Kategorie: Allgemein

Dichten als Form des Denkens

  A.J. Weigonis VerDichtung ist die Suche nach dem Wort, der Versuch, jenseits des Geschwätzes, des alltäglichen Sprechens zu einer ursprünglichen Schicht des Sagens vorzudringen. In seinen Gedichten findet sich alles, was ästhetisch befriedigende Gedichte im 21. Jahrhundert ausmacht: klarsichthüllenklare…

Alltagslyrik

Das kleine Ding ist in Wahrheit ein Schatz für jemand, der Gedichte schreibt. Jan Wagner Literaturpreise sollten eigentlich rein nach Kriterien ästhetischer Qualität vergeben werden, dies ist eine notwendige Fiktion, die jede Jury aufrechterhalten muss. Die Urteilsfindung kommentierte KUNO. Und…

Neue kulinarische Streifzüge

  Auf dem Buchumschlag sind vier weltweit bekannte russische Schriftsteller im Umkreis der Dichterin Marina Zwetajewa hinter einer reich gedeckten Tafel abgebildet: Nikolaj Gogol, Joseph  Brodsky, Anton Tschechow und Lew Tolstoj. Ihre Blicke aber richten sich nicht auf das vor…

Die Frühlingsfähren

  Die Mühle zielt mit ihrem Flügel Nach einem fernen Haselbusch, Der Maulwurf gräbt und wirft den Hügel, Als baue er den Hindukusch. Und aller Bauern Güter gären, Und alle Gärten kochen Seim, Und rings gehn unsichtbare Fähren In süßen…

Die zweite Elegie

  Jeder Engel ist schrecklich. Und dennoch, weh mir, ansing ich euch, fast tödliche Vögel der Seele, wissend um euch. Wohin sind die Tage Tobiae, da der Strahlendsten einer stand an der einfachen Haustür, zur Reise ein wenig verkleidet und…

Bewusstseins–Upload

In den 1920er- und 1930er-Jahren sprach man für eine Weile von Kunst als Ersatz für Religion; heute sind B-Movies ein Ersatz für Religion. Pauline Kael Falls es in 20 Jahren noch das Ettikett Trash gibt, kann man Neill Blomkamps Chappie…

Waldgespräch

  Es ist schon spät, es wird schon kalt, Was reit’st du einsam durch den Wald? Der Wald ist lang, du bist allein, Du schöne Braut! Ich führ’ dich heim! „Groß ist der Männer Trug und List, Vor Schmerz mein…

„Schwierige Lyrik zu einem sehr hohen Preis“

„Schwierige Lyrik zu einem sehr hohen Preis – dann ist es BRUETERICH PRESS” – dies der ironische Werbeslogan des neu gestarteten, bereits vor drei Jahren gegründeten Verlags BRUETERICH PRESS, der, so die Verlagswebsite, eine „gemeinsame Maßnahme von System BRUETERICH und…

Die gelbe Rose

  Die gelbe Rose, zart und dunkel umlaubt, In Porzellan vom bläulichen Grau der Taube, Die gelbe Rose öffnet das blühende Haupt Und zieht in Duft, dem safranfarbigen Staube, Durch meine Stube schwimmend wie Träume hin, Die goldbeschnäbelten Schwäne, die…

lavant a lettre

Weit mehr als eine ungefickte Alleinstehende. Thomas Kling Laut Lexika fragt die Rezeptionsästhetik nach der gedanklichen und emotionalen Wahrnehmung künstlerischer Werke und inwieweit sie bereits im Gegenstand angelegt ist bzw. erst im Prozess der Rezeption entsteht. Angesichts der Schwundstufen von…

am ende

  am ende wird es ein erdenaufenthalt gewesen sein, der kaum zu ordnen war, für mich, der ich immer ordentlich bin. Rolf Persch (* 7. Juni 1949 in Bonn; † 5. März 2015 in Ahrdorf/Eifel)       *** von…

Nutzen

  Die Hoffnung auf Besserung kann zusammenschweißen, aber nur wenn es nicht halbwegs gut geht.     *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform der Twitteratur. Prägend für…

