Kategorie: Allgemein

still he is turning: one two three

  one: hamburger guck – ein rundling ohne namen(boskoop berlepsch bittenfelder) wenn er fällt: bewegungsmelderinszeniert bloß kleine dramen grünhalm knickt hör boden bebenkerbtier nagt die dralle beute schaf kingfisher [hund] katze heutemorgen möglich dichter leben two: unter bäumen hughes gold-peppinggeflammter…

x-chen

  noch im deckmantel unfertig regt sich wachstum fließend sich faltet ein gang in gott zum fliegen bestimmt muss es seiner flugidee treu bleiben       *** Klee composé. Lyrik mit Paul Klee, Gedichte von Joanna Lisiak. Littera Autoren…

Aufräumen

Alle paar Wochen muss der Arbeitsplatz wirklich aufgeräumt werden. Auf den Tischen haben sich allerhand Materialien und Werk- zeuge angesammelt. Auf dem Boden Reste der Arbeit, Schnipsel und Holzspäne, auch mal recht rutschiger Sand. Der wird immer gebraucht, sei es…

Traum und Umnachtung

  Am Abend ward zum Greis der Vater; in dunklen Zimmern versteinerte das Antlitz der Mutter und auf dem Knaben lastete der Fluch des entarteten Geschlechts. Manchmal erinnerte er sich seiner Kindheit, erfüllt von Krankheit, Schrecken und Finsternis, verschwiegener Spiele…

ABGESCHABT

  reißen tapeten in speichern und küchen komm ich aus zerfallenem papiergeröll im kopf such ich brot und fleisch stieben tropfen wie funken unterm dampf der kessel seh ich schwarz flieh ich in zerstrahltem staub schützt mich mein skelett auf…

Ein Spiel dauert 90 Minuten

    Ein Spiel dauert 90 Minuten. Und wie lange dauern 90 Minuten? Wie lange dauern sie ohne Gesellschaft? Und wer erträgt sie? Ilse Aichinger         An Ingeborg Bachmann schrieb Ilse Aichinger in einem Brief, daß sie…

Polaroids von den Schattenseiten der Gesellschaft-Fiktion

Eine Parodie auf die unschöne Gutmenschenwelt Diese Zombies sind Fiktion, dabei ist kaum etwas  erfunden. Die von A.J. Weigoni als ‚hypermoderne Menschen‘ beschriebenen Typen erleben eine Zergliederung und Fragmentierung des Abgebildeten, Veränderungen und Verstümmelungen des eigenen Körpers, sie sind das…

Lesegeschwindigkeiten

  Ich kann im Zug nur neben Zeitungslesern in einem Buch lesen. Neben Buchlesern ertappe ich mich dabei, langsamer zu werden und über das Bewusstwerden dieser Tatsache mich noch mehr zu verlangsamen. Statt mich auf das Lesen zu konzentrieren, messe…

Alle Straßen

  Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.     Weiterführend → Eine Annäherung von Peter Paul Wiplinger an Georg Trakl finden Sie hier. → Ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur, sowie ein Recap des Hungertuchpreises.

Ist die Photographie eine Kunst?

Peter Meilchen und Walter Benjamin sind sich nie begegnet. KUNO erinnert mit einer Denkfigur an den einen ohne den anderen nicht zu vergessen. Vor acht bis zehn Jahren (ca. 1926, die Redaktion) hat man begonnen, die Geschichte der Photo­graphie zu…

Sterben als Möglichkeitsfloskel

Nur wenn der Tod Dir vertraut ist, kannst Du ihn anlächeln, wenn er Dich aufsucht. Doch wie kann man mit einem Fremden Freundschaft schließen?     *** Peter Meilchen ist ein Frühverlorener, seine Biografie endet am 27.10.2008 nicht mit dem…

Die deutsche Dichtkunst

  Die deutsche Dichtkunst schrieb notorisch Sich selber den Uriasbrief, Seit das Gefühl ihr obligatorisch Und der Verstand nur fakultativ.     *** Den Essay „Die Kunst. Ihr Wesen und ihre Gesetze“ lesen Sie hier. Eine Rezension von Kurt Tucholsky…

