Kategorie: Allgemein

Wie?

  Die Menschheit verdummt zugunsten des maschinellen Fortschrittes, und wir sollten uns diesen nicht einmal zunutze machen? Sollten mit der Dummheit Zwiesprache halten, wenn wir ihr in einem Automobil entfliehen können.     *** Karl Kraus ist der Godfather des…

Aura

  Erstens erscheint die echte Aura an allen Dingen. Nicht nur an bestimmten, wie die Leute sich einbilden. Zweitens ändert sich die Aura durchaus und von Grund auf mit jeder Bewegung, die das Ding macht, dessen Aura sie ist. Drittens…

Sinnfluenzer

  Das Vollkommene, das schlechthin Makellose, das Betörende und im wahrsten Sinne Poetische kann schlichterdings nicht verbessert werden.       *** Mikrogramme von A.J. Weigoni, KUNO 2006 – 2011 Diese Bruchstücke aus der Realität sind verwandt mit den Miszellen…

Eine Erinnerung an Adam Zielinski

  Wo soll ich anfangen mit meinem Erzählen? „Die sieben Leben des Adam Zielinski“ hieß eine einstündige Radiosendung im ORF auf Ö1, die ich im Auto hörte, als ich durch meine Mühlviertler Heimatlandschaft fuhr. Ein solcher Titel verweist schon auf…

OPTIKER

  Im Sommer fallen die dicken Leute auf, im Winter die dünnen. Im Frühling gewahrt man bei hellem Sonnenwetter das junge Laub, im kalten Regen die noch unbelaubten Äste. Wie ein gastlicher Abend verlaufen ist, das sieht an der Stellung…

Die Kiste VI

  Aus voller Brust und mit Inbrunst, wenn dieses Wort überhaupt noch Teil des aktiven deutschen Wortschatzes sein sollte, hatte er geniest. Nichts. Keine Antwort, obwohl um ihn herum einige Bekannte stehen. Früher galt es als höflich, dem anderen “Gesundheit”…

:

in diese neue Stadt in der nichts stumm ist jedes Licht sich durchdringt jedes Geräusch kein Tier mehr nur wir *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das…

Nach den Korrekturen

Elegie vor den endlichen Ferien   Wohlan, es ist vollbracht! Vorbei die schöne Zeit. Dass sie so schnell verging, erscheint mir wie Betrug: Die vielen Jahre waren ja nur ein Funkenflug. Kollegen meinen neidisch: Sei froh, du bist befreit!  …

Eigenwillige Verzweigung

  Die seit 1988 in Deutschland lebende iranische Künstlerin und Schriftstellerin wählt in ihrem Gedichtband, der auf dem Cover neun farbige Reproduktionen aus ihrem malerischen Oeuvre zeigt, eine berühmte literarische Figur, die zum Sinnbild kapitalistischer Ausbeutung geworden ist. In der…

Hannover

  Die Hannoveraner sind die Bewohner einer Stadt, einer Grosstadt. Hundekrankheiten bekommt der Hannoveraner nie. Hannovers Rathaus gehört den Hannoveranern, und das ist doch wohl eine berechtigte Forderung. Der Unterschied zwischen Hannover und Anna Blume ist der, dass man Anna…

entwirklichen

  was man nicht verwirklichen kann, läßt entwirklichen.       *** Eine Vorschau auf: Gedanken, die um Ecken biegen, Aphorismen von Holger Benkel Der in der Schwebe gelassene Sinn, die Produktion von Ambiguität – was für Roland Barthes Brecht…

Amplikationsfetischismus

  Mildes Ockergrün moduliert die Aufzeichnungsanstalt für musikalische Momente, das durch ein verglastes Fensterband von oben beleuchtet wird. Dadurch entsteht ein introvertierter Meditationsort. Der Maschinist legt den Hebel von offnach on. Das zitternde Peakmeter leuchtet im Spiegel seiner grünblauen Augen…