An Franz Marc

  Katzen beinen Katzenbeinen Menschen Lust Menschen welten Erde runden die Katzen Katzen pfoten das zahme Gras kreuzen Faden Strich Hirnen Lust Geheul die zwanzigtausend Katzen Tintenp[f]oten schwänzen Katzen Raum Und Räume, Räume, Räume Katzen Und Katzen, Katzen, Katzen Räume…

Musik im Mirabell

  Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn Im klaren Blau, die weißen, zarten. Bedächtig stille Menschen gehn Am Abend durch den alten Garten.   Der Ahnen Marmor ist ergraut. Ein Vogelzug streift in die Weiten. Ein Faun mit toten Augen…

HOCHALPIN

  Die Unschärfe des Montblanc auf einer alten Fotografie spiegelt seine Unbestimmtheit als Gegenstand dieser Welt.   Ruhig liegt der eingebildete Gigant im Schnee. Es ist noch Zeit vom Vortag übrig, und an seinem Fuße sammelt sich Höhe wie Worte…

Verhaften Sie die üblichen Verdächtigen

Viele Gedichtbücher sind zwischen Anfang 2014 und März 2015 erschienen. Welche darunter sind außerordentlich bemerkenswert, interessant, überraschend? Kritiker, Lyriker und Vertreter literarischer Institutionen haben zwölf deutschsprachige und zwölf ins Deutsche übersetzte Gedichtbände ausgewählt, die sie für besonders empfehlenswert halten. Die…

schneller – schneller – superspeed

Super Speed Art Tour 2015 Ende Juli dieses Jahres gehen wir, Stephanie Neuhaus und Haimo Hieronymus, erstmalig mit unserem Konzept einer fahrbaren Galerie in die Öffentlichkeit und damit auch auf die erste große Tour. Auf der Strecke von Stuttgart nach…

Gute Nacht, gute Nacht!

  Wenn ich gleich einschlafe, sagt Schlange, bin ich dann nicht mehr da, oder bist du nicht mehr da, oder sind wir alle beide weg? Wenn ich wach bleibe, sage ich, bin ich da, aber du siehst mich nicht, und…

Ambiguitætstoleranz

  Lebensstatisten ersetzen eine Emanation des vergangenen Wirklichen kœrperlose Stimmen tœnen polyphon = was sich entzieht… wird mimetisch dargestellt   die Konfrontation mit dem eigenen Ich fuehrt zu einer Dezentrierung der Wahrnehmung & evoziert Reproduktionen aus dem Gegenstrom der Aufmerksamkeit…

Die erste Elegie

  Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel Ordnungen? und gesetzt selbst, es nähme einer mich plötzlich ans Herz: ich verginge von seinem stärkeren Dasein. Denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir noch…

Die Laubwolke

  Beständig ist das leicht Verletzliche. Lange hing die grüne Wolke über der Erde, Wohin ging sie? Im neuen Frühling schwebt sie wieder an Und erfüllt ihren Ort Zwischen Grund und Höhe. Vom Winde gesteuert, Vom Regen gedrängt, Vom Licht…

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  ihre stirn der strahl der sonne rief nach mass haltungs programmen sagte: iss sagte atme brachte mütter zur welt rote weiße schwarze schrieb nicht sprach texte auf ein tonband zu wort wenn der tag ins dunkel fällt trägt sie…

katze

  jagt die seele licht im auge in der nacht mit schlankem körper krummem rücken  schleicht sie und zieht schlangen aus der erde  trennt sie ihnen den kopf ab und zerstückelt sie vermehrt sie milch butter körner geld hütet sie…

DAS LETZTE LICHT

  das letzte licht als die sprache der bäume   als botschaft des himmels schwarzblau   die schattender nacht du hörst diese stille   du hörst deinen atem du hörst   deinen pulsschlag als zeichen der Zeit      …

wintermärz

  der frühling wurde vom frost gekreuzigt   man trug ihn zu grabe rollte eine schneewalze über das land   die sonne versinkt nun im mantelkragen hoch wie eine lärmschutzwand –   nachts fährt die wärme zum himmel auf  …

