Kategorie: Allgemein

Eine Fratze

Unsere Krankheit ist unsere Maske. Unsere Krankheit ist grenzenlose Langeweile. Unsere Krankheit ist wie ein Extrakt aus Faulheit und ewiger Unrast. Unsere Krankheit ist Armut. Unsere Krankheit ist, an einen Ort gefesselt zu sein. Unsere Krankheit ist, nie allein sein…

Warum der Markt keine Gesetze hat

  Marktgesetz. Das klingt so beruhigend. Denn was sich rational in einem Gesetz fassen lässt, verliert mit einem Mal seinen irrationalen Schrecken: Kennt man erst mal das Gesetz, wird jede ökonomische Bedrohung zu nüchternen Werten einer abstrakten Formel verharmlost. Ein…

Schreib wie du willst – aber

finde deine Art der Selbstdisziplin. Ohne sie ist noch nie ein gutes Kunstwerk geschrieben worden. Ich meine keine Disziplin der Regeln und der gesellschaftlichen Normen. Ich meine die handwerkliche und künstlerische Arbeit, die erforderlich ist, um das Talent und die…

Das Gelöbnis treuester Gefolgschaft

Die Revolution ist da, und die Geschichte spricht. Wer das nicht sieht, ist schwachsinnig. Nie wird der Individualismus in der alten Form, nie der alte ehrliche Sozialismus wiederkehren. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wurde Gottfried Benn als Nachfolger Heinrich…

Ein Dach aus Laub

  In ihrem Essay „Handschrift“ betont Else Lasker-Schüler, die für ihr faszinierendes lyrisches Künstlerbuch Theben zehn Gedichte mit der Hand geschrieben sowie zehn Lithographien geschaffen hatte, die sie für 50 Vorzugsausgaben der auf 250 Exemplare beschränkten Originalausgabe zusätzlich mit der…

Wellpappe

  Schon seit einigen Jahren ist Herrn Nipp bekannt, dass man mit Wellpappe sehr vielfältige Dinge herstellen kann. So werden seit Jahrzehnten Kisten hergestellt, in denen so ziemlich alles zu transportieren ist, von riesigen Maschinen, die in Panzerpappe gut geschützt…

:

die Ewigkeit flockt ist keine Konstante hörst du das Klackern der Illusion Zeit? Fernab der Haut you´ve touched me *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie…

Malerei

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Das Hungertuch für Haimo Hieronymus

Haimo Hieronymus aus Neheim erhält in Anerkennung seines künstlerischen Werks  das Hungertuch für Bildende Kunst 2003. Haimo Hieronymus hat das Spielen, die Reflexion über das Spielen zur Grundlage seiner Kunst gemacht. Kunst als letztmögliche Form des Spiels. Er verbindet, vergleicht,…

Vier Auslassungspunkte und ein berühmter Gedankenstrich

  Obwohl Heinrich von Kleist die dramatische Kunst als literarische Gattung am höchsten schätzte, ließ er sich aus finanziellen Gründen auf das Schreiben von Prosadichtungen ein. In aller Regel wird die Erzählung der Gattung der Novellen zugeordnet. Ausgangspunkt der „Marquise…

Eine Chronotransduction

Carla Bley löst souverän den  alten Antagonismus von Emotionalität und Form auf, indem sie das Sinnliche intellektuell überhöht und die Abstraktion mit einer großen Portion Gefühl anreichert. Harry Lachner Escalator over the Hill von Carla Bley wird als Jazzoper bezeichnet;…

Mann o Mann – BILDhafte Emanzipation, Anregungen

  Ich könnte mir denken, dass ein Mensch, der etwas Kostbares und Verletzliches zu bergen hätte, grob und rund wie ein grünes altes schwerbeschlagenes Weinfaß durchs Leben rollte; die Feinheit seiner Scham will es so. Friedrich Nietzsche Wer mag sie…

Emmy Destinn

  Ich schrieb ihr am Schluß meines Briefes: Semiramis, hinter den düsteren Gängen deines Palastes vermute ich hängende Gärten. Worauf sie ans Ende ihrer Zeilen setzte: Meine liebe Dichterin, meine Gärten sind diesen Abend wilde, verschwiegene Schluchten, kommen Sie und…