Verfänglich im Zimmer mit Möbeln

  Im möblierten Zimmer mit Möbeln Geschirr und Flanellwäsche bergend, sich pudern den Teint und die Nase, sonach heikel mustern das verfängliche Bild und zaudern und hadern damit.   *** Ein Ausblick auf: Blempek ist ein Trick, der sich bewährt,…

Der Zugbegleiter – über das Schaffen von Freiräumen

  Man kennt die Situation, sitzt im Zug, mit einem anderen Menschen, den man wirklich mag. Die Unterhaltung plätschert fröhlich vor sich hin, nichts Aufregendes, einfach nur nett. Natürlich hat man sich den größten Platz (Vierersitz) ausgesucht, weil man die…

ERSTE HILFE

  Ein höchst verworrenes Quartier, ein Straßennetz, das jahrelang von mir gemieden wurde, ward mir mit einem Schlage übersichtlich, als eines Tages ein geliebter Mensch dort einzog. Es war, als sei in seinem Fenster ein Scheinwerfer aufgestellt und zerlege die…

Die letzte Reise des Odysseus

  Ich habe mir das Paradies immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.       *** Der in der Schwebe gelassene Sinn, die Produktion von Ambiguität – was für Roland Barthes Brecht im Theater geleistet hat, indem er die Sinnfrage…

HOCHHERRSCHAFTLICH MÖBLIERTE ZEHNZIMMERWOHNUNG

  Vom Möbelstil der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts gibt die einzig zulängliche Darstellung und Analysis zugleich eine gewisse Art von Kriminalromanen, in deren dynamischem Zentrum der Schrecken der Wohnung steht. Die Anordnung der Möbel ist zugleich der Lageplan der…

Gestirne

„Ist die Sonne der Poesie untergegangen, dann gehen ihre Monde auf: Gestirne, deren Widerschein sich einer unsichtbaren Lichtquelle verdankt; H. C. Artmanns Poesie ist eine solche indirekte Poesie geborgten Lichts, eine Poesie nach ihrem Untergang. […] Artmanns Poesie ist keineswegs…

O.T.

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Sprüche und Widersprüche

  Dass Bäcker und Lehrer streiken, hat einen Sinn. Aber die Aufnahme der leiblichen oder geistigen Nahrung verweigern, ist grotesk. Wenn es nicht etwa deshalb geschieht, weil man sie für verfälscht hält. Die lächerlichste Sache von der Welt ist ein…

Danksagung

  Die Entstehung dieses Buches verdanke ich eigentlich dem Ernst Jandl. Wir sind nach einer Preisverleihung an die Kollegin Elisabeth Reichart, die ich auch schon seit mehr als dreißig Jahren, seit unserer Teilnahme an einer der Rauriser Literaturtage kenne, bei…

Rodneys Grand Slam

Zwischen der unterdrückten Lust, Amok zu laufen, und der Angst vor dem plötzlichen eigenen Ende, hat Adelmann seine stilistischen Mittel sicher in der Hand. Tristesse cool serviert. Daniel Dubbe Das Wort vom „Szene-Veteran“ klingt beinahe nach Großväterchens Erzählungen von „Stalingrad“…

Dime Novels

  A Bad Boys Diary erschien 1880 erstmals anonym als Taschenbuch bei Ogilvie in New York und wurde zum großen Erfolg. Es erschien mit Rechtschreibfehlern und im Slang (»I was ate years ole yesturday, an Mamma she sez to me«)…

Das Pathos tradierten lyrischen Sprechens

  André Schinkels Verse sind in klassischer Metrik gesetzt, durch Reim gebunden, Genitivmetaphern finden sich häufig, Komposita ebenso wie das schmückende Beiwort, das ganze Programm also: Er beruft sich auf das Pathos tradierten lyrischen Sprechens. Dieser Anspruch zeigt sich vom…

Sprüche und Widersprüche

    Ein Weib, dessen Sinnlichkeit nie aussetzt, und ein Mann, dem ununterbrochen Gedanken kommen: zwei Ideale der Menschlichkeit, die der Menschheit krankhaft erscheinen.   *** Karl Kraus ist eine Meister des Aphorismus, in seinen Ausführungen finden wir aber auch…