Wo ich herkomme,

  neigt man sich vor der stahlgestützten Linde eines Poeten wie vor einer Ikone und winkt der in Bronze erstarrte Ovid den Passanten zu, und wo ich herkomme, nimmt man Platz an Brancusis Schweigetisch, um Steine ins Wasser zu werfen.…

Sehnsuchtsmaschinen

  Versehrte im Gefuehlsnahkampf durchleben eine Katharsis in rosenfingriger Morgenrœte versuchen die Fassungslosigkeit zu bewahren & sich mit Ueberschreibungen zu retten…   von den Wonnen der Unabhængigkeit zur Geographie des Geschmacks = in einer Neujustierung den Raum im eigenen Innenraum…

Sonette – II

  Hättst du der Welt dein Sterben prophezeit Natur wär dir vorangeeilt im Tode Kehrte mit unerbittlichem Gebote Das Sein in ewige Vergessenheit   Am Himmel ständen sanfte Morgenrote Zur Stunde da hinglitt dein Körperkleid Die Wälder färbte alle schwarzes…

Profitgier

  Die Hoffnung auf Besserung schweißt solange zusammen, wie nichts durchgesetzt ist, dann kommt der Eigennutz.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform der Twitteratur. Prägend für…

Aus meinem Kohlebunker

  ich hab die zeichnung in kohle erkoren als handlanger auf weissem papier drin hab ich nun habicht oben… oben von unten her bewegt * wir haben bunker mit kohle gesaettigt haben kohle gebunkert nun schauen wir oben oben nicht…

herzgegend

  bäume haben sich ihre schatten herausgerissen, brennen im wurzelfeuer. holzasche über   geöffneter erde verstreut. das licht der laternen wurde durchtrennt, lose treibt es im augenwind. die tür ist zugemauert, fenster sind verschweißt. auf den scheiben liegen die nerven…

Wer langsam erlischt

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Köstliche Miniaturen

 „… die Dinge sind (.) das, was sie scheinen – und hinter ihnen. ist nichts“ Jean Paul Sartre Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen, sagt Markt Twain auf der Seite 6. Und spätestens hier, bevor die…

Mein blaues Klavier

    Ich habe zu Hause ein blaues Klavier Und kenne doch keine Note.   Es steht im Dunkel der Kellertür, Seitdem die Welt verrohte.   Es spielten Sternenhände vier – Die Mondfrau sang im Boote. – Nun tanzen die…

Ten years after

  es gibt die konstellationen des südlichen und des nördlichen himmels, und es gibt sie: die silberdisteln. Unlängst wurden die diesjährigen Kandidaten für den Preis der Leipziger Buchmesse 2015 bekanntgegeben. Darunter befindet sich mit Jan Wagner zum ersten Mal seit…

WIR SCHMECKEN SCHON LANGE NICHTS MEHR

  Ich stehe vor der Käsetheke und bin berauscht von den vielen französischen italienischen spanischen Namen von all dem Trüffel und dem Büffel den Ziegen und Schafen den Kräutern und dem Schimmel dem Käse mit Guinness und dem mit Mirabellenschnaps…

Venus Consolatrix

  Dann kam Stern Lucifer; und meine Nacht erblaßte scheu vor seiner milden Pracht. Er schien auf meine dunkle Zimmerwand, und wie aus unerschöpflicher Phiole durchflossen Silberadern die Console, die schwarz, seit lange leer im Winkel stand. Auf einmal fing…

Wasserschleier

  Sarah versucht, durch den Wasserschleier zu sehen, ob Kathrins Fenster beleuchtet sind. Sie sieht nichts. Alles ertrinkt im Regen. Il pleut dans mon cœur, comme il pleut sur la ville, quelle est cette langueur, qui pénètre mon cœur… Ich…