Aufsatz,  den sichern Weg des Glücks zu finden

An Rühle Wir sehen die Großen dieser Erde im Besitze der Güter dieser Welt. Sie leben in Herrlichkeit und Überfluß, die Schätze der Kunst und der Natur scheinen sich um sie und für sie zu versammeln, und darum nennt man…

Tempora mutantur et nos in illis mutamur

Zur Literatur unserer Zeit Annäherung: Camus las ich in den 60er und 70er Jahren, „Die Pest“ war Schulstoff im Französisch-Unterricht, aber da kamen wir über Charakterisierungen kaum hinaus. Im Rahmen meiner Abiturvorbereitung schrieb ich eine Facharbeit über den Existentialismus bei…

Vorspiel zum Tod

  Als Angelina wieder einmal auf eine kulturelle Selbstbestätigung angewiesen ist, geht sie allein ins Theater. Da ihr die Zeit wegläuft, muss sie sich mit einer Droschke transportieren lassen. »Ins Theater wollen Sie?«, erkundigt sich der an Travis Bickle erinnernde…

Eigenartige Opfer der Fotographie

    Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer…

Zeit geben

  Streiten erscheint einem als mehr oder weniger unbeteiligter Tischgenosse mehr als grässlich. Man kann betrübt beobachten, vor allem aber dann, wenn schon einige Gläser eines recht guten Weines konsumiert wurden, da kann nur ein leicht falscher Tonfall ausreichen. Das…

Gedächtnis der Nation

Erinnerung wird geformt abgefragt und konserviert. 1843 formulierte der liberale kurhessische Politiker Karl Christian Sigismund Bernhardi eine Eingabe, um den König von Preussen dazu zu bewegen, eine deutsche Nationalbibliothek einzurichten. Nichts vom deutschen Schrifttum sollte verloren gehen. Vorbilder boten die…

NICHTS RICHTIG

  Ich gehe durch dich und werde zum Zwerg der Rasierklingen frißt Nun monierst du meine gespaltene Zunge und die blutvollen Reden       * * * So liegen So lieben, von Jürgen-Völkert Marten. edition bauwagen 2003 So liegen…

Der politische Massenstreik und die Gewerkschaften

Parteigenossen und Parteigenossinnen! Werte Anwesende! Ich muß gestehen, daß ich nicht minder wie Sie überrascht war, als ich hier in der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Metallarbeiterverbandes mehrere uniformierte Vertreter unserer Obrigkeit auf Erden erblickt habe. Ich habe erfahren, daß außer den…

Kritische Pirouetten

„Man muß den Mut zu seinem privaten Irrsinn haben, seinen Tod zu be­sitzen und zu voll­strecken.“ 1 Dieser ›Roman‹ auf 48 Reclam-Seiten liest sich teils wie ein Supplement von Niet­zsches „Zarathustra“, gewendet ins Absurde, Ex­pres­sive, Expres­sionis­tische. Teils phi­lo­sophie­rende Kritik an…

Wie kommt Leben zustande?

  Haben diese Aufzeichnungen, wenn ich sie jetzt weiterführe, ihre Unschuld verloren? Dadurch dass ich sie den Blicken der Welt ausgesetzt habe?     *** Ein Tag im Jahr, Aufzeichnungen von Christa Wolf, 2003 1960 nahm Christa Wolf ein Tagebuch-Projekt…

Das Gründungsdokument der modernen Medientheorie

Unsere Kneipen und Großstadtstraßen, unsere Büros und möblierten Zimmer, unsere Bahnhöfe und Fabriken schienen uns hoffnungslos einzuschließen. Da kam der Film und hat diese Kerkerwelt mit dem Dynamit der Zehntelsekunden gesprengt, so daß wir nun zwischen ihren weitverstreuten Trümmern gelassen…

Gespräch über Beine

I Als ich im Coupé saß, sagte der Herr gegenüber: „Ihnen kann man die Beine nicht abtreten.“ Ich sagte: „Wieso.“ Der Herr sagte: „Sie haben keine Beine.“ Ich sagte: „Merkt man das.“ Der Herr sagte: „Natürlich.“ Ich nahm meine Beine…

:

Nacht Wissen und Nacht dunkle Nonne knöchern im Kopf das Fleisch versengt die Verbrechen überwuchern Jahrtausende schiller, schiller meine Schmeißfliege sei nochmal Schmetterling trink endlich/ da schlürf/ dein Blut weg: ehrlich *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet…

Franziska Schultz

  In Berlin gibt es eine Fraue, die die Schmerzen Marias leidet, sieben Schwerter im Herzen; und die doch gnadenreich herablächelt auf die Armen und Kranken. Jeder Mensch, der sich ihr nähert, ist ihr Jesuskind. Einen Tempel müsse man um…

Zu Wort kommen lassen

Die wirkliche Freiheit erfordert Aufmerksamkeit und Offenheit und Disziplin und Mühe und die Empathie, andere Menschen wirklich ernst zu nehmen und Opfer für sie zu bringen, wieder und wieder, auf unendlich verschiedene Weisen, völlig unsexy, Tag für Tag. Das ist…

Die Strassen komme ich entlang geweht

  Ich gebe hier ein Buch heraus . . . (doch ich weiß, etwas „Geschlossenes-Ganzes“ gebe ich nicht heraus), eine Sammlung von Gedichten. Zeitlich auseinanderliegende Dinge, die getrennt empfunden und festgehalten wurden, sind hier zusammengebunden. Einheit liegt nicht vor. Ich…

Über die Aufklärung des Weibes

Für Wilhelmine von Zenge den 16. September 1800 zu Würzburg Alle echte Aufklärung des Weibes besteht am Ende wohl nur darin, meine liebe Freundin: über die Bestimmung seines irdischen Lebens vernünftig nachdenken zu können. Über die Bestimmung unseres ewigen Daseins…

Der Vernaderer

  Fast an jedem Abend, nach Einbruch der Dunkelheit, manchmal auch mitten in der Nacht, ging er, vor allem im Hochsommer, wenn der Tag sehr heiß gewesen war, und man nachts zur Kühlung beim Schlafen die Fenster geöffnet hatte, auf…

Vom Universalstaat

  Will man den Weg verstehen, auf dem die heute unter dem Schlagwort »Pangermanismus« vereinigten Tendenzen zu der furchtbaren Macht gelangten, die alle Welt kennt und verspürt, so muß man zurückgehen bis ins tiefe Mittelalter. In dem mittelalterlichen Kampf um…

Über den Versuch

Daß ein solcher Mensch geschrieben hat, dadurch ist die Lust auf dieser Erde zu leben vermehrt worden. Friedrich Nietzsche   1572, im Jahr der Bartholomäusnacht, zog sich der damals 38-jährige Michel de Montaigne in die Abgeschiedenheit seiner Bibliothek zurück, um…

Dirty Speech

Als ich zum ersten Mal nach Köln kam, sah ich nur noch Fratzen. Fratzen in der Straßenbahn, Fratzen auf Plätzen und Straßen. Mit ihren kleinen Büdchenfressen, ihrer kleinen Büdchenmentalität, mit ihrer Kölsch- und Halve Hahn-Mentalität und dann noch Literatur oder…

Der wechsel der ornamente

  Der wechsel der ornamente hat eine frühzeitige entwertung des arbeitsproduktes zur folge. Die zeit des arbeiters, das verwertete material sind kapitalien, die verschwendet werden. Ich habe den satz aufgestellt: Die form eines gegenstandes halte so lange, das heißt, sie…

einmal woanders

  auf euren blickbahnen rasend voran. hier sitzt man zu vielen ein ereignis zuende, hier geht man, wann immer, getrennt ins vorbereitete perfekt zurück     *** Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz…

Vogelsang

    Die Grundlage für die Photoarbeiten bilden Schnappschüsse von Gebäudeteilen. Digital bearbeitet verwandeln sich die Motive in absurde Architekturen, deren Reiz in der skulpturalen Neuformulierung des real Vorgegebenen liegt. Die Titel der Arbeiten weisen auf die Straße hin, in…

Freizeichen

  Abends, ein Künstler in den mittleren Jahren sitzt im Atelier, wie seit Tagen schon. Er macht nichts, er sitzt auf seinem Stuhl und starrt die berühmten Löcher in die Luft. Hoffentlich werden heute keine Flugzeuge abstürzen. So groß sind…