Schulanekdote

  Abends bei Geburtstagsfeiern, wenn die Stunde etwas vorgerückt ist, die Zunge etwas lockerer sitzt, dann braucht man nur gewisse Themen anzusprechen und schon kann jeder etwas beitragen. Ganz zwanglos versteht sich. Es sollten grundlegende Themen sein, die nicht zu…

Das Gute

    Das Gute ist in gewissem Sinne trostlos.     *** Franz Kafka neigte zu aphoristischen Gedankensplittern und dem eigenwilligen Aneignen kollektiver, mythischer Diskurse, um einen Prozess der Selbstreflexion in Gang zu setzen, der vom bloss Persönlichen und Privaten…

things change

  s (lachen schlange lust) meine bekannte catherine ist einmal im museum mit zwei freunden blitzschnell hinter einer angelehnten magazintüre verschwunden. tauschten sie da hastige hekatomben von küssen oder noch viel mehr?. jetzt erscheinen sie wieder, die säle liegen genauso…

DREIZEHN THESEN WIDER SNOBISTEN

Snob im Privatkontor der Kunstkritik. Links eine Kinderzeichnung, rechts ein Fetisch. Snob: „Da kann der ganze Picasso einpacken.“)   I. Der Künstler macht ein Werk. Der Primitive äußert sich in Dokumenten. II. Das Kunstwerk ist nur nebenbei ein Dokument. Kein…

Limerick auf Thomas Nöske

    Ein Revoluzzer einst litt unter Muff, macht Social und Beat mit viel Suff. Doch dann denkt er: „fick’s! Das ändert doch nix!“ – Und seither ist er Philosuph.         Weiterführend → Zu den Gründungsmythen der…

Experiment und Lebenshaltung

   Der Umgang mit Wortmaterial ist Recycling.         Weiterfühend → Aus Recherchegründen hat der vordenker die zum 30. Jahrestag des VS erschienenen Kollegengespräche zuerst ins Netz gestellt. Die Kulturnotizen (KUNO) haben diese Reihe in loser Folge ab 2011…

Überall ist Musik:

im Fahrstuhl, im Restaurant, in der Parkgarage. Man stelle sich vor, auch die anderen Sinne würden, wo man auch hingeht, unentwegt angeregt: Hände, die einen überall streicheln, Essenshäppchen, die einem hingereicht werden, Gerüchewolken, die ausgeblasen werden, wenn man vorbei geht…

Wir schreiben

  Wir schreiben, um uns selbst zu entblössen, doch je mehr wir über uns sagen, desto besser verstecken wir uns, hinter Bekenntnissen und Wörtern. Thomas Espedal       Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

aus meinem mittelgebirgischen dorf

  ich bin in meine natur geborenmittendrin im treffpunkt der windees herrschte heiterkeit im garten:trotz meiner blumen den bösen ich bin mein spätes winterglückpflück magritten zerbeiße mein lied in meinen träumen der nachtist mein – – – mein echo von…

Der Staatsbürger

  Dieser Beruf ist kein Beruf, sondern eine Berufung. Zum Sozialpädagogen ist man geboren. Das Licht der Welt erblickte Detlef, als sich Europa die letzte Asche des Krieges aus den Kleidern geschüttelt hat, der Sex noch schmutzig und die Luft…

LANDUNG

ich wolkentemperament der abgeschiedene jagt das ungezähmte verborgen in hemden häuten hirnen so spät beim tee entblättern die blüten fällt in die welt ein violinschlag schräg sag ich die größten träume kommen dissonant herab das macht bei dieser höh der…

Die Kiste V

  Alle Möglichkeiten würden ihm in Zukunft offen stehen, zumindest solange die Kiste noch Blätter enthielt. Aber nach jetzigem Stand war die Leere nicht unbedingt zu befürchten, das würde sich in kurzer Zeit nicht ändern. Immer wieder sollte ein Zettel…

:

zuckendes Herzchen es knistern so Häuser geh in meine Schatten ein Meer vor deiner Zeit *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das Schreiben durch das schreibende Analysieren…

Warum belüge ich meine Leser?