ERK

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Abgelaufene Zeit

A clock stopped—not the mantel’s; Geneva’s farthest skill Can’t put the puppet bowing That just now dangled still. An awe came on the trinket! The figures hunched with pain, Then quivered out of decimals Into degreeless noon. It will not…

Traum und Boot

  Ein Boot fährt leise übern Silbersee Wellen glitzern wie Geschmeide Trink aus der Flasche kalten Tee Er rinnt durch die Kehle, sanfte Seide   Zum Ufer fuhr der alte Kahn kaum schwimmend leckt er Wasser und ist dort bald…

Die drei Teiche von Hellbrunn

  Der erste   Um die Blumen taumelt das Fliegengeschmeiß Um die bleichen Blumen auf dumpfer Flut, Geh fort! Geh fort! Es brennt die Luft! In der Tiefe glüht der Verwesung Glut! Die Weide weint, das Schweigen starrt, Auf den…

Traue

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Gesang der Ungeborenen

  Vater, dir drohet nichts, Siehe, es schwindet schon, Mutter, das Ängstliche,   Das dich beirrte! Wäre denn je ein Fest,   Wären nicht insgeheim Wir die Geladenen, Wir auch die Wirte?       Weiterführend → Im Alter von…

Um Mitternacht

  Um Mitternacht Hab‘ ich gewacht Und aufgeblickt zum Himmel; Kein Stern vom Sterngewimmel Hat mir gelacht Um Mitternacht. Um Mitternacht Hab‘ ich gedacht Hinaus in dunkle Schranken. Es hat kein Lichtgedanken Mir Trost gebracht Um Mitternacht. Um Mitternacht Nahm…

Banksy: Neues aus dem Asphaltdschungel

Mit dem Fotoband „Banksy in New York“ legt Ray Mock ein Werk vor, das zwei Dinge zu vereinen sucht. Zum einen behandelt es, wie ein Tagebuch aufgebaut, den Aufenthalt Banksys in der amerikanischen Metropole. Zum anderen versucht er eine grundlegende…

Im Licht

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Falter und Fische

Werner Weimar-Mazurs Gedichte – ein poetischer Zoo Bei meiner Analyse der Gedichte des von mir sehr geschätzten Lyrikers stieß ich auf eine geradezu fabelhafte Konferenz der Tiere in seinen Versen, die nichts anderes zu sein scheinen als die Spanten und…

auschwitz ist mein mantel

  du hast angst vor der finsternis? ich sage dir, wo der weg menschenleer ist, brauchst du dich nicht zu fürchten.   ich habe keine angst. meine angst ist in auschwitz geblieben und in den lagern.   auschwitz ist mein…

Conditio Urbana

  andernorts: gestolene Momente eingefangen in einer Phiole aufgehængt an einem unsichtbaren Faden: gleissendes Licht fællt durch marokkanischen Onyx & zeichnet prismatische Bilder an die Wand   das Dunkle hat seinen Zauber verloren Illusionen sind verstaubt Utopien auf Realmass eingedampft……

VORKRIEGSZEIT

  Noch gibt es Unordnung und Sensationen, in Cellophan gewickelte Vernichtung, eilige Rhapsoden in den Hinterzimmern. Haarfein zieht der Sekundenzeiger die dünne Linie zwischen uns und aller Zeit, die kommt. Auf den Märkten gibt es Fische mit verfärbten Kiemen und…

Hörspiel als Denkspiel

Wenn es Videoclips gibt, muss auch die Literatur auf die veränderten medialen Verhältnisse reagieren. A.J. Weigoni Seit seiner Zeit im Kassettenuntergrund war A.J. Weigonis Werk eine Bereicherung, weil es radikal mit den als obsolet empfundenen Gattungsgrenzen und bürgerlichen Konventionen brach.…

UNSERE WEGE

    Du gingst den Weg hinauf zwischen den Wiesen bis unter den großen blühenden Kastanienbaum.   Ich dachte: Wo wird er enden Dein Weg? Und wo endet dann meiner?   In den Blüten im Mai oder flammendrot im Herbst?…