Elberfeld im dreihundertjährigen Jubiläumsschmuck

„Lott es doot, Lott es doot, Liesken leegt om Sterwen, dat es, god, dat es god, gäwt et wat tu erwen!“ Ich bin verliebt in meine buntgeschmückte Jubiläumsstadt; das rosenblühende Willkomm gilt mir, denn ich‘ bin ihr Kind, die flatternden…

Terres (revised)

  Verblutung. Wer an das Göttliche glaubt, glaubt doch nur an sich selbst, sagt Terres, der Orgler, der Glasperlenspieler und Komponist des Selbstgesangs. Im Herbst war die neue Orgel fertig, gebaut nach seinen Plänen. Eine Orgel ist eigentlich nie groß…

Kriegsgrab

  Stäbe flehen kreuze Arme Schrift zagt blasses Unbekannt Blumen frechen Staube schüchtern. Flimmer Tränet Glast Vergessen.     *** Am 1. September 1915 ist August Stramm bei Horodec östlich Kobryn, in einem sinnlosen Krieg gestorben. Seine Texte fallen auf durch ihre schlichte, reduzierte…

Bang Bang (My Baby Shot Me Down)

Wir sehen einer neuen Form des Kinos zu, das sich aus unendlich vielen Versatzstücken zusammensetzt, oder sehen wir dem Auseinanderfallen des Kino-Epos in seine Bestandteile zu?   Dies ist ein Film, der ausschließlich aus anderen Filmen besteht. Die Stärke des…

Zwei Reiter am Meer

  Einige Gäste erhoben sich und verabschiedeten sich von der in Trauer gekleideten Hausfrau und vom Hausherrn, der die Abschiednehmenden durch die Diele zum Vorzimmer begleitete. Ein Herr und ich waren allein die Letzten in dem großen Bibliothekzimmer, wo wir…

Lyrische Gedichte

  Indem wir die Verzeichnisse sämtlicher Gedichte, wie solche den Bänden regelmäßig vorgedruckt sind, am Eingänge betrachten, so finden wir die Oden und Elegieen des ersten Bandes, imgleichen die Oden und Lieder der drei folgenden, nicht weniger die übrigen kleineren…

Lied vom Börgermoor

  Wohin auch das Auge blickt. Moor und Heide nur ringsum. Vogelsang uns nicht erquickt, Eichen stehn kahl und krumm. Wir sind die Moorsoldaten und ziehen mit dem Spaten ins Moor!   Hier in dieser öden Heide ist das Lager…

Polka und Punk

  Es gibt Alben, bei denen man sich nach mehrmaligem Anhören fragt, warum darauf noch niemand gekommen ist. Die Violent Femmes kamen zu Beginn der 1980-er Jahre auf die Idee Folk und Schrammel-Punk zu verbinden. Das Rezept ist denkbar einfach,…

Warum ich ein Schicksal bin

1 Ich kenne mein Los. Es wird sich einmal an meinen Namen die Erinnerung an etwas Ungeheures anknüpfen – an eine Krisis, wie es keine auf Erden gab, an die tiefste Gewissens-Kollision, an eine Entscheidung, heraufbeschworen gegen alles, was bis…

Zwei

  Sie sitzen sich gegenüber. In gegenseitiger Bestätigung. Während der Andere ganz selbstverständlich große Pläne für die Zukunft schmiedet, bleibt Herr Nipp ganz ruhig und bescheiden. Eine ausgleichende Wirkung. Er hat eine ungefähre Ahnung von dem, was wohl wahrscheinlich kommen…

KERAMIKA

  Dem menschen, der die heutige kultur besitzt, gefallen gebrauchsgegenstände aus glas, porzellan, majolika und steingut am besten, wenn sie undekoriert sind. Aus dem trinkglas will ich trinken. Ob wasser oder wein, bier oder schnaps, das glas sei so beschaffen,…

Durch Sprache kenntlich werden

Kretins… it was perfectly horrible… they should certainly be killed. Virginia Woolf A. J. Weigoni, Schriftsteller und Literaturpädagoge, stellt in seinem Originalton-Hörspiel »Zur Sprache bringen…« Bewohner des Benninghofs der evangelisches Stiftung Hephata vor, die im landläufigen Vokabular Behinderte heißen. Das…