  Ein guter Lehrer gibt sich dümmer, als er ist, damit seine Schüler denken können, sie seien gescheiter als er. Das Geheimnis meiner Lehre aber besteht darin, so lange dümmer zu scheinen als ich wirklich bin, bis meine Schüler glauben…

Wer jetzt die Kunst

  Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin.

ICH DENKE AN DIE STADT meiner Kindheit.

  Ich bin in meinem Denken daran verloren und geborgen zugleich. Ich sehe, wie sie sich aus den feucht-grünen Wäldern und Äckern erhebt und sich an das doppelte Fließ, das sie prägt, verfügt, die Mulde, die Schwarzbach. Ein erloschener Kiesbagger…

CHINAWAREN

  In diesen Tagen darf sich niemand auf das versteifen, was er „kann“. In der Improvisation liegt die Stärke. Alle entscheidenden Schläge werden mit der linken Hand geführt werden. Ein Tor befindet sich am Anfang eines langen Weges, der bergab…

Nicht bleiben

  Wenn Kleider fallen, wenn Leiber beginnen sich zu verkeilen, wenn klitzekleine Keimlinge sich zu bewegen beginnen das Leben zu speien, wenn’s windet und flattert und zischt, wenn’s stöhnt und wenn’s quetscht, wenn’s klatscht und wenn’s flutscht, dann laufe, dann…

Aus dem Wort springt mir der junge Gedanke entgegen

  Ich beherrsche die Sprache nicht; aber die Sprache beherrscht mich vollkommen. Sie ist mir nicht die Dienerin meiner Gedanken. Ich lebe in einer Verbindung mit ihr, aus der ich Gedanken empfange, und sie kann mit mir machen, was sie…

Von Mir und vom Ich

  Motto: Seltsam, wie hier der Verstand An mir hämmert, an mir hirnert, Selbstsadistisch arrogant, Selbst den Stirner unterstirnert. Cogito ergo sum: Das Denken ist kein Beweis für das Ich, sondern das Ich ein Postulat des Denkens. Ein Bild und…

STÜCKGUT: SPEDITION UND VERPACKUNG

  Ich fuhr früh morgens mit dem Auto durch Marseille zur Bahn, und wie mir unterwegs bekannte Stellen, dann neue, unbekannte oder andere, die ich nur ungenau erinnern konnte, aufstießen, wurde die Stadt ein Buch in meinen Händen, in das…

Verbrennt mich! Ein Protest von Oskar Maria Graf

Nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, daß meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen! Verbrennt…

Nicht eingerahmt

  nicht dramatisiert nicht erzählt nicht. Keine Chöre keine Helden keine Sterbenden keine Verlässlichkeit keine Flüge nach Aras keine Tage in Clichy keine Schreie keine Träume keine Lacher keine Konflikte keine Wende keine Wandlung keine Besserung keine. Kein wildes Aufbäumen…

Keilrahmen und Leinwand

  Der Fehler fängt schon an, wenn einer sich anschickt Keilrahmen und Leinwand zu kaufen.     *** Wie können Joseph Beuys in einer Collage unzähliger, bisher unerschlossener Bild- und Tondokumente wiederbegegnen, Andres Veiel stellte ein Zeitdokument zusammen. Wie sehen…

Das Gute verführt zum Leben

  Alle guten Dinge sind starke Reizmittel zum Leben, selbst jedes gute Buch, das gegen das Leben geschrieben ist.   ***   Friedrich Nietzsche ist der Godfather des Cynismus. Oft leisten seine Texte viel mehr: Aufschreckende Brüche und Diskontinuitäten im Sprachlichen, unruhige…

Blue Hour

    Blue Hour … das Feuer, trotzig entfacht / mein Selbstbehauptungswille / macht diesmal die Zerstörung des Anderen unumgänglich       ***   Mit seiner micropoetry gelingt es Denis Ullrich eine übernutzte Sprache zu entkernen. Seine vielgestaltigen Texte auf…