Chronica

  Mutter und Vater sind im Himmel – Amen. Drei Seelen breiten Aus stillem Morgenträumen Zum Gottland ihre Wehmut aus; – Denn drei sind wir Schwestern, Die vor mir träumten schon in Sphinxgestalten Zu Pharaozeiten; – Mich formte noch im…

Sinn im Unsinn

Dieser Film von Andrea Roggon dokumentiert: die Grundlage von Schneiders Arbeit ist die Improvisation, die bei ihm zum künstlerischen Selbstausdruck und zur Lebenseinstellung geworden ist und die er nach den Grundlagen des Jazz in alle Bereiche der Kunst überträgt. Die…

eulenlicht

schwebt eine eule leisen flugs wie ein leib des windes  dicht an mir vorüber  ahne ich sie führt die unerlösten  seelen durch den wald  flieh ich ins dickicht fällt mir eine feder in die hand steck ich sie hinters ohr…

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  in der senkrecht herabfallenden hitze die erde glüht. Wenn ein gesicht ein bett wird. Wenn ein blick sich schlafen legen darf. So kommen ineinander gefaltete lider zur ruhe wie wenn ein gebet. Doch es ist nur der blick. sterne…

Das Œuvre des Sprechstellers

Tom Täger und A.J. Weigoni kommt das Verdienst zu, die Lyrik nach 400 Jahren babylonischer Gefangenschaft aus dem Buch befreit zu haben. lyrikwelt.de Das in der Edition Das Labor erscheinende Hörbuch Gedichte faßt die langjährige Studioarbeit von Tom Täger und…

Metaphorologie

  Fussgænger werden zu Kopfgængern gehen mit gefuelltem Hirn + ueberfliessenden Seelen in eine Landschaft hinein & erkunden eine Stille im Riss der Zeit… Erinnerung fuehrt ein Eigenleben der Bedeutungsglockenschlag klingt nach   Denkspiele im Zauberkreis der Sprache: verlorene Beschwœrungen…

Mein Klassiker: Cocteau trifft Beckett

Es dürfte kaum verwundern, dass die Werke, die meine Jugend und das frühe Erwachsenenalter begleiteten, zu meinen Klassikern gehören. Jean Cocteaus Kinder der Nacht fingen mich in der Pubertät  ein wie kein Werk, ich tauchte ein in die romantisierte geheimnisvolle…

DIE VORSTADT

  In ihrem Viertel, in dem Gassenkot, Wo sich der große Mond durch Dünste drängt, Und sinkend an dem niedern Himmel hängt, Ein ungeheurer Schädel, weiß und tot Da sitzen sie die warme Sommernacht Vor ihrer Höhlen schwarzer Unterwelt, Im…

Sonette

  Ich bin ein Maler der aus SchattenDas wunderbarste Bildnis maltUnd teurer seine Farben zahltAls andre ihre vollen satten Wenn keiner mehr von ihren prahltErglühen noch die meinen mattenWie über schweren GrabesplattenEin altes Mosaik erstrahlt Und doch steht Nacht vor…

In Würde gealtert

  … Ein Zustand materieller Synchronizität. Jetzt, da die technologische Ideologie nicht mehr trägt, ist die Moderne zu einer ästethischen Zufallsbox geworden. Jeder greife hinein & bediene sich. Die Unwahrscheinlichkeiten ihrer Vorgriffe haben sich entropisch dissimiliert. Unter umgekehrten zeitlichen Vorzeichen…

Der Strom

  Als nun der Strom meiner Nächte breit durch die Ebene glitt, brachte er krauses Geflechte, Tangwerk und Dorngestrüpp mit, brachte von bergiger Quelle wilder Blüten Gerank, und es klang seine Welle dunkler als droben sie klang.   Lauscher standen…