Wie ein anderer…

  er kann weder sprechen noch schweigen er kommt und läßt seine gefühle mitten unter uns einfach stehen   schließlich und endlich das bleibt von der frage die ohne ihn weder kraft noch saft hätte und sieh mal gar nicht…

Die Literatur der Volksgruppen in Österreich

  Verwendet man irgendwo die Bezeichnung ,,Österreichische Literatur“, so wird mit diesem Begriff stets eine Reihe von Namen prominenter, deutschsprachiger österreichischer Autoren als Kenn- und Markenzeichen assoziiert, niemand aber kommt auf den Gedanken, unter dieser Bezeichnung die Mehrsprachigkeit als ldentitätsmerkmal…

Gestauchte Erinnerungen

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Epochen der Dichtkunst

  Wo irgend lebendiger Geist in einem gebildeten Buchstaben gebunden erscheint, da ist Kunst, da ist Absonderung, Stoff zu überwinden, Werkzeuge zu gebrauchen, ein Entwurf und Gesetze der Behandlung. Darum sehn wir die Meister der Poesie sich mächtig bestreben, sie…

LONESOME RIDERS

  vertikale tanzorchester halterahmen butterblumen obsolete chillibohnen   abgefeimte fahrradhändler torschlusspanik maulbeerkranich aufgerückte halbsatzgangster   angedockte tränenspender nahrungstäter sockenfenster eingelegte vorwortbeete   resolute phasenschmelze scherenmonde lesedosen monophobe tonpatronen   angesetzte markenränder hosensteine rosenbeine vollgetankte fahnenkisten   halblegale raumschifflichter hexenlöcher besenreiter…

Die Mauer wird zu einem Photo in einem Geschichtsbuch

Hier ist er also, der große Zeitroman für Marcel-Reich-Ranicki. Wend Kässens, NDR 3, Literatur vor Mitternacht Der Langsamschreiber lässt sich Zeit mit einem ersten Roman. Weiterführend → Zur historischen Abfolge der Stacheldrahteinkerbung in die Landschaft (incl. „Todesstreifen“), eine historische Einführung.…

wischiwaschi & mischmasch

  misch dich nicht ein das geht dich nichts an vermisch nicht andauernd alles und schon gar nicht das wasnicht zusammengehört und wer bestimmt was nicht zusammengehört wer grenzt das voneinander abwieso soll ich mich nicht einmischen wenn ich sehe…

Kete Parsenow

  Die Venus von Siam ist die Kete Parsenow. Feingebogene Dolche sind ihre Augen, wie die der Göttinnen in goldenen Tempeln. Peter Altenberg gab vor einigen Jahren eine Zeitschrift heraus, auf jeder Seite stand »sie« in blonden Farben. Die Kete…

Das Hungertuch für Tom Liwa

Tom Liwa aus Duisburg erhält in Anerkennung seines Lebenswerks das Hungertuch für Musik 2003 Tom Liwa spielte sich mit seinen famousen Flowerpornoes in die Kritikerherzen, als die Begründer der so genannten Hamburger Schule noch im Kindergarten tobten. Nach der Trennung…

Die schwarze Ledertasche

  Ich war jetzt knapp 30 Jahre alt und hatte bereits mehr Jobs als alle anderen um mich herum. Ich maß mir an, es mit jedem einzelnen im Saufen aufzunehmenund ich war mir sicher, dass es keiner der Anwesenden an…

heizöl

cool is kult das leben ein krimi der frühjahrswald atmet nebel aus und pulverdampf erotische filme fernsehquizmaster machn quote schade eigentlich mein kaktus vertrocknet habe afterscheef gewechselt eveline macht selbstverteidigung und gerda die hat sich ne harley gekauft bei aldi…

Zeremonienmeister des Augenblicks

Willy Puchner mit Kommilitonin Elke Mischling, Mitte der 70er Jahre in Selbstinszenierung für eine fotografische Übung an der „Graphischen“ in Wien Heute im aktuellen „Selbstportrait“ zeigt sich der Österreichische Künstler, Fotograf, Zeichner und Autor Willy Puchner ganz anders – mit…