Persönliche Panoramen

  Aus inniger Verbundenheit entstehen allumarmende Träume. Die Sehnsuche nach einer lebbaren Utopie verursacht eine fortschreitende Verwirrung.       *** Mikrogramme von A.J. Weigoni, KUNO 2006 – 2011 Diese Bruchstücke aus der Realität sind verwandt mit den Miszellen (von…

Tag der Kapitulation

  Da haben nun die drei größten Mächte der Erde fast sechs Jahre gebraucht, um die Nazis zu besiegen, und nun werfen sie der deutschen Bevölkerung, die antinazistisch war, vor, sie habe die Nazis geduldet! Deutschland ist das am längsten…

Kopf und Herz

  Solange Kopf und Herz vom Alten besetzt sind, findet das Neue keinen Platz.       *** Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

Ethisches

  In dem Maße, wie der Wille und die Fähigkeit zur Selbstkritik steigen, hebt sich auch das Niveau der Kritik am andern.     *** Galgenlieder, von Christian Morgenstern. Erschienen im Verlag Bruno Cassirer. Berlin 1905 „In jedem Menschen ist…

things change

  n (nahe dem verbergen) ich habe im traum geredet. es war peinlich, sagt laura. du hast von meinem mann erzählt. der arzt musste tief schneiden. so fest sitzt eben die vergangenheit. lauras mann ist musiker. du sollst mein violoncello…

Rollenspiele

  Da soll eine Schülergruppe eine Figur erfinden, eine Spielfigur, mit der sie in der virtuellen Realität gemeinschaftlich auftreten kann. Alles klar soweit und die jungen Leute beginnen herum zu spinnen, erfinden die wirrsten Dinge, Staubkorn, Nachkomme von Elfen und…

Die Illusion des Anfangs

Ein selbst ernannter Museologe trauert um das unvollendete Werk eines Erzählers, der eintausend Anfänge benötigte, um den einen zu finden, den er gesucht hat; ein von den wirkungslosen Zeichen enttäuschter Dichter schifft sich in den hohen Norden ein, um dort…

Die Ironie der Dinge

  Es war lange vor dem Krieg, daß ich in den »Fragmenten« des Novalis diese Bemerkung fand: Nach einem unglücklichen Krieg müssen Komödien geschrieben werden. Diese Aufzeichnung in ihrer sonderbar lakonischen Form war mir ziemlich wunderlich. Heute verstehe ich sie…

Erfahrung und Armut

  In unseren Lesebüchern stand die Fabel vom alten Mann, der auf dem Sterbebette den Söhnen weismacht, in seinem Weinberg sei ein Schatz verborgen. Sie sollten nur nachgraben. Sie gruben, aber keine Spur von Schatz. Als jedoch der Herbst kommt,…

Backstube

  Pförtner im Glück buken zarteste Scherzkekse mit einem Mandel-Innenkern. Es waren bemerkenswert köstliche Kekse und bemerkenswert nüchterne Pförtner. Querdenkerpförtner. Sie spülten mit Sülze nach.     *** Ein Ausblick auf: Blempek ist ein Trick, der sich bewährt, von Joanna…

„Mein Blut sei der Straße ein Labsal“

  Eine schockierende Inszenierung von Selbsterhöhung, Selbsterniedrigung und Selbstbeweinung nennt Nyota Thun die „Tragödie Wladimir Majakowski“ in ihrer Monographie Ich – so groß und so überflüssig über den Futuristen und Revolutionssänger Majakowski. Mit dem Poem „Ich“ hatte er sich im…

Sprüche und Widersprüche

  Als die Zugänglichkeit des Weibes noch eine Tugend war, wuchs dem männlichen Geiste die Kraft. Heute verzehrt er sich vor der Scheidemauer einer verbotenen Welt. Geist und Lust paaren sich wie ehedem. Aber das Weib hat den Geist an…