Rhein=Fahrt/Lied

  so oft der weg: der weg- weg den fluss lang m. spezial-magie: nicht nur lore leilei nicht nur hügels’ eros’ wog’n: nein mein sein spült mit darin: mein her- (kunft)sein (>>wo’ich von wech bin!<<) mein so- sein mein rhein-…

grüngewandet

  nach jahren hob ich meinen blick von deinem grünen kleid deine blauen augen schluckten jedes rot von acht zimmern unsres hauses blieben sieben nach jahren hob ich meinen blick und meine leber brannte saghi, schenk mir ein    …

Enzyklopädie der Toten

  Der 1935 in Subotica an der jugoslawisch-ungarischen Grenze als Sohn einer serbisch-orthodoxen Montenegrinerin und eines ungarischen Juden geborene Danilo Kiš, 1989 in Paris als renommierter Dichter, Essayist und Schriftsteller verstorben, übernimmt in der europäischen Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts in…

Apropos Zephir

  treffsicherer als andere ins eigene Fleisch traf mich der Sturm als breite Landzunge zwischen unaussprechlichen Strömen im Chaos des Sturms nehme ich nicht einmal die Geräusche des Körpers wahr der die Bodenhaftung verloren hat erschwerend könnte Ruhe einkehrn ich…

Nennen Sie es Ausschlachtung

  Anna Blume ist die Stimmung, direkt vor und direkt nach demZubettgehen.Anna Blume ist die Dame neben DirAnna Blume ist das einzige Gefühl für Liebe,dessen Du überhaupt fähig bistAnna Blume bist DuAnna Blume ausschlachten heißt Dich schlachtenBist Du schon einmal…

ANTWORT

  der Sinn muss das Leben selbst sein   den Atem spüren auf offener Hand   topologisch fast unbegrenzte Möglichkeiten auf engem Raum   Anlauf nehmen egal wohin         *** Gedichte 3.0, von Martin Dragosits, Arovell Verlag,…

Die heiligen drei Könige

  Einst als am Saum der Wüsten sich auftat die Hand des Herrn wie eine Frucht, die sommerlich verkündet ihren Kern, da war ein Wunder: Fern erkannten und begrüßten sich drei Könige und ein Stern.   Drei Könige von Unterwegs…

Erwartungshaltung

  Kurz vor dem Aufbruch wird es ruhig, wenn bewusst wird, was vor einem liegt.     *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform der Twitteratur. Prägend für…

JE SPÄTER DER ABEND

(In Memoriam Townes Van Zandt) Von manchen Leuten hörst du erst, Wenn sie gestorben sind, Und vielleicht ist das auch besser so, Deine Liebe bleibt rein und traurig, Du kannst dein Herz nicht mehr verlieren, Falls du gelernt hast zu…

Romanze zur Nacht

  Einsamer unterm Sternenzelt Geht durch die stille Mitternacht. Der Knab aus Träumen wirr erwacht, Sein Antlitz grau im Mond verfällt.   Die Närrin weint mit offnem Haar Am Fenster, das vergittert starrt. Im Teich vorbei auf süßer Fahrt Ziehn…

Poetologische Positionsbestimmung

 Das Gedicht war eine ungeheure Erfindung. Das ganze Menschheitswissen wurde in gebundener Sprache überliefert.  Ernst Pöppels Kurze Vorrede, mit der freundlichen Bitte um etwas Geduld: Mein Gehirn ähnelt einem Muskel, es bleibt nur fit, wenn ich es beständig trainiere. Wichtig…

Was bislang im Lebensverdopplungsversuch geschah

  Re:kurs = Von A wie Auge über F wie Fälschung bis Z wie Zoom; die unvollkommene Rekonstitution eines Mash–ups. Es finden sich Zitate, Verweise, gleichsam aus fernen Welten und Epochen in den Abbildungen. Jenseits kultureller Codes löst die Verbildlichung…

was bisher geschah:

  wir lagen schon tief in der macchia während wort halden heute hallen wollen wiederholungen krachen. ziehen schachtel sätze sich neue kleider an. aller anfang ist zwang zum klang sagt das klavier. dringlichkeit geht in den hirnen spazieren: begeisterungs prinzip…

