren Gedichte. Der Titel dieses Buchs verrät im Doppelspiel der Worte: Wir leben…