Ultramarin

  Dies Leuchten. Dieses Leuchten, das keiner begreift, das alle herabzieht – nein, umgekehrt: auf die Höhe der Träume herab. Niemand, der weiß, wie dieses kalte Leuchten einen Anschein von Wärme erzeugt. Keiner kann das erklären. Das Übermeerische. Die leuchtenden…

Wahrhaftigkeit

  Lyrik, die formalen Bindungen ausweicht, ist deswegen nicht wahrhaftiger. Wahrhaftigkeit kann sich auch in formaler Bindung behaupten und erzeugen lassen.     *** Weiterführend → Das erste Fazit von Ulrich Bergmann zur Twitteratur viel eher skeptisch aus. Er stellte…

WARNGEDICHT

  Achtung, stolpern Sie nicht über das Gedicht. Bleiben Sie nicht am Trochäus hängen. Lassen Sie sich nicht in den Jambus zwängen. Halten Sie sich nicht am Daktylus fest, sonst haben Sie morgen Anapäst.     *** Weiterführend → In…

Die Kiste IV

  Eine heiße Zitrone hatte er sich geöffnet, bei diesem kalten Regenwetter hatte er wieder einmal eine Nachtwanderung hinter sich gebracht, sogar einige Fotos schießen können. Reflexionen in den Oberflächen des Wassers in Lastwagenreifenspuren. Glücklicherweise stehen heute in jeder hintersten…

Malerei

*** Weiterführend → Eine  Würdigung von Jürgen Diehl finden Sie hier. Hören Sie auch die Hommage an Jürgen Diehl auf MetaPhon.

:

  Not Atem du bringst diesen Schrei nicht allein fertig zwei Stationen vor dem Ende       *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das Schreiben durch…

Die Willkür der Fragmente

Angelika Janz stellt eine Auswahl ihres beeindruckend umfangreichen bildkünstlerischen und poetischen Schaffens in der Galerie des Literaturzentrums Vorpommern aus. Seit den 70er Jahren ist die gebürtige Düsseldorferin künstlerisch tätig und hat dabei einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil entwickelt. Weithin bekannt…

Evolution

  Lesen. Dösen. Deleuzen.   Weiterführend → In den Aufzeichnungen von Ralph Pordzik findet sich eine Poesie, die man von den japanischen Haiku kennt, sie scheint auf besondere Weise verfügbar und dienstbar zu sein. Diese Notate entsprechen der Denkgenauigkeit der…

Die Macht des Charlatans

  Mit welchen Mitteln Personen oder Gruppen Einfluß auf Massen ausüben können, das ist ein verhältnismäßig neuer Gegenstand des Nachdenkens. Vom Altertum bis zum Beginn des vorigen Jahrhunderts war die Redekunst unter diesen Mitteln das einzige eines näheren Studiums gewürdigte.…

Zwiesprache

  Wenn Freiheit und Demokratie auch keine äquivalenten Begriffe sind, so sind sie doch komplementär: Ohne Freiheit ist die Demokratie Despotie, ohne Demokratie ist die Freiheit eine Chimäre.     Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.  

Der Höfliche

  Der Höfliche ist zuvorkommend, der Unhöfliche kommt ihm zuvor.       *** Ein Rückblick auf: Verdiente Ungerechtigkeiten, 101 Aphorismen von Tobias Grüterich. Edition Azur 2005 „Grüterichs große Fähigkeit liegt darin, viel Wahrheit in noch weniger Worten zu sagen,…

Rough’n’Roll

Anläßlich des Record Store Day präsentert KUNO eine Erzählung aus Zombies Jonges in sauberen Turnschuhen treffen auf Mädelz in spitzen Pumps. Tanzen ist im Idealfall die primäre Ausdrucksform der Euphorisierung. Disco ist eine grosse Universalmaschine. Aus einer minoritären Position heraus…

brinkmann, blick

(poème trouvé) das fenster des treppenhausesdas letzte (das obersteeines schmalen schachts im haus gegenüber)in dem ich manchmallicht brennen sehe das ein eisernes treppengeländeraus einem schwärzlichgrauendunkel heraushebt ein karges bildohne andere bedeutung alsso von dir gesehen zu werden     *…