Heterophone Stimmgewalt

Weigoni und  Täger spüren der Sprache vor allem als akustischem Phänomen nach. (Dr. Christiane Schlüter, Buecher-Wiki) Das Projekt Wortspielhalle wurde unlängst mit dem Förderpreis des lime_lab  im Rahmen des „steirischen herbst“ unterstützt. Dieser Preis fördert die Entwicklung experimenteller, medienüberschreitender Hörspiele.…

Kontrastive Prosa

Ein Schriftsteller, das ist etwas Merkwürdiges. Das ist ein Widerspruch und auch ein Unsinn. Schreiben heißt auch: nicht zu sprechen. Heißt: zu schweigen. Heißt: lautlos zu schreien. Ein Schriftsteller ist oft erholsam. Er hört viel zu. Weil es unmöglich ist,…

Ein Anti-Held der amerikanischen Gegenwartsgesellschaft

Sooft die Trompete erklingt, wiehert es »Hui!« und wittert den Kampf von ferne, das Rufen der Fürsten und Kriegsgeschrei. Das Buch Hiob 39,25 als Leitmotiv des Romans verweist nur vage auf den Schlamassel, in den der Ich-Erzähler unvermittelt geraten ist,…

Unscheinbarkeitsvirtuosin

  Denkblockaden errichten zu Lebzeiten totengleich versteinern & Abhængen in einer entschleunigten Welt… als Sprechdenkerin wartet Diotima auf eine verzœgerte Reaktion agieren & reagieren fællt bei ihr in eins   die Seherin versucht Zweifel zu kultivieren um fuer das Individuum…

Aufblende

  Zwin \ Kern / sprachDeflo\ration: weisse Sicht \ Scheibe des Fern \ Seh \ Apparats / schwarzes, }aufReizEnd langsam{ – nach unten sink \ Endendes – Kunststoff \ kabel / begleitet von einer Summ \ Sirr \ SchnellLaufen, den…

Abspann:

  Auswüchse und Verzweigungen spuren in dieses Spüren aus. Magersüchtige Monster machen   einen auf Macht Missbrauch, sind zittrig schöne Scheusale nur noch aus Augen und Haut.   Verkrallte Hände der Sirenen in deinem Haupthaar, Haupthirn: Follow me.    …

Parallelführung der Liebesverhältnisse

love will tear us apart Joy Division Haruki Murakami und A.J. Weigoni haben mehr gemeinsam als den Frühsport. Aber meist beginnt der Tag in Tokio und im Rheinland mit demselben Ritual. Sie ziehen sich am frühen morgen ihre Laufschuhe an,…

Das versetzte Denken

    Da hätte vor allem Fließen Raum sich entwinden können ins sternenverdrehte Verschwinden   Vor allem Vergießen verließen uns Fernen. Wir rennen. Uns wehte das Finden, das Findenmüssen voran.       Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch,…

Antwort

  Dein Standpunkt hat nicht unbedingt etwas mit dem Ort des Aufenthalts zu tun.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform der Twitteratur. Prägend für diesen Begriff…

Zikadenzirpen trifft auf technoides Gezwitscher

Wer gelernt hat, den Zeichen zu misstrauen, dem bleiben zwei Optionen. Entweder legt man es darauf an, unter dem Schein der Oberfläche die eigentlichen ökonomischen, politischen oder sexuellen Triebkräfte zu enthüllen, oder man versucht, in der Wirklichkeit einem letztlich undurchdringlichen,…

Die nichtmuttersprachliche Deutschautorin

Vorbemerkung der Redaktion: Für das Projekt Kollegengespräche hat A.J. Weigoni einen Austausch zwischen Schriftstellern angeregt. Auf KUNO ist diese Reihe wieder aufgelebt, daher bringen wir gern den Austausch zwischen Rumjana Zacharieva und Safiye Can. Safiye Can: Liebe Rumjana, Du beschreibst dich als…

Asphaltics 4

  Weiterführend →  Ein Artikel von Laik Wörtschel über Asphaltics – die geheime Streetart. Lesen Sie auch den Essay Laik Wörtschel – ein Künstler der Stille.