Radio hören

  Er sitzt im Auto, fährt auf der Autobahn von a nach b, von Essen nach Siegen vielleicht. Er hat keinen festen Termin, muss nur ankommen, muss die Ware abliefern. Ware im Wert von 280.000 Euro, richtig gute Ware. Ein…

Nietzsche und das Archiv seiner Schwester

  Der Baron Friedrich von Schennis, den Else Lasker-Schüler in den »Gesichten« so unvergeßlich beschrieben hat, gab hin und wieder eine Geschichte zum besten, die gewiß nicht als verbürgt gelten darf, aber selbst wenn sie erfunden sein sollte, das Grauen…

:

  Wer sich zurückzieht wird an den Menschen schuldig oder Stacheln des Alltags der Alltag ist ein Kaktus nur kein Übermaß die Stacheln schützen aber sie vertreiben was gut ist wenn sie zupieksen irgendwas läuft hier schief und wie ein…

KRASH Verlag, der Name war Programm

1989 war ich Underground. Und das war gut so. Denn wir wollten ums Verrecken nicht so sein wie die anderen – die Bölls, Grass‘, Walsers. Wenn man Trash und Indierock hört, kann man Wasserglaslesungen mit Blumenbouquet weniger goutieren. Literatur und…

Das Hungertuch für Manuel Quero

Manuel Quero aus Barcelona erhält in Anerkennung seines künstlerischen Werks das Hungertuch für Choreographie 2003 Queros Werke nutzen die Sprache der Folkwangschule und erweitern diese fortwährend in einen typischen Manuel–Gestus. Seine Mischungen verschiedener Musikrichtungen, von quietschendbunter Popmusik hin zu düsterer…

ABGESCHABT

reißen tapeten in speichern und küchen komm ich aus zerfallenem papiergeröll im kopf such ich brot und fleisch stieben tropfen wie funken unterm dampf der kessel seh ich schwarz flieh ich in zerstrahltem staub schützt mich mein skelett auf der…

Poetische Osmose zwischen dem lyrischen Ich und der Welt

A text that alludes to Eliot’s Waste Land, was set to music by Tom Täger,using minimalist techniques and sound effects like the rustle of paper. Judith Ryan · The Long German Poem in the Long Twentieth Century Folgt man den…

Höhenlinien

  Bernard Herrmanns Oper WUTHERING HEIGHTS hat mich zu Emily Brontë zurückgeführt, deren berühmter Roman gleichen Namens als Vorlage für das Libretto diente. Ich sah vor Jahrzehnten einen sehr guten Film über die Schwestern. Ich lerne die „Sturmhöhen“ jetzt erst…

Der Canterbury Sound

The Soft Machine war der Titel eines Romans von William S. Burroughs, nach dem sich die Gruppe benannte. David Allen hatte Burroughs in Paris kennengelernt und von ihm die Erlaubnis zur Verwendung des Gruppennamens erhalten. Der `Canterbury Sound´ entstand Anfang…

Des Künstlers Seele

An Vernissagen von Galerien würde man ihm mit grosser Wahrscheinlichkeit begegnen, denn gewissermassen ist es seine Pflicht, an solcherlei Anlässen zu erscheinen. Diese Feierlichkeiten – eher von politischer und banaler denn ästhetisch-philosophischer Natur. Er ist also zugegen, hat seine Atelierumgebung…

:

Wie sich die Fäden aus Regen an die Scheiben legen: „Lass uns herein!“ Sie kann ihren Blick jetzt nicht mehr gehen lassen Augen durch streift ziellos in sich selbst umher sie dirigiert diesen Wahnsinn auch noch: die Liebe, die Affairen…

Ruth

  Sie müßte eine Patronesse haben – etwa die Kaiserin von Island oder eine reiche Eskimotochter; vielleicht wird es eine Inger auf Östrot sein. Ruth ist eine Tragödin. Schon seit zwei Jahren spielt sie mit Vorliebe Partien aus Ibsens Werken.…

Begegnungsorte

  Unter „Begegnungsorte“ verstehe ich nicht nur Orte im topographischen Sinn, sondern ich meine damit auch Orte und Gelegenheiten, die im Rahmen einer Gemeinschaft Begegnungen, Kontakte, Sich-Kennenlernen ermöglicht und oft Beziehungen oder sogar Freundschaften begründet haben. Solche Begegnungsorte können natürlich…

Grillparzers politisches Vermächtnis

Feldmarschall Radetzky und sein Sänger Gelten in der Not, allein nicht länger! Grillparzer In bedrängten Epochen wird der denkende Österreicher immer auf Grillparzer zurückkommen und dies aus zweifachem Grunde: einmal, weil es in Zeiten, wo alles wankt, ein Refugium ist,…

zwischen den schritten

  beschwerlich ist der weg, ist das gehen, gehen, angst vor dem nächsten schritt jämmerliche banalität, was, wenns nicht weitergeht: ein bein bleibt stehen, eins geneigt zum Wechsel,  sekundenkurz, ehe das gleichgewicht unhaltbar wird – in der luft sind keine…

Verklärte Nacht

  Zwei Menschen gehn durch kahlen, kalten Hain; der Mond läuft mit, sie schaun hinein. Der Mond läuft über hohe Eichen, kein Wölkchen trübt das Himmelslicht, in das die schwarzen Zacken reichen. Die Stimme eines Weibes spricht:   Ich trag…

Sparsamkeit

  Als ich die folgenden Seiten, oder vielmehr den größten Teil derselben schrieb, lebte ich allein im Walde, eine Meile weit von jedem Nachbarn entfernt in einem Hause, das ich selbst am Ufer des Waldenteiches in Concord, Massachusetts, erbaut hatte…

Universalpoesie

  Die progressive Universalpoesie bezeichnet eine bestimmte, romantisch genannte Art von Literatur, welche nicht nur sämtliche literarischen Gattungen – also alle Formen von Lyrik, Drama und nicht zuletzt Prosa – zusammenführt, sondern auch die Literatur mit Philosophie, Kritik und Rhetorik,…

Schwabing

  Vorbemerkung der Redaktion: Obwohl die nonkonformistische Literatur ehrlich und transparent zugleich sein wollte, war gegen Ende der 1960er nur schwer zu fassen. Der Zeitzeuge Erich Mühsam über Schwabing:   Schwabing, habe ich früher schon einmal behauptet, ist, wie Montmartre,…

Das menschliche Ohr

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Ein Hungerkünstler

  In den letzten Jahrzehnten ist das Interesse an Hungerkünstlern sehr zurückgegangen. Während es sich früher gut lohnte, große derartige Vorführungen in eigener Regie zu veranstalten, ist dies heute völlig unmöglich. Es waren andere Zeiten. Damals beschäftigte sich die ganze…

Vor der Halle

  Offensichtlich sieht er sich als Alleinunterhalter, vielleicht wurde er auch dazu animiert oder gar engagiert, wer weiß das schon. Er wartet mit all den anderen hochmotivierten Eltern und Großeltern vor der Halle auf das große Probetraining – Kreisauswahl. Da…

Gleichnis von den Gleichnissen

  Viele beklagen sich, daß die Worte der Weisen immer wieder nur Gleichnisse seien, aber unverwendbar im täglichen Leben, und nur dieses allein haben wir. Wenn der Weise sagt: »Gehe hinüber«, so meint er nicht, daß man auf die andere…

Ganz Ohr

    Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer…

Horchposten

Das Ohr ist ein Organ der Angst, hätte der Mensch nur Augen, Hände, Geschmacks– und Geruchssinn, dann hätte er keine Religion, denn jene Sinnesorgane sind Organe der Kritik und des Skeptizismus. Ludwig Feuerbach Mit literaturpädagogischen Kursen versucht A.J. Weigoni die…

Weit verbreitet

  Romantische Menschen süchtig nach mehr, nach gestern und morgen nach Wolke und Meer. Manch einer will reich sein; Gewinner! Glückspilz! Am liebsten unsuchend finden. Schade. Der Glückliche sucht nicht. Der Enttäuschte mag nicht.       *** Beeren sind…

Ich, Jesus, Scharlatan

In vielerlei Hinsicht ähneln Christen Filmbesuchern aus den Anfangstagen des Kinos, die das Geschehen auf der Leinwand gleichsetzen mit Realität – ein Zustand der Gnade und der Dummheit zugleich. Doch ein Film bleibt immer nur ein Film. Nicht einmal der…