Theologisch-politisches Fragment

  Erst der Messias selbst vollendet alles historische Geschehen, und zwar in dem Sinne, daß er dessen Beziehung auf das Messianische selbst erst erlöst, vollendet, schafft. Darum kann nichts Historisches von sich aus sich auf Messianisches beziehen wollen. Darum ist…

Frau Pillemann

  Seit der Textsammlung: Twitterature. The World’s Greatest Books Retold Through Twitter von Alexander Aciman und Emmet Rensin fragt sich KUNO, wer zu den Vorläufern dieser neuen Literaturgattung gehört. Der Limerick gehört in der parodistischen Version von Eva Kurowski in…

ZWEI WELTEN

  Gott schuf das Licht, den Wind, die Welt und dann die Menschen … Gott schuf das Wasser, das Leben, die Welt und dann die Menschen … Gott schuf Natur, Gerechtigkeit, die Welt und dann die Menschen … Was schuf…

O.T.

  Dieser Tag zeigt deine wunde Zeit.Oh, dieser Tag da mit gestutzten Blicken Verliert sein Fluchtgedächtnis Dein umgekippter, tiefgestürzter,grad noch fürs Fremderinnern,  Tag:Als Rettungsinsel  eine dünne Hautauf stehendem Gewässer. Du Tag besitzt mich wie ein Schmerz den Schrei. Als Stundentag …

TIEFBAU-ARBEITEN

  Im Traum sah ich ein ödes Gelände. Das war der Marktplatz von Weimar. Dort wurden Ausgrabungen veranstaltet. Auch ich scharrte ein bißchen im Sande. Da kam die Spitze eines Kirchturms hervor. Hoch erfreut dachte ich mir: ein mexikanisches Heiligtum…

Katharsis

  Katharsis / zerbricht die organischen Erinnerungsstrukturen / nicht / verbrennst du / Phönix / ein Häufchen Schwarz und Grau / im Neubeginn wirst du immer wieder du / Phönix / warum?     *** Mit seiner micropoetry gelingt es Denis…

Baudelaire oder die Straßen von Paris

Tout pour moi devient Allegorie. Baudelaire: Le Cygne Baudelaires Ingenium, das sich aus der Melancholie nährt, ist ein allegorisches. Zum erstenmal wird bei Baudelaire Paris zum Gegenstand der lyrischen Dichtung. Diese Dichtung ist keine Heimatkunst, vielmehr ist der Blick des…

things change

  f  (feuer zur erde) vielleicht war ich im haus meiner großeltern, denke ich, und habe doch spuren hinterlassen? mein großvater sah ernst b. ähnlich, je älter er wurde, je mehr. mit meinen neunundneunzig jahren sind die meisten schon gebrechlich,…

Twitteratur II

  Wahre Schönheit kommt von innen. Leider setzt sie sich oft nicht nach außen durch.     *** Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur. Lesen Sie auch seine glossierende Anmerkung über Twitteratur: Kurz knackig einfühlsam.

Wie man betet

    Wie man betet, so lügt man.         Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

Eskapismus – Verwandlung der Welt

  Eskapismus in die Hermetik der Kunst ist eine Flucht nach vorn – auf der Suche nach der verlorenen Sprache will der Künstler die Welt begreifen… Ein Lyriker kann nur so schreiben, wie er verfasst ist. Wenn seine Situation sich…

Haarpracht

  Es gibt immer wieder einmal Tage oder eine Folge von Tagen, da geht nach und nach alles kaputt. Vielleicht beginnt eines mit einer netten kleinen Delle, die man nach dem Besuch eines Supermarktes am eigenen Wagen entdeckt. Aber dabei…

Eremitenpresse

In diesem Jahr stellt die Eremiten-Presse die Publikationstätigkeit ein. Christoph Klimkes Gedichtband Bernsteinherz ist der 602. und letzte Titel Victor Otto Stomps begann in der Nachkriegszeit im Jahr 1949, ohne finanzielle Absicherung in Frankfurt am Main Bücher von weitgehend unbekannten…