Wahrheit

    Der Wahrheit dienen wenige in Wahrheit, weil nur wenige den reinen Willen haben gerecht zu sein und selbst von diesen wieder die wenigsten die Kraft, gerecht sein zu können.     *** Friedrich Nietzsche ist ein Meister des…

Schlaglichter

  Zweimal in einer Woche in besagten Wildwald zu fahren, spricht entweder von extremer Neugier auf die Natur oder die naturpädagogischen Programme, zeigt, dass man eine Jahreskarte hat oder aber eine Freikarte. Es könnte natürlich auch sein, dass etwas ganz…

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schmatzende Flüsse wenn Finger einander entdecken sagt er: komm mir ein bisschen entgegen aber du: Blut zwischen den Schenkeln das erste Mal riecht nach Sperma und Fisch ist ein Stinken in der Erinnerung schmatzende Flüsse that´s all *** Weiterführend →…

Rhein wörtlich

  Vielleicht ist meine beste Chance auf so etwas wie den erweiterten Rückgewinn von Gewissheit der Rhein. Der Strom als mächtiger Filter, als Geistesmaschine und Erzählapparat, der alles schon gesehen und gut durchgekaut wieder ausgespuckt oder nach Gusto für sich…

Mängel des breiten Bildungsbürgertums

  Ich hätte von Straßenkindern mehr gelernt als in der Schule und im Elternhaus. Die Mängel des breiten Bildungsbürgertums haben einen größeren Schaden in der Geschichte nicht nur des deutschen Volkes angerichtet, als man annimmt. Zu positiv wird selbst der Schatten…

Zurückgezogen

Das einzige, was ich mir wirklich wünsche, ist, zurückgezogen zu leben. Ich will nur in Ruhe gelassen werden. Elfriede Jelinek Elfriede Jelinek schreibt gegen Missstände im öffentlichen, politischen, aber auch im privaten Leben der österreichischen Gesellschaft. Dabei benutzt sie einen…

things change

  m (ich fühle mich) ich besuche meine freundin in mailand. noch heute nacht werde ich sie sehen. der zug hat die grenze bei chiasso erreicht. draußen fällt regen, der die lichter der nacht multipliziert und bricht. ich denke zurück…

Schwebezustand

  Als Produzent interessiert sich Gregory Zonker für Optometrie. Er will die Muster verstehen, welche die globalen Ströme von Materie, Energie und Information dirigieren. Da alle Menschen mehr Zugang zum Leben anderer haben, wird es unpersönlicher. Das Dilemma der Kommunikations–Guerilleros…

Vernunft

    Die allgemeinen fixen Ideen, welche man die gesunde Vernunft tauft, sind unerträglich langweilig.       Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

Flechte

  Gesenktes Haupt wirft den Blick zu Boden über den Bürger steigen en masse sich stehlen um fürwahr zu nehmen was wahr scheint auf Bildschirmen glänzende Verführer Entführer nach überall und nirgends ist gleichzeitig hier und anderswo heißt lateinisch alibi…

DIESE ANPFLANZUNGEN SIND DEM SCHUTZE DES PUBLIKUMS EMPFOHLEN

  Was wird „gelöst“? Bleiben nicht alle Fragen des gelebten Lebens zurück wie ein Baumschlag, der uns die Aussicht verwehrte? Daran, ihn auszuroden, ihn auch nur zu lichten, denken wir kaum. Wir schreiten weiter, lassen ihn hinter uns und aus…

Die Laubenpieperin

  Sie trägt die Bürde ihrer Jahre in einer Schürze aus Radieschen: grün ist der Saum, rot-schwarz die Frucht, die ihr der Laubenpieper übern Maschendraht hinweg am späten Abend reicht. Die Wurzeln ranken sich um ihre Hände, die erdig, rauchgeschwängert…

Wut

  Wütend geworden, weil er, den ich nicht kenne, dennoch bald beurteile (beurteilen muss, da ich doch ständig Orientierungspunkte brauche), weil er ihr nämlich auf offener Strasse ins Gesicht fährt. Er tut dies vermeintlich zärtlich. Das vermeintlich Zärtliche aber (und…

BOGENLAMPE

  Einen Menschen kennt einzig nur der, welcher ohne Hoffnung ihn liebt.     *** Die Einbahnstraße ist eine entscheidende Gelenkstelle in Benjamins Gesamtwerk, in der Überlegungen des Frühwerks transformiert werden, um sie dann in späteren Arbeiten weiterzuführen. Dies veranschaulicht…

Eins vierundzwanzig

  Die wahren Wettrennen sind die gegen den inneren Schweinehund. Trotz des lausigen Wetters hatte sich Herr Nipp früh morgens zurechtgemacht, hatte die halbhohen Wanderschuhe angezogen und den leichten Rucksack gepackt. Ein Flasche Mineralwasser sollte reichen, man konnte ja problemlos…

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    Und was ist des Strebens wert, wenn es die Liebe nicht ist!       *** Heinrich von Kleist stand als „Außenseiter im literarischen Leben seiner Zeit […] jenseits der etablierten Lager“ und der Literaturepochen der Weimarer Klassik…

LICHTSPIELE

  Es kann an einem Kuss liegen. Oder an einem nicht gegebenen Kuss. Schwierig zu sagen. Das Leben ist unregelmäßig und unvorhersehbar. Wie eine gepanzerte Faust mit sentimentalen Anwandlungen. Eine Tüte Eis mit den Sorten Schokolade und Grapefruit. Der Anschein…

Zivilcourage

  Wo die Zivilcourage keine Heimstatt hat, reicht die Freiheit nicht weit.       Am 8. Oktober 1992 starb der große Staatsmann Willy Brandt in Unkel am Rhein. Der Friedensnobelpreisträger hinterlies einige geflügelte Worte, die man heute als Twitteratur…

Ein Drama von Poe entdeckt

  Vor wenigen Monaten hat sich in der Bibliothek Pierpont Morgan ein unbekanntes Manuskript von Poe gefunden. Es ist das Jugenddrama Politian, das damit im Entwürfe, über den es nie hinausgedeihen sollte, vorliegt. Von zwölf ausgeführten Szenen ist nur die…

Symbiose

  Wenn sich Arroganz und Hybris paaren, kommt gern ein Deutscher dabei heraus.     *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform der Twitteratur. Prägend für diesen Begriff…

Eine Erinnerung an Gottfried W. Stix

  Der jetzt älteste Schriftsteller, den ich kennengelernt habe, ist der Friedl Stix. Mit ihm habe ich gestern telefoniert. Der wird – „so Gott will“, hat er gesagt – im April dieses Jahres 98 Jahre alt, also fast ein Jahrhundert.…

Die Kiste X

  Auf den Küchentisch liegen ein dickes Brett mit Marzipanstollen, stehen einige Gläser, die schon gebraucht sind und eigentlich gespült werden müssten, ein Messer und ein alter, schöner Füller mit Goldfeder sind fernerhin zu finden. Er freut sich jedes Mal,…

countdown

  sonett in dem es nicht regnetsonett aus dem es nicht schneitsonett in dem niemand begegnetder swonnigen wirklichkeit sonett ohne blick in die fernesonett taublind ohne licht(verse – verfaßte euch gerneals gutegeistergedicht) sonett ohne beben und schwebenkein kanariengrüner reflexnein –…

POLIKLINIK

  Der Autor legt den Gedanken auf den Marmortisch des Cafés. Lange Betrachtung: denn er benutzt die Zeit, da noch das Glas – die Linse, unter der er den Patienten vornimmt – nicht vor ihm steht. Dann packt er sein…

RE:zitation

  …eine Sprachflut entfesseln… Poesie als Klanggebilde wird vernachlässigt… Schreiben ist eine lautlose Disziplin… nur mit einem Grollen im Rachen, findet der Poet buchstäblich Gehör… das Geschriebene will mit erhobener Stimme vorgetragen werden…       *** Mikrogramme von A.J.…

Lautlos

  Einmal trafen sich im gedämpften Raum die Stille und das Schweigen. Schön waren die beiden anzuschauen, wie sie klein und bescheiden nebeneinander kauerten, aus ihren großen Äuglein schwiegen und unmerklich doch friedlich ein- und ausatmeten. Die Stille war still…

KURZWAREN

  Zitate in meiner Arbeit sind wie Räuber am Weg, die bewaffnet hervorbrechen und dem Müßiggänger die Überzeugung abnehmen. Die Tötung des Verbrechers kann sittlich sein – niemals ihre Legitimierung. Der Ernährer aller Menschen ist Gott und der Staat ihr…

Automatisches Schreiben

  Reiner psychologischer Automatismus, durch den man mündlich oder schriftlich oder auf irgendeine andere Weise den wirklichen Ablauf des Denkens auszudrücken sucht. Denk-Diktat ohne jede Kontrolle durch die Vernunft, jenseits jeder ästhetischen oder moralischen Bedenken. André Breton     Ausgehend…

Auf dem Weg zu den Eulenkäfigen

  Ich habe manchmal darüber nachgedacht, wenn ich Frau Claudia nach Jahren in dieser oder jener Weltstadt wiedersah, womit sich ihre Augen vergleichen ließen. Es machte mich oft in ihrer Nähe unruhig, daß ich keinen Maßstab für ihre Augen fand,…

Portbou 1940

    Zum 70. Todestag von Walter Benjamin erinnert KUNO an diesen Denker und läßt die Originalität und Einzigartigkeit seiner Gedanken aufscheinen. Holger Benkel mit einer Einführung.

Lichtspielhaus

  Die Kassiererin liest einen Arztroman. Ihre Seele mag Ursprung äusserer Regungen sein, doch gleichzeitig wirkt eine Bewegung nach innen, in die Tiefe ihrer Empfindung. Sie weiss nicht, ob ihr Körper das Gefängnis ihrer Seele ist oder die Seele eine…

Die Kiste IX

  So konnte es wohl gehen. Er hatte die Texte im Netz gefunden, beim Stöbern, wie immer ohne Ziel. Ein Wort hatte das nächste nach sich gezogen. Ganz nach dem Motto, wie viele Handdrücke bist du von einer bestimmten Person…

Als ich mir die Aufgabe stellte

  Als ich mir die Aufgabe stellte, das, was die Menschen verstecken, ans Licht zu bringen, […] hielt ich die Aufgabe für schwerer, als sie wirklich ist. Sigmund Freud       Wer von der Moderne spreche, so der deutsche…

KRIEGERDENKMAL

  KARL KRAUS. Nichts trostloser als seine Adepten, nichts gottverlassener als seine Gegner. Kein Name, der geziemender durch Schweigen geehrt würde. In einer uralten Rüstung, ingrimmig grinsend, ein chinesisches Idol, in beiden Händen die gezückten Schwerter schwingend, tanzt er den…

Tragische Ironie

  Nichts lässt mich jetzt, im vierten Akt meines Lebens, mehr erstaunen als der Prozess, in dem (meine) Ideen Wirklichkeit werden: die retardierenden Momente …       Weiterführend → Das erste Fazit von Ulrich Bergmann zur Twitteratur sieht eher…

Belletristische Werke

  Belletristische Werke existieren nur in der Reklame, die für sie gemacht wird, gelesen werden sie vermutlich nur von konzilianten Rezensenten und honorierten Wohltätern. Nach Jahren, wenn alles gut geht, treten die Dechiffriersyndikate der Germanisten auf den Plan und reden…

leute

  halten auch in dürenheute und in letzten tagenmorsche türen leere fenster sehr geschlossennoch wird · nicht einmal ·mit pfeffer · geschossen jedenfalls nicht hierdraußen im revier bei schneefall treiben wirzwischen eggen forken walzenliegt ein hase mit der nase fett…

Familienbande

  Theobald Ulbricht verlässt die Haftanstalt. Sieht sich nicht um. Achtet nicht auf den Gruss. Die gusseiserne Tür schlägt hinter ihm zu. Er ist resozialisiert. Fühlt sich frei. Geht ein paar federnde Schritte. Bleibt auf dem Bürgersteig stehen. Setzt den…

Kein Unsinn – denken möglich

Oder warum es nie gelang nicht unlogisch zu denken I. „Was willst du?“, rief sie mir im Vorbeigehen zu. Ich wusste es nicht, wusste nur, dass in Folge jegliche Ich-Perspektive aus der, besser meiner Literatur gestrichen werden müsste, gestrichen werden…

SPANNEN

    *** Weiterführend → Mehr über die Hungertuchpreisträgerin Katja Butt.

„AUGIAS“ AUTOMATISCHES RESTAURANT

  Dies ist der stärkste Einwand gegen die Lebeweise des Hagestolz: er nimmt einsam sein Essen. Einsam zu speisen macht leicht hart und roh. Wer es gewohnt ist, muß spartanisch leben, um nicht zu verkommen. Einsiedler haben, sei’s nur darum,…

things change

  t (stolpern zum ich) den sand hab ich in kleinen gläsern verwahrt. bald werde ich sie zu meiner sammlung stellen. sand hat alle farben . weiß wie schnee. rot wie blut. schwarz wie ebenholz. eine schneewittchensammlung. ich komme nach…

Sofa

  Auf dem Sofa ist es wirklich bequem, ja, das kann er nicht verleugnen – Aber den gesamten Tag auf dem Sofa zu verbringen, kann er sich normalerweise nicht vorstellen – Abgesehen davon, dass es wirklich langweilig ist, verlässt ihn…

Lyrikgetwitter

  In unmittelbarer Folge lese ich innerhalb weniger Tage im September in einem weiteren Anfall berauschten Wahnsinns die frisch ins Haus gefallenen Sammelbände Versnetze_drei (die bislang abge­run­detste, frischeste, voll­mundigste unter den Versnetze-Antho­logien, über die Sie hier mehr er­fahren: Versnetze über…

Tatsachengeprägte Exkursion

  Es ist nicht weit hin mit der Affektkontrolle der Bestie Mensch unter der brüchigen Sedimentschicht der Zivilisation… seit dem Einschlag der Flugzeuge in das World Trade Center trennt die Religion die globalisierte Gesellschaft und bildet einen blindwütigen Fanatismus aus.…

Rückblick auf Chaplin

  Der »Zirkus« ist das erste Alterswerk der Filmkunst. Charlie ist älter ge­worden seit seinem letzten Film. Aber er spielt sich auch so. Und das Ergrei­fendste an diesem neuen Film ist, zu fühlen, daß Chaplin den Kreis seiner Wirkungsmöglichkeiten nun…

Frost

  Es ist kein Lager so hart, kein Frost so scharf, keine Not so bitter wie die Schande.       *** Für Theodor W. Adorno war Eichendorff „kein Dichter der Heimat, sondern des Heimwehs im Sinne des Novalis, dem…

Unter Kanonverdacht

Um mit Gespenstern umzugehen, muss man sie ködern mit Fleisch der Gegenwart. Ruth Klüger Literatur ist in erster Linie frei, bestenfalls ist sie an ästhetische Regelsysteme gebunden, nicht aber an eine ausser­li­te­rarische Realität. Zudem ist es nicht üblich, Verantwortlichkeit für…

Leben in Möglichkeitsfloskeln XXVI

  Man muss die Schwächen umgarnen um das Wort zu umarmen.   Weiterführend → Lesen Sie auch den Nachruf über Peter Meilchens Lebenswerk und den Essay 50 Jahre Krumscheid / Meilchen über die Retrospektive im Kunstverein Linz und den Essay zum Buch…

Eine neue gnostische Liebesdichtung

  Es gibt Bücher, die dem Leser Gewalt antun. Und das sind nicht die sogenannten Tendenzromane, die im ganzen doch nur an denen ihre Wirkung bewähren, die ihnen zu willen sind. Dies neue Buch von Brust aber ließ mich nicht…

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  Zaghaftes Muster Firmament mit Sternen bespickt stickte früher ein Gott diese Löcher in sein Himmelszelt? Alles bloss Märchen! Schreit eine aufkommende Nacht     *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie…

Die Angestellten

  Die Zeiten, da es üblich gewesen ist, Untersuchungen »Zur Soziologie …« – der und der Gruppe, dieser und jener Erscheinung – zu überschreiben, werden noch in vieler Erinnerung sein. Damals hätte diese Schrift »Zur Soziologie des Angestellten« geheißen. Vielmehr,…

Waldidylle

Mit den Kindern durch einen sogenannten Wildwald zu gehen, ist abgesehen vom Eintrittspreis ein immer wieder tolles Erlebnis. Man sieht auf einen Schlag all die Wesen des Waldes, die einem sonst nur im Laufe seines gesamten Wandererlebens vor Augen kommen.…

VERGRÖSSERUNGEN

  LESENDES KIND. Aus der Schülerbibliothek bekommt man ein Buch. In den unteren Klassen wird ausgeteilt. Nur hin und wieder wagt man einen Wunsch. Oft sieht man neidisch ersehnte Bücher in andere Hände gelangen. Endlich bekam man das seine. Für…

lagos  altstadt

  für António Lobo Antunes häuserwände mauern blättern ein weltreich ab löchriger mörtel öffnet fragen raum der judaskuss oder anweisungen an die krokodile noch einmal gebietet man uns verwoben im text einblick in die hölle in die leidenschaften der seele…

Angriff

    Tücher Winken Flattern Knattern. Winde klatschen. Dein Lachen weht. Greifen Fassen Balgen Zwingen Kuß Umfangen Sinken Nichts.       *** Am 1. September 1915 ist August Stramm bei Horodec östlich Kobryn, in einem sinnlosen Krieg gestorben. Seine Texte fallen auf durch…

Ein Land, in dem es selbstverständlich ist mit den Mitmenschen Sachen auszutauschen:

  Sie haben aber eine schöne Strickjacke! Darf ich Ihnen hierfür meine Tasche anbieten? Oh, welch wunderbaren Früchte ich in Ihrer Tasche sehe! Ich hätte als Gegenzug dieses Buch, das ich eben gelesen habe und kann es Ihnen wärmstens empfehlen…

Dichtung und Wahrheit

    Nirgends wird das Unglaubliche so rasch zur Wirklichkeit, und die Wirklichkeit so eilig zur üppigen Legende wie dort. Es liegt offenbar in der Natur der Berge, die trockene Wirklichkeit, die einfache Tatsache in ein phantastisches Märchen zu verwandeln,…

Die Kurzsichtige und der Komet

  Es war in einem Winter, als die Astronomen von Europa einen bisher unbekannt gewesenen kleinen Kometen entdeckt hatten, der kurz nach Sonnenuntergang am Abendhimmel mit bloßen Augen zu sehen sein sollte, später in der Nacht aber hinterm Horizont verschwand.…

Verse und Reime machen

  Um Prosa zu schreiben, muß man etwas zu sagen haben; wer aber nichts zu sagen hat, der kann doch Verse und Reime machen, wo denn ein Wort das andere giebt und zuletzt etwas herauskommt, das zwar nichts ist aber…

Der Mensch wird mit allen Mitteln der Technik zerstreut

  Der Mensch wird mit allen Mitteln der Technik zerstreut und sich selbst und seinen Vorlieben entzogen. Eine solche systematische Zerstreuung war in der Weltgeschichte noch nie da. Ernst Jünger     Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur,…

Erwachen

  Wo das Leben beginnt, entscheidet sich am Tag nach dem Suff.     *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform der Twitteratur. Prägend für diesen Begriff ist…

Extremophil

  nicht nur das Auge, sondern auch den Geschmacks– & den Tastsinn aktivieren… zu sehen, wie sich Welt anfühlt… zu hören, wie ein lautloser Surrealismus aus ihnen den Ritzen kriecht… Gefühle erweisen sich als etwas Gestaltloses, die der Verarbeitung bedürfen…

Das Buch

  Von allen Werkzeugen, die der Mensch besitzt, ist das erstaunlichste zweifellos das Buch. Die anderen sind nur verlängerte Werkzeuge seines Körpers: Mikroskope, Teleskope sind eine Verlängerung seiner Sicht; das Telefon ist die Verlängerung seiner Stimme; dann gibt es da…

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fremd diese Hände an dir der Leberfleck ein Schmutzrest einer vergangenen Zeit Stichwort Demenz Stichhaltiges Nichts *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das Schreiben durch das schreibende…

Ornament ist vergeudete arbeitskraft

  Ornament ist vergeudete arbeitskraft und dadurch vergeudete gesundheit … Heute bedeutet es auch vergeudetes material, und beides bedeutet vergeudetes kapital … Der moderne mensch, der mensch mit den modernen nerven, braucht das ornament nicht, er verabscheut es.     *** Adolf…

Warten

  Die in der Sehnsucht warten, wachsen zu Riesen.       Weiterführend → Die von Farben und Tönen bestimmte ungebundene und rhythmische Lyrik machte Dauthendey zu einem der bedeutendsten Vertreter des Impressionismus in Deutschland. Seine Werke sind bestimmt von…

Die Kiste VIII

  In diese ernsthaften und schönen Augen hatte er geblickt, hatte sich mal wieder für Momente hoffnungslos verloren, sich in einem Zustand wiedergefunden, der ihm selber unangenehm war. Äußerst unangenehm. Weil er sich so wohl fühlte. Sie waren vor ihm…

Sophisticated

Manchmal erscheinen Bücher mit einem Titel, bei denen man sich wundert, daß es sie noch nicht gibt. Mit ihren »Sexophismen« meldet sich eine kühne Stimme in der deutschsprachigen Lyrik zu Wort. Swantje Lichtensteins Verse sind ausdrucksstark; sie zeichnet mit Metaphern…

Das Dom–Jubiläum

  Seine Stimme ist überzeugend, tief und erfahren, so dass die Jahre von ihm abfallen, wie Firnis von einem alten Bild abblättert. Er hat die chamäleonhafte Begabung, sich immer wieder neu zu erfinden und sich dabei doch treu zu bleiben.…

things change

  h (aufwärts fallen) nach dem tod meines großvaters traf ich laura wieder. an bornholms südspitze nahmen wir weißen sand für unsere uhrgläser und, sagt laura, man könne auch tinte damit löschen. auf der fähre zurück war an schlaf nicht…

breton

„Die vom Gehirn befreite Hand bewegt sich, wohin die Feder sie führt; und sie führt Kraft einer erstaunlichen Behexung die Feder so, dass diese lebendig wird, aber weil die Hand jede Verbindung mit der Logik verloren hat, nimmt sie, auf…

REISEANDENKEN

  ATRANI. Die sacht ansteigende geschweifte Barocktreppe zur Kirche. Das Gitter hinter der Kirche. Die Litaneien der alten Frauen beim Ave Maria: Einschulung in die erste Sterbeklasse. Wenn man sich umwendet, grenzt dann die Kirche wie Gott selber ans Meer.…

Solidarität ist lebensnotwendig

  Meine Sorge ist nur, dass immer der Körper den Geist verrät, weil er stärker ist, es sei denn der Höchstkapitalismus ist Geist, aber das will ich nicht glauben. Oder alles Geistige ist nur eine andere Form des Körpers, das befürchte…

Romane

  Der Roman sollte eine radikale Vergegenwärtigung darstellen.       Weiterführend → Zur historischen Abfolge, eine Einführung.

Abend

  Müde webt Stumpfen dämmert Beten lastet Sonne wundet Schmeichelt Du.       *** Am 1. September 1915 ist August Stramm bei Horodec östlich Kobryn, in einem sinnlosen Krieg gestorben. Seine Texte fallen auf durch ihre schlichte, reduzierte Sprache. Oft wird kein Wert…

NR. 13

Treize – j’eus un plaisir cruel de m’arrêter sur ce nombre. Marcel Proust   Le reploiement vierge du livre, encore, prête à un sacrifice dont saigna la tranche rouge des anciens tomes; l’introduction d’une arme, ou coupe-papier, pour